Verzauberte Herzen
mit absoluter Sicherheit nicht bin, dann suchte ich mir bestimmt
kein albernes, junges Ding mit mehr Busen als Verstand.‹«
Während die
Damen hinter ihm sich vor Lachen ausschütten wollten, hob Bernard sein Glas
und trank auf ein Mädchen, das mit beidem gesegnet war.
»Vielleicht
bedarf es gar keiner eigenen Ehefrau, seinen Hunger zu stillen«, schlug die
heisere Frauenstimme vor, »sondern der eines anderen.«
Die Runde
setzte sich in Bewegung, um sich auf die Suche nach einem
neuen Opfer zu machen. Bernard hob erneut sein Glas und musste feststellen,
dass es schon wieder leer war. Er würde die griechischen Säulen zum Festhalten
brauchen, statt als Versteck, wenn er das schäumende Gebräu weiter so in sich
hineinschüttete.
Er war seit
einem knappen Monat wieder in London und hatte die meiste Zeit damit zugebracht,
zu viel zu trinken und zu wenig zu schlafen. Es war nicht erstaunlich, dass er
wegen seines schlechten Benehmens in Verruf geraten war. Er hatte sich nie
gerne mit blasierten Schwätzern abgegeben, aber mittlerweile reichte schon ein
schräger Seitenblick, um ihn zu einer boshaften Bemerkung zu veranlassen. Wäre
Lord Drummond kein so loyaler Investor gewesen und zudem einer von Admiral
Graysons besten Freunden, Bernard hätte die Einladung abgelehnt und wäre in
seinem spärlich möblierten Stadthaus geblieben, um sich mit der sträflich
vernachlässigten Buchführung und einer Flasche Portwein zu beschäftigen.
Er lauerte
dem nächstbesten Diener auf und tauschte sein leeres Glas gegen ein volles ein.
Er nahm einen kräftigen Schluck und bemerkte, dass er Gesellschaft hatte. Eine
der Damen, die gerade noch damit beschäftigt gewesen war, über seinen Charme –
beziehungsweise dessen vollständiges Fehlen – herzuziehen, löste sich direkt
neben ihm aus dem Grün der Topfpflanzen.
»Gnädigste«,
nickte er ihr kurz zu.
»Oh,
verzeihen Sie, Sir.« Ihr einfältiges Lächeln vertrug sich nicht mit ihrer
kehligen, heiseren Stimme. »Ich habe Sie doch tatsächlich mit meinem Ehemann
verwechselt.«
»Bei dem es
sich um den guten Reginald handeln dürfte, oder? Sagen Sie mir, weiß Ihr lieber
Reginald denn, dass seine Gemahlin auf die Pirsch geht, sobald er selbst auf
einer Jagdgesellschaft weilt?«
Sie zog ein
schockiertes kleines o und setzte dann schnell ein kätzchenhaftes
Lächeln auf. »Du meine Güte, Sie haben ja das feine Gehör und die scharfen
Zähne eines Ungeheuers! Aber falls Sie mich damit abschrecken wollen, muss ich
Sie warnen. Wenn es etwas gibt, das ich an Männern sehr schätze, dann ist es
Freimütigkeit.« Sie musterte ihn ausgehungert von den Spitzen der frisch
gewichsten Stiefel bis zum glänzenden Haarschopf hinauf. »Unter anderem, natürlich.«
Bernard
hätte ihre Komplimente gerne erwidert. Sie war zweifelsohne eine Schönheit. Ihr
dunkles Haar türmte sich zu einem bezaubernden Kunstwerk auf und war mit schimmerndem
Puder überstäubt, der perfekt mit ihrer Alabaster-haut harmonierte. Volle, rote
Lippen und die Wangenknochen wie gemeißelt. Ein schwarzes Samtband zierte den
zarten Hals und ein schelmischer Schönheitsfleck die Stelle, wo ein Grübchen
fehlte. Unter der glänzenden Satinkorsage schnürte ein Stäbchenkorsett aus
Walbein ihre Taille auf Handbreite zusammen und drückte ihre cremefarbenen Brüste
so unbarmherzig hoch, dass sie den Ausschnitt zu sprengen drohten.
Der
ausladende Reifrock schuf zwar die Illusion weicher, gerundeter Hüften, doch es
gab nichts, was die Kälte ihrer Augen hätte verbergen können. Sie schien so
spröde, als könne eine einzige Berührung sie zerbrechen lassen. Ihr fehlte jede
Wärme, und nichts an ihr war handfest. Nichts, woran ein Mann sich hätte halten
können ... nichts, in das er hätte versinken können ...
Bernard
drückte sich von der Säule weg und fürchtete einen Moment lang, er könne
tatsächlich ins Wanken geraten. »Ich bin erfreut zu hören, dass Sie an Männern
die Offenheit schätzen, denn ich muss mich, offen gesagt, für heute entschuldigen.«
»Aber das
dürfen Sie nicht, Sir. Man hat ja noch nicht einmal das Abendessen serviert.«
Bernard
nahm sich gerade noch die Zeit für eine knappe Verbeugung. »Ich fürchte, ich
könnte es nicht angemessen würdigen, Gnädigste. Mir ist der Appetit vergangen.«
Der
Nebel erstickte den
Klang seiner Schritte, und sein schwingender Umhang wärmte ihn kaum. Im
Gegensatz zur frischen Kühle des Hochlands kroch ihm das nasskalte Londoner
Wetter in alle Knochen
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