Verzehrende Leidenschaft
hatte, würde wohl eine Weile ruhen müssen. Er hatte gehofft, seine ehemalige Geliebte würde so viel Stolz und Würde besitzen, um sich fernzuhalten, nachdem sie erfahren hatte, dass er verheiratet war, oder nachdem sie ihn zusammen mit Moira gesehen hatte. Das war freilich eine törichte Hoffnung gewesen, nach allem, was er von dieser Frau wusste. Aber warum wirkte Moira jetzt so bedrückt?
»Es tut mir leid, Liebes«, sagte er und ging zu ihr. »Ich hatte dich eigentlich vor ihr warnen wollen.« Er nahm sie an die Hand, zog Moira an sich und streifte ihren Mund mit einem Kuss. »Du brauchst dir wegen ihr keine Sorgen zu machen.«
»Ach nein? Sie war sehr zornig. Sie hasst uns beide, das war unverkennbar. Sie sinnt auf Rache.«
»Sie hat nichts, wofür sie sich rächen könnte. Ich habe ihr nie etwas versprochen bis auf ein bisschen Spaß zwischen den Laken.« Er seufzte, dann zuckte er ein wenig zusammen. »Entschuldige, mein Liebes.«
»Du brauchst dich nicht ständig zu entschuldigen, Tavig. Du hast nichts Unrechtes getan. Aber ich denke, wir sollten ihre Drohungen nicht völlig in den Wind schlagen. Unsere Lage erlaubt es uns nicht, so sorglos zu sein.«
»Was kann sie schon tun? Sie weiß nicht, wer ich bin, und niemand wird auf ihr Geschimpfe hören. Hier wissen alle, dass sie kein Recht hat zu behaupten, missbraucht oder hintergangen worden zu sein. Meine Güte, sie hat fast mit jedem Mann im Dorf geschlafen, und alle wissen, dass sie mir nicht treu war, wenn ich nicht hier war. Manchmal war sie es nicht einmal, wenn ich hier war. Sie wird keine Verbündeten finden.«
»Vielleicht bin ich nur feige, aber mir ist trotzdem nicht wohl zumute, auch wenn du sicher recht hast in allem, was du sagst.«
»Morgen früh sind wir wieder weg.« Er legte den Arm um ihre Schultern und führte sie aus der Scheune. »Wenn jemand irgendein Recht auf Rache hat, dann ich. Sie hat das zerstört, was sich als ein äußerst angenehmer Nachmittag abgezeichnet hat.« Er lachte leise, als sie errötete.
* * *
»Du solltest dich von dieser Hure Jeanne nicht beunruhigen lassen«, meinte Mary, stellte Moira einen Becher Ale hin und setzte sich ihr gegenüber an den groben Holztisch.
Moira schrak auf und sah sich nach Tavig um. Die Abendmahlzeit war beendet, die Kinder schliefen schon auf dem Dachboden. Bestürzt stellte sie fest, dass sie mit der freundlichen Mary allein war. Tavig saß am anderen Ende des Raums bei Robert. Er half ihm, sein Schwert zu schärfen und seine leichte Rüstung auszubessern, während sie sich über die Schlachten, Fehden und Überfälle unterhielten, die sich seit ihrer letzten Begegnung ereignet hatten. Die beiden bekamen bestimmt nichts von Moiras Gespräch mit Mary mit, doch Moira beäugte die ältere Frau trotzdem wachsam.
»Sie wurde weggeschickt, ich habe nicht viel über sie nachgedacht«, meinte Moira.
Mary lachte nur. »O nein, das glaube ich dir nicht«, meinte sie. »Ich wette, du hast an nichts anderes gedacht, seitdem sie dich und den Jungen im Kuhstall aufgestöbert hat. Jeanne wollte nicht auf mich hören, als ich ihr sagte, dass er sie nicht sehen wollte. Sie ist es nicht wert, dass man sich wegen ihr den Kopf zerbricht, Kindchen. Sie gehört zu den Frauen, die ein Mann nur benutzt, bevor er beschließt, sich niederzulassen.«
»Wahrscheinlich benutzen manche Männer solche Frauen auch, nachdem sie sich niedergelassen haben«, meinte Moira leise. Sie war froh, über ihre Sorgen reden zu können, aber sie wollte nicht, dass Tavig etwas davon mitbekam.
»Das ist leider wahr. Aber nicht unser Tomas, er ist nicht so.«
»Woher wollt Ihr das wissen?«
»Das fühle ich hier.« Mary deutete auf ihre Brust. »Wenn ich ein junges Mädchen wäre und entscheiden müsste, welchem Mann ich mein Herz schenken soll, würde ich es diesem schwarzhaarigen, gut aussehenden Burschen anvertrauen. Er besitzt ein gutes Herz, Mut und Ehrgefühl.« Sie lächelte, als Moira errötete. »Ich weiß schon, dass er ein paar Geheimnisse hat, aber die wird er uns sicher sagen, wenn es an der Zeit ist.«
»Wie kommt Ihr darauf, dass er Geheimnisse hat?«
»Moira, mein süßes Kind, ich bin bei armen Eltern zur Welt gekommen, ich bin in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, und ich habe einen armen Mann geheiratet. Ich erkenne einen Laird, wenn mir einer begegnet. Der Junge da drüben ist kein armer Bastard. Er hat Männer angeführt, er hat in Saus und Braus gelebt. Er ist ein Laird. Im Moment streift er
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