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Verzauberte Herzen

Verzauberte Herzen

Titel: Verzauberte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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denn
jetzt wieder?«, fragte Nessa missbilligend.
    »Ich weiß
es nicht, aber ich werde es herausfinden«, antwortete Glynnis grimmig und
stand auf.
    Der Drache
saß, gegen eine Zinne gelehnt, auf dem Nordturm. Es war lange her, dass er die
aufgehende Sonne die Wellen vergolden gesehen hatte oder ihm eine südliche
Brise die Stirn gekühlt hatte. Er badete sein Gesicht im Sonnenlicht.
    Das
Gewitter hatte die Welt rein gewaschen und wie neugeboren zurückgelassen. Er
wünschte, seine Sünden wären ebenso leicht wegzuwaschen gewesen.
    Mit
geschlossenen Augen sah er Gwendolyn im Mondlicht, ihr Haar ein zerzauster,
goldener Glorienschein, ihre Wangen rosig von der Lust, die er ihr schenkte. Es
war, als sei eine der Halbgöttinnen auf den Fresken im Turm zur Erde gefallen.
Aber solche Geschenke waren einem Sterblichen nicht zugedacht.
    Besonders
einem wie ihm nicht.
    Er sah
Gwendolyns verwundete Scham, als sie aus seinen Armen floh. Er schlug die Hände
vor die Augen. Selbst wenn sie Freude schenken wollten, brachten sie nur
Schmerz.
    Gedämpfte
Schritte und ein peinlich berührtes Räuspern verrieten ihm, dass er nicht mehr
allein war. »Ich habe gerade nach Gwendolyn gesehen. Die Tür stand offen. Erst
dachte ich ...«
    »... dass
du sie in meinem Bett fändest«, endete der Drache für ihn. Er sah seinen
Freund schief an. »Ich beschädige meinen Ruf nur ungern, aber meine
Verführungskünste waren schon einmal wirksamer.«
    »Wenn dem
so ist, warum ist sie dann nicht weggerannt?«
    »Frag sie doch selbst.«
    »Ich wollte
sie nicht wecken. Nach den Tränenspuren auf ihren Wangen zu schließen, hat sie
sich in den Schlaf geweint.«
    Ärger
loderte im Drachen auf. »Stimmt etwas nicht, Tup? Langweilt dich das
Dörfler-Schikanieren? Unterhalten sie dich nicht anständig?«
    »Eigentlich
unterhalten mich ihre Possen ziemlich gut«, sagte Tupper und stellte einen Fuß
in eine Schießscharte. »Großmutter Hay liegt krank im Bett, seit sie glaubt,
dass der Dudelsack das Geheul der Todesfeen ist, die ihre Seele holen kommen.
Der Sohn vom Hufschmied hat mit dem Sohn vom Kesselflicker eine Prügelei
angefangen, weil jeder vom andern wusste, sein Vater habe den MacCullough ver
raten. Und Ian Sloan hätte fast seine Frau erschossen, als er aus einem
Vollrausch aufwachte und sie mit dem Drachen verwechselte. Wenigstens behauptet
er das.« Tupper verdrehte die Augen.
    »Dir wird
allmählich heimelig bei den Leutchen von Ballybliss, was?« Der Drache
erforschte das Gesicht seines Freundes.
    Tupper
errötete. »Irgendwie muss ich ja die tausend Pfund aus ihnen herauskitzeln.«
    Der Drache
sah auf die See hinaus. Es gab einen Moment in der letzten Nacht, da traten
seine finsteren Pläne in den Schatten Gwendolyns süßer, zärtlicher Küsse. Aber
dieser Moment war so flüchtig wie die Lust, die sie teilten. Er hatte ihr keine
Zukunft zu bieten, nur eine Vergangenheit.
    Seine Augen
folgten einer Seemöwe, die im Sturzflug die Felsenküste nahm. »Das Schiff
ankert in einer Bucht hinter den Klippen dort. Sie warten nur auf einen Wink
von mir, und wir könnten uns davonmachen.«
    »Äh, aber
das hat doch keine äh ... Eile, oder?«, stammelte Tupper. »Ich hab das Dorf
fast so weit. Jetzt bloß nichts überstürzen. Wie wär's, wenn wir ihnen noch
vierzehn Tage geben ...?«
    Der Drache
schwang sich auf. »So viel Zeit hab ich nicht! Ich weiß nicht einmal, ob ich noch
eine Nacht habe.«
    Er schritt
die Brüstung ab. Wie sollte er Tupper klar machen, dass der Schutz der
Dunkelheit sich gegen ihn gewandt hatte? Dass
sie ihm Angst machte? Angst, dass er sich selbst bei
Einbruch der Dämmerung verraten und in den Turm steigen würde. Dass er sich
nicht länger damit zufrieden gab, Gwendolyn
im Schlaf zu beobachten, sondern in ihr Bett steigen und ihren Mund, ihren
köstlichen Körper mit seinem bedecken wollte.
    Er hatte
nicht gelogen. Er würde sie niemals zwingen. Aber alle Verführungskünste
machten ihn nur noch monströser, als er sich ohnehin schon vorkam.
    Er sah
Tupper ins Gesicht. »Ich gebe dir noch eine Nacht, aus den Dörflern die
Wahrheit herauszuscheuchen. Wenn du Pech hast, lassen wir es bei einer üblen
Posse, verlassen diesen verfluchten Ort tags drauf und verlieren nie wieder
ein Wort darüber. Einverstanden?«
    Tuppers
Schultern sackten ein. »Einverstanden.« Er war schon fast auf der Treppe, als
er sanft sagte: »Du könntest ihr doch sagen, wer du bist.«
    Der Drache
lächelte seinen Freund gequält an. »Wenn ich es

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