Verzaubert von diesem Tanz
des darunter liegenden Olivenhains auf Augenhöhe waren. Dahinter konnte man die Dächer von Santa Barbara erspähen und am Horizont die Inseln im Pazifischen Ozean.
„Nicht schlecht“, murmelte Nick. „Dass du hier überhaupt zum Arbeiten kommst!“
„Man gewöhnt sich an den Ausblick. Es kommt einem zwar fast vor wie ein Sakrileg, so etwas auch nur zu denken … trotzdem ist es so. Meistens sehe ich nur die Arbeit und sonst nichts.“
„Kann ich verstehen. Ich arbeite ja manchmal in Bauwerken, die in Geschichtsbüchern und Reiseführern aufgeführt sind – und was sehe ich? Holzschwamm und verrottete Balken.“
„Und? Waren die Balken der Kirche verrottet?“ Bei der Besichtigungstour durch Mont Chamion hatte er ihr erzählt, dass er in Norwegen eine Holzkirche aus dem Mittelalter renovieren sollte.
„Ein paar schon“, bestätigte er und begann – was Edie insgeheim erhofft hatte – eine ausführliche Beschreibung der Renovierungsarbeiten.
Solange er über die Kirche redete, konnte sie sich darauf konzentrieren und gab sich nicht irgendwelchen Träumereien hin. Sein Besuch hat überhaupt nichts mit mir zu tun!
Edie kam hinter ihrem Schreibtisch hervor. „Dann lass uns gehen“, meinte sie. Auf dem Weg nach draußen schnappte sie sich eine Baseballkappe und setzte sie auf. Im Sommer konnte es nachmittags ziemlich heiß sein – vor allem, wenn man nicht direkt an der Küste wohnte. Sobald die Sonne durch den Nebel drang, der normalerweise bis zum späten Morgen den Himmel verdeckte, wurde es sengend heiß. Im Haus sorgten Ventilatoren für Kühlung, aber draußen setzte Edie lieber eine Sonnenbrille und eine alte Baseballkappe von Ronan auf.
„Sehr schick.“ Nick sah sie amüsiert an und rückte ihr die Kappe zurecht.
Und plötzlich schien das Mantra „sein Besuch ist rein geschäftlich“ nicht mehr zu helfen.
Edie zuckte zurück. „Ich bekomme leicht einen Sonnenbrand“, erwiderte sie kurz angebunden. „Hier entlang, bitte.“
Sie überquerte die Auffahrt und strebte auf einen schmalen Pfad zu, der sich neben der Garage bergauf schlängelte. Definitiv war hier kein Landschaftsgestalter tätig gewesen. Statt eines manikürten Rasens wuchsen hier nur dorniges Gestrüpp und Eukalyptus. Roy lief auf dem nur zu erahnenden Pfad voran und schnupperte begeistert an jedem Busch.
„Gibt es keine Straße?“, erkundigte sich Nick.
„Doch, schon. Eine Sandpiste. Aber sie führt nicht am Haus vorbei, sondern windet sich den Berg entlang. Deshalb geht es schneller, einfach über den Hügel zu laufen. Wenn es dir natürlich lieber wäre …“
Sein schallendes Gelächter unterbrach Edie. „Wollen Sie mich einem Ausdauertest unterziehen, Madam?“, imitierte er scherzhaft einen Cowboy-Slang.
Edies Arme überlief eine Gänsehaut. Verstohlen blickte sie Nick an. Das lockige Haar hing ihm in die Stirn, und seine Augen blitzten verwegen. Es ist wirklich Ironie des Schicksals, dachte Edie, zweieinhalb Jahre habe ich keinerlei Interesse am anderen Geschlecht verspürt. Und dann genügt ein Blick auf diesen Mann … und ich bin verloren.
Sie war davon ausgegangen – jetzt, da ihre Libido wieder erwacht war – dass auch andere Männer ihr Interesse wecken würden. Aber nichts dergleichen war geschehen.
Bis jetzt!
Sie versuchte, dieses Interesse krampfhaft zu ignorieren. „Ich meine ja bloß. Sonst könnten wir auch das Auto nehmen.“
„Im Moment ist alles okay. Ich hatte mich nur gefragt, wie ich das Baumaterial transportieren soll.“
Richtig. Es geht ja lediglich ums Geschäft, dachte Edie sarkastisch.
Sie liebte den Ort ihrer Kindheit. Manchmal hatte sie davon geträumt, ihr altes Zuhause wieder aufzubauen, dies Ben gegenüber jedoch nie erwähnt. Damals wohnten sie weit weg, und sie dachte immer, es hätte ja Zeit.
„Ich dachte, du gibst dich mit so unbedeutenden Objekten gar nicht ab?“
„Zunächst muss ich es mir erst einmal ansehen“, antwortete Nick unverbindlich.
„Natürlich. Es ist sowieso erstaunlich, dass du extra hierherkommst, um für Mona ein Gutachten zu erstellen.“ Edie bemühte sich, möglichst sachlich zu klingen. „Ich weiß gar nicht, was plötzlich in meine Mutter gefahren ist.“
Natürlich wusste Edie das ganz genau! Sie hoffte nur, dass Mona nicht allzu offensichtlich vorgegangen war.
„Wann bist du eigentlich in Mont Chamion fertig geworden?“
„Eine Woche nach der Hochzeit bin ich nach Norwegen abgereist. Den Rest konnte ich den Handwerkern
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