Verzehrende Leidenschaft
bog er plötzlich nach rechts ab. Moira blieb stehen und starrte ihm verwirrt nach. Er kam zurück, packte sie am Arm und zog sie mit sich. Als sie eine Stelle erreicht hatten, an der die Bäume besonders dicht standen und von hochwachsendem Unterholz umgeben waren, legte er ihre Habseligkeiten auf den Boden.
»Ich dachte, wir wären auf der Flucht vor etwas«, flüsterte sie und kauerte sich neben ihn.
»Aye, das waren wir auch, und das werden wir fortsetzen, sobald ich weiß, vor wem oder was wir fliehen.«
»Sind es Reiter?«, fragte sie, denn sie glaubte, das Getrappel von Hufen vernommen zu haben. »Glaubst du, sie suchen nach uns?«
»Der Gastwirt glaubte nicht, dass jemand aus Craigmoordun es wagen würde, den Fluss zu überqueren, und ich weiß nicht, warum ich seinem Urteil nicht trauen sollte. Trotzdem wäre es gut zu wissen, wer unsere Fährte verfolgt. Vielleicht müssen wir unsere Richtung ändern.«
Auf der Lichtung tauchten sechs stämmige Reiter auf. Moira drückte sich enger an Tavig. Der Anführer stieg aus dem Sattel und kniete sich vor die Reste des Lagerfeuers. Er zog den Handschuh aus und berührte vorsichtig die noch warme Asche.
»Sie sind noch nicht lange weg«, sagte er.
»Sie wissen offenbar, dass wir in der Nähe sind, Tavig«, wisperte Moira in sein Ohr.
»Aye. Ich glaube, das sind die Männer, die der Gastwirt so fürchtet. Offenbar wussten sie, dass wir uns auf ihrem Land befinden, und wollten uns aufstöbern.« Er packte seinen Beutel und meinte: »Ich glaube, wir machen uns besser aus dem Staub, Liebes.«
Doch da ertönte plötzlich eine tiefe Stimme. »Ich glaube, du und dein Liebes kommt besser mit mir mit«, erklang es langsam.
Tavig wirbelte herum. Eine Hand fuhr zum Schwertknauf, mit der anderen schob er Moira hinter sich. Der Mann, der die Worte an sie gerichtet hatte, war ziemlich groß und trug einen Plaid. Sein langes Schwert war auf Tavig gerichtet, wie auch die Schwerter seiner zwei etwas kleineren und breit grinsenden Begleiter. Moira glaubte, ihr letztes Stündlein habe geschlagen.
»Nun, Bursche, willst du allen Ernstes in Anwesenheit deiner Liebsten gegen drei Männer antreten? Und jetzt steh auf. Wir unterhalten uns mal mit dem alten Colin, aber zuerst gibst du mir deine Waffen.«
Leise fluchend erhob sich Tavig und überreichte dem Mann Schwert und Dolch. Er ließ die drei grinsenden Kerle nicht aus den Augen, während er seine restlichen Habseligkeiten aufklaubte. Dann legte er den Arm um Moiras bebende Schultern und ließ sich von den Männern zur Lichtung zurückführen. Dabei überlegte er fieberhaft, was er tun könnte, um dafür zu sorgen, dass Moira nichts passierte.
Seine Häscher schoben ihn vor den großen Kerl, der müßig in dem wieder entzündeten Feuer herumstocherte. Offenbar war das der alte Colin. Bis auf ein paar weiße Strähnen in seinen langen, dunklen, struppigen Haaren wies allerdings kaum etwas auf das Alter des muskelbepackten Mannes hin, der ihn und Moira nun eingehend zu mustern begann. Der alte Colin sah beeindruckend wild aus in seinem Plaid und seinem Überwurf aus Wolfspelz. Doch während er dem unbeirrten Blick des Mannes standhielt, wurde Tavig etwas ruhiger, denn er konnte darin nichts Furchterregendes entdecken. Er hoffte nur, dass seine Zuversicht auf seine Instinkte zurückging und nicht auf eine trügerische Hoffnung.
»Und jetzt, Bursche«, meinte der alte Colin, »solltest du mir wohl sagen, warum du auf meinem Land herumstrolchst.«
»Ich glaube, das sind die zwei, die aus Craigmoordun geflohen sind«, meinte der größte der drei, die sie gefangen genommen hatten.
»Aye, Lachlan. Aber ich will wissen, warum sie aus dem kleinen Dorf geflohen sind, als wären ihnen die Höllenhunde auf den Fersen. Hast du darauf eine gute Antwort?«, fragte Colin Tavig.
»Ich habe einem kleinen Kind das Leben gerettet«, erwiderte Tavig und lächelte grimmig, als er Colins scheelen Blick bemerkte. »Aye, das war alles. Ich habe gesehen, dass es unter den Hufen der Bewaffneten des Lairds landen würde, und deshalb habe ich es von der Straße gezogen. Da kein anderer die Gefahr erkannt hatte, dachten sie, ich hätte irgendeine teuflische List angewandt, und nannten mich einen Hexer.« Er spürte, wie Moira allein bei der Erwähnung dieses Wortes erzitterte, und zog sie ein wenig näher zu sich. »Als meine Frau versuchte, dazwischenzutreten, wurde sie ebenfalls beschuldigt.«
»Und warum wartet ihr jetzt nicht darauf, dass der
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