Verzehrende Leidenschaft
Moira trank einen großen Schluck Ale, dann knallte sie erbost ihren Becher auf den Tisch und schüttelte den Kopf. »Er spricht freimütig davon, wie er um mich wirbt, und versucht, mich zu einem weiteren Rennen in den Hof zu verschleppen, und wenn ich nein sage, fragt er sie. Hat sie denn gar keinen Stolz?«
»Sie liebt diesen großen Tollpatsch eben«, erwiderte Tavig noch immer lachend.
Moira seufzte und verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Ich weiß. Die Frage ist doch nur: Liegt auch ihm etwas an ihr? Tavig, Una hat ihr ganzes Leben unter den Fäusten ihres Vaters zugebracht. Wenn man bedenkt, wie Mungan aussieht und dass er Una entführt hat, ist es doch seltsam, dass sie keine Angst vor ihm hat. Ich mache mir nur Sorgen, wie es ihr gehen und was sie tun wird, wenn …« Ihre Augen wurden groß, als er einen Finger auf ihre Lippen legte und sie am Weiterreden hinderte.
»Ich schwöre dir, Liebes, Mungan liegt etwas an deiner Cousine. Es ist schwer, Leuten, die nicht so lange mit Mungan gelebt haben wie ich, zu erklären, was in ihm vorgeht. Für ihn ist es von größter Bedeutung, den Wehrturm nicht in die Hände von Feinden fallen zu lassen. Und außerdem, glaube ich, versucht er, jede Erinnerung an den eigentlich harmlosen, doch offenkundig vorhandenen Wahnsinn seines Vaters auszulöschen. Wahrscheinlich geht er davon aus, dass Una ihn verstehen wird. Denk doch nur daran, wie unverblümt er mit dir gesprochen hat. Er hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er dich heiraten will, damit er an den Wehrturm kommt. Du kannst ihm nicht vorwerfen, dass er versucht, dich zu betrügen.«
»Das mag schon sein. Und man kann wohl auch nicht sagen, dass er Una hintergeht. Deshalb ist sie wahrscheinlich auch auf mich wütend und nicht auf ihn. Sie liebt Mungan, und er ist aufrichtig, auch wenn es wehtut. So kann sie die Schuld nur auf mich schieben.«
»Was nicht gerecht ist. Ihre Wut macht mir Sorgen. Ich muss immer wieder daran denken, wer ihr Vater ist.«
»Ach, ich glaube nicht, dass mir Una schaden würde. Obwohl sie oft genug ihrem brutalen Vater zum Opfer gefallen ist, und das von klein auf, hat sie ihre Zofen und Mägde nie geschlagen. Ich glaube, sie denkt, dass solche Gewalt nur von Männern ausgeht. Die Tatsache, dass Mungan sich nicht so aufführt, macht ihn in ihren Augen zu einem wahren Heiligen.«
»Es gibt eine Lösung für all diese Probleme«, fing Tavig wieder an.
Moira hob abwehrend die Hand und schüttelte den Kopf. »Du musst dich nicht wiederholen. Mir ist klar, an welche Lösung du denkst. Aber wir haben hier erst einen einzigen Tag verbracht, und Mungan hält mich schon für einen Schwächling. Vielleicht beschließt er morgen, dass er mich doch nicht haben will, ja sogar, dass der verflixte Wehrturm es nicht wert ist, ein schwächliches Mädchen zu heiraten.«
In Tavigs Gesicht zeichneten sich so viele Zweifel ab, dass sie nicht umhin konnte, sich in Gedanken für ihre Naivität zu tadeln. Obwohl sie Mungan Coll noch nicht sehr lange kannte, beschlich sie das bange Gefühl, dass er zu den Männern gehörte, die ihre Meinung nur auf ein Zeichen Gottes hin änderten. Moira hoffte inständig, dass ihnen allen bald so ein Zeichen beschieden sein würde.
»Noch einen Tag«, murmelte sie und starrte düster in ihren Becher.
»Was hast du gesagt?«, fragte Tavig.
»Ich werde noch einen Tag abwarten, habe ich gesagt. Vielleicht ändert sich die Lage ja noch.«
Tavig lachte nur kurz auf, was Moira wenig ermutigend fand.
17
Ihr habt einen ganz schönen Dickkopf, Mädchen«, brummte Mungan und sah Moira finster an.
Moira warf einen Blick auf Tavig, der neben seinem Cousin stand, dann setzte sie sich auf den kleinen Hocker neben der Stalltür. Ohne Rücksicht auf ihre Begleiter zog sie ihre Stiefel aus und rieb sich die schmerzenden Füße. Mungan hatte darauf bestanden, ihr seine Ländereien zu zeigen, darunter auch das nahe gelegene Dorf. Obwohl sein Cousin kein Hehl aus seiner Verärgerung gemacht hatte, hatte Tavig darauf bestanden mitzukommen. Mungan hatte Moira auf ein Pferd gesetzt, und sie ritten zu dritt sein Land ab, wobei sie mehrere Pausen einlegten, um einige Orte abzulaufen, die Mungan für besonders wichtig hielt, bevor sie endlich im Dorf landeten. Dort waren sie abermals abgestiegen und in Mungans üblichen forschen Tempo im ganzen Dorf herumgestiefelt. Für einen Ritter war Mungan erstaunlich viel zu Fuß unterwegs, dachte Moira missmutig.
»Das Mädchen hat das
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