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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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komische Schläuche, sie sind schwarz, sie glänzen, sie sind eklig und bedrohlich. Ich werde auf einen Tisch gehoben, er ist so kalt. Sie halten mich fest.“
    Lisa liefen die Tränen herunter, sie schien es nicht wahrzunehmen. Sie flüstert: „Ich habe solche Angst. Alles ist so unwirklich, und ich kann mich nicht wehren. Dann kommt wieder die Maske. Ich habe Angst vor ihr, aber ich weiß, dass ich keine Chance habe. Eine Stimme sagt mir, dass ich jetzt ganz tief einatmen muss, umso schneller ist es vorbei. Trotzdem habe ich Angst. Ich atme ganz tief durch und dann wache ich auf. Ich liege in einem weißen Raum, und mir ist schlecht, unglaublich schlecht, und ich habe Schmerzen im Bauch.“
    Lisa hatte die Augen immer noch geschlossen. Sie schien zu suchen: „ Die Bilder wechseln häufig . Eine Ärztin schenkt mir ein Steckspiel, es sind kleine bunte flache Blumensteine mit Rillen, in die man wieder andere Blumen stecken kann. Sie sind blau, weiß, rot, grün, gelb, und es gibt nur ganz wenig rosafarbene. Diese gefallen mir am besten. Ich mag die Ärztin, sie ist sehr nett, aber nachdem ich entlassen werde, sehe ich sie niemals mehr wieder. Ich sehe wieder einen Raum, in dem drei oder vier Omis liegen, sie rülpsen, furzen und schnarchen, aber sie sind sehr lieb zu mir und kümmern sich um mich . Aber niemand besucht mich. Meine Mammi ist nie da. Mich hat niemand lieb!“
    Lisa riss die Augen auf. „So wie heute! Niemand besucht mich, nicht einmal Lydia.“
    „Frau Kaufmann hätte dich schon gerne besucht.“
    „Aber warum tut sie es dann nicht?“
    „Ich habe sie gebeten, nicht zu kommen.“
    „Warum?“
    „Weil ich ihr gesagt habe, dass es besser für dich wäre.“
    „Warum?“
    „Du hast versucht, dir das Leben zu nehmen, Lisa, und das schien im Zusammenhang mit ihr zu stehen. War es nicht so?“
    Lisa gab keine Antwort. Frau Dr. Dunkelmann ließ ihr Zeit.
    „Hat Harald sich gemeldet?“
    „Ja.“
    Leben kam in Lisas Gesicht. „Er hat sich gemeldet? Er hat sich wirklich gemeldet? Darf er mich besuchen?“
    „Wenn du das gerne möchtest.“
    „Ja!“ Freude huschte über Lisas Gesicht, die aber sofort wieder verschwand. „Vielleicht möchte er ja nicht.“
    „Warum denkst du das?“
    Lisa senkte den Kopf. „Ich war furchtbar gemein zu ihm.“ Ihre Augen wurden feucht, und sie schluckte. „Lass sie fließen, Lisa. Ich glaube, du hast deine Schmerzen lange genug unterdrückt.“
    Unter Schluchzern stieß Lisa hervor. „Er war mein einziger richtiger Freund, und ich habe ihn verpfiffen.“
    „Möchtest du mir mehr darüber erzählen?“
    Lisa weinte still vor sich hin.
    Die Psychiaterin sah auf die Uhr. „Für heute müssen wir Schluss machen, aber wenn du möchtest, frage ich Herrn Wiebke, ob er dich nicht besuchen möchte.“
    Lisa nickte und erhob sich. Die Ärztin brachte sie noch bis zu ihrem Zimmer. An der Tür sagte sie zu Lisa. „Zukünftig wirst du nach den Sitzungen deinen Weg alleine gehen müssen.“
    Bei der täglichen Teambesprechung am frühen Nachmittag wurde von ihren Kollegen abermals die Frage aufgeworfen, ob man Lisa Medikamente geben sollte. Die Ärztin blieb hart. „Nein, das ist nicht nötig. Sie ist stark, sie ist sich dessen nur noch nicht bewusst. Ich bin froh, dass wir sie von den Aufputschmitteln und Schlafmitteln wegbekommen haben.“
    Nach der Besprechung führte sie zwei Telefonate. Das erste mit einer Angestellten der Buchhandlung von Frau Kaufmann. Diese sei auf der Buchmesse und käme erst nächste Woche wieder, hieß es.
    Dann wählte sie die Nummer von Harald.
    „Wiebke.“
    „Hallo Harald. Hier ist Angelika.“
    Schweigen.
    „Lisa würde sich über deinen Besuch freuen.“
    „Sie spricht also inzwischen?“
    „Ja. Ihr geht es etwas besser, und sie hat ausdrücklich nach dir gefragt.“
    Schweigen.
    „Harald?“
    „Wann sind die Besuchszeiten?“
    „Ich habe meine Gespräche mit ihr von elf bis zwölf. Also entweder davor oder danach.“
    „Ich werde es mir überlegen.“ Er legte auf.
    *
    Wieder stand Harald vor der verschlossenen Tür der Psychiatrie. Das ihm nun schon bekannte Ritual spulte sich ab. Klingeln, Anliegen vorbringen, und nun erwartete er, in den Wartebereich geführt zu werden. Doch er wurde sofort ins Büro von Angelika geleitet. Als er vor ihr stand, nickte er nur kurz zur Begrüßung. „Wo ist Lisa?“
    „Sie kommt gleich.“
    „Dann warte ich wohl besser draußen.“ Er wandte sich zur Tür, als es klopfte und Lisa das

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