Verwüstung
stieg begeistert hinter ihr her. Annie packte den Griff einer großen, grünen Plastikwanne, die in der Nähe stand, und zog sie hinüber zur Werkbank, um den Spalt zu verbergen. Sie drückte sich so tief wie möglich in die Lücke, damit Ricki sich neben ihr auf dem Boden ausstrecken konnte.
»Du musst leise sein«, flüsterte sie und legte ihre Finger leicht auf Rickis Schnauze. »Kein Knurren, kein Kratzen.«
Statt sich zu verstecken, sollte sie sich vielleicht eine Schaufel nehmen und damit ins Haus laufen.
Klar. Ein Kind gegen drei bewaffnete Gangster. Sie würde ihnen allen den Tod bringen.
Sie zog ihr Handy aus der hinteren Hosentasche und wählte Sheps Handynummer. Es klingelte und klingelte, dann ging sein Anrufbeantworter an. »Shep, ich bin’s«, flüsterte sie. »Ich weiß nicht, wo du bist, aber wir brauchen Hilfe. Es sind Eindringlinge im Haus. Ich bin in der Garage und …« Und was? Was zum Teufel erwartete sie von Sheppard? Die Polizeiwache in Tango hatte auf der Suche nach ihm hier angerufen.
Ihm war etwas zugestoßen. Sonst wäre er hier.
Annie beendete den Anruf, die Angst brachte sie ganz durcheinander, drückte ihre Möglichkeiten, Entscheidungen zu treffen, auf null herunter. Beruhige dich, beruhige dich … Natürlich, die Polizei in Tango, meine Güte. Ihre Finger zitterten, als sie 911 wählte. Besetzt.
Sie legte auf, drückte Wiederwahl, wieder besetzt.
So war es, als das World Trade Center getroffen wurde, dachte sie, und plötzlich wusste sie, dass dies ihr Nine-Eleven war, ihr Irak, ihr Krieg gegen die Terroristen.
Versteck dich.
Sie legte ihren Arm über Rickis Rücken und ihr Gesicht auf ihre Oberschenkel.
15
Allumfassendes Entsetzen erfüllte Mira, lähmte sie. Selbst ihr Hirn schien erstarrt. Sie hörte das panische, wilde Klopfen ihres Herzens und war sich einer inneren Stimme bewusst, die schrie: Das sind sie, die Gangster, das sind sie. Aber der Anblick des Mannes und der Frau in ihrem Haus, beide bewaffnet, machte es ihr unmöglich, einen vernünftigen Gedanken zu fassen.
»Hey«, blaffte der Mann. »Ich habe dir eine Frage gestellt.«
Frage. Sie zwinkerte. Ihr Mund bewegte sich, aber nichts war zu hören. Sie erkannte die beiden als Billy Joe Franklin und Crystal DeVries, beide klatschnass, die Klamotten dreckig. Wo war Tia Lopez? Ich habe nicht nur die Tür zu diesem Albtraum geöffnet, ich habe sie gleich aus den Angeln gerissen.
»Hey, Lady.« Er wippte auf seinen Fußballen und beugte sich zu ihr vor. »Beantworte meine Frage. Seid ihr zwei die beiden einzigen hier?«
Sein Atem roch nach fauliger Gurke. Sie wandte den Kopf ab. »Ja.«
Er packte ihr Kinn. »Sieh mich an, wenn ich mit dir rede.«
Rühr mich nicht an, rühr mich nicht an … Bilder huschten durch sie hindurch, Franklin in einem schwarzen Zimmer, auf einem wackeligen Bett mit schwarzen Laken, wie er wild und brutal die Blondine vögelte. »Ja, ich habe ja gesagt. Wir sind die beiden Einzigen hier.«
»Schon besser.« Grinsend ließ er ihr Kinn los und beugte sich zurück. »Baby, hol die Amazone rein.«
Die Blondine wirkte angespannt und aufgeregt, sie tänzelte herum, als hätte sie Speed genommen. Obwohl ihre Gesichtsform, die Farbe ihrer Augen, das wilde blonde Haar und ihr Schmollmund hübsch hätten wirken können, fehlte ihrem Gesicht Menschlichkeit. Das Ergebnis war ein Schlampengesicht, das schlaff und alt herabhängen würde, bevor sie vierzig wurde.
Sie hatte eine Pistole, eine Sig wie Sheppards, und zielte damit auf Nadine. »Ich mag es nicht, wie du mich anschaust, Oma.« Sie tänzelte auf Nadines Rollstuhl zu und drückte Nadine den Lauf der Sig an die Schläfe. »Ich glaube, ich leg sie um, Billy. Okay? Ist das okay?«
»Lass das, Baby. Lass sie einfach. Du …«
»Ach, komm schon, Billy. Wir haben noch nie jemandem zu zweit umgelegt. Na ja, das stimmt nicht ganz?« Sie kicherte wie ein dummer Teenager. »Wir haben die Bullen abgeknallt, die hinter uns her waren. Aber das ist nicht dasselbe, weil du gefahren bist und nicht geschossen hast. Jetzt komm schon, lass uns ein bisschen Spaß haben, wo wir schon hier sind. Ich will sie wirklich abknallen, ich hasse alte Leute.«
Schweiß glitzerte auf Nadines Stirn, ihre Auge weiteten sich, und ihr Blick huschte zu Mira, die Botschaft war klar: keine Heldentaten.
»Lass sie in Ruhe!«, rief Mira.
Die Blondine wirbelte herum, ihre Augen sahen aus wie dampfendes Trockeneis. »Wer zum Teufel bist du denn, dass du mir erzählst, was
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