Verzaubert!
blieb die Luft weg. Nachdem die Türen der Taverne sich hinter ihm geschlossen hatten, fiel sein Blick auf Cinderella. Sie lachte und tanzte, als ob es nichts anderes auf der Welt gäbe. Dabei wirkte sie glücklicher, als er sie seit Jahren gesehen hatte. Sein Zorn verflog für einen Moment, und er erinnerte sich an die Zeit, als er sie auf dem Tanzparkett getroffen hatte und sie so glücklich gewesen war wie eben jetzt. Es war dieser bestimmte Blick von ihr gewesen, der sein Herz erobert hatte. Blind für alles andere hatte er nur nach ihr gesucht, bis er sie schließlich zu seiner Frau machen konnte.
Aber schon bald nach ihrer Hochzeit war dieses Strahlen aus ihrem Gesicht verschwunden und wurde von Stirnrunzeln und einem Schmollmund ersetzt. Zumindest bis zu diesem Augenblick.
Aber sosehr sich der Prinz auch gewünscht hatte, diesen Gesichtsausdruck in Cinderella wiederzufinden … hier war sicherlich nicht der Ort, den er sich dafür gewünscht hätte. Wieso war sie hier? War sie in Begleitung? Wie konnte sie hierherkommen, ohne Rücksicht auf seine Gefühle? Sie hatte ihm noch nicht einmal eine kleine Notiz hinterlassen, wo sie zu finden war. Das hätte ihm zumindest diese stundenlange Sucherei erspart. Er war schockiert und zugleich erstaunt über ihr ungewöhnliches Benehmen. Aber seine Verwirrung verwandelte sich schnell in Ärger, als er sich einen Weg durch die Gäste bahnte und zu seiner Frau ging.
Endlich bemerkte Cinderella den Prinzen. Für einen Augenblick erstarrte ihr Gesicht, doch dann warf sie sich ihm in die Arme. Atemlos lächelte sie ihn an, küsste ihn und flüsterte glücklich: “Da bist du ja, mein Liebster!”
Der Prinz war völlig entwaffnet von dieser Begrüßung.
“Ich habe mir so sehnlich gewünscht, dass du hier bist – und schon stehst du vor mir!”, fügte sie hinzu. Dabei legte sie einen Arm um seinen Hals und nahm seine warme Hand, um mit ihm zu tanzen. Ohne dass der Prinz wusste, wie ihm geschah, befand er sich mit ihr mitten auf der Tanzfläche. Sie betrachtete sein Gesicht mit einem undurchsichtigen Lächeln auf den Lippen. Sie schien nach etwas zu suchen. Es kostete ihn große Mühe, sich ihrem Bann zu entziehen. Aber schließlich schaffte er es zu fragen: “Wieso hast du mir nicht gesagt, wohin du gehst?”
“Bis vor wenigen Minuten hatte ich dich völlig vergessen”, war ihre direkte Antwort. Sie wirkte so unschuldig, dass man sie ihr nicht übel nehmen konnte. Der Prinz war über alle Maßen erstaunt, aber auch schockiert und verärgert.
“Ich werde dich jetzt nach Hause bringen”, verkündete der Prinz. Er führte Cinderella aus der Taverne und hob sie auf sein Pferd. Widerstandslos folgte sie ihm, ohne ein Wort zu sagen.
Als sie sich dem Schloss näherten, schmiegte sie sich enger an ihn, und ihre Arme legten sich zärtlich um seinen Brustkorb. Wie aufregend es war, mit ihrem Mann durch die Nacht zu reiten! Mit gespreizten Beinen saß sie auf dem Pferd und rieb sich an ihrem Mann. Das erregte sie ungemein. Sie kostete jede Minute aus. Nicht ein Augenblick sollte verstreichen, ohne dabei Freude und Lust zu empfinden.
Der Prinz versuchte möglichst unbeteiligt zu wirken. Da sich Cinderella aber so verführerisch an ihm rieb, war das gar nicht so einfach. Er hatte das Gefühl, dass sie sich über ihn lustig machte. Trotzdem hielt er plötzlich sein Pferd an und half ihr, abzusteigen. Jetzt fühlte er sich wieder sicherer und machte sich an den Kleidern seiner Frau zu schaffen. Er wusste, was er wollte, und sie würde wahrscheinlich freudig auf seine Annäherungsversuche eingehen.
Aber das Gegenteil war der Fall. Cinderella riss sich von ihm los und rannte halb nackt in die Dunkelheit. Der Prinz konnte sie zwar nicht genau sehen, aber er hörte sie herumflattern und kindisch kichern. Cinderella lief durch die Felder. Den Grund konnte sie nicht genau benennen, aber sie hatte es satt, unterdrückt zu werden, und wollte sich wieder erobert fühlen.
Nachdem der Prinz einen Moment ziemlich schockiert war, folgte er Cinderella und rief laut nach ihr. Das amüsierte sie umso mehr, und sie lachte laut, als sie im Dunklen hierhin und dorthin lief. Die Luft kühlte sie ab, und sie spürte ein Kribbeln unter der Haut.
Der Prinz war am Ende seiner Geduld und rief noch einmal laut nach ihr – so wie man ein ungezogenes Kind zur Vernunft ruft. Das interessierte Cinderella allerdings nicht im Geringsten, und wie ein Schmetterling flatterte sie weiter umher. Mal dahin,
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