Verzehrende Leidenschaft
hat es schon vom ersten Tag an bekommen. Jeanne war kein Mädchen, das ihrem Kind die Brust gibt.« Er reichte Moira auch einen Sack. »Darin werdet Ihr alles finden, was Ihr für ihn braucht. Es tut mir leid, dass ich Euch dieses Problem aufhalse, Mistress, aber ich kann für den Kleinen nicht sorgen. Ich schwöre Euch, er ist ein gutes Kind und wird Euch wenig Ärger machen. Und ich bete, dass Ihr ihn nicht wegen seiner Mutter schlecht behandelt.«
»Nay, Sir, das würde ich nie tun. Kein Kind sollte für die Sünden seiner Mutter büßen müssen.« Sie warf einen Blick auf Tavig. »Oder für die seines Vaters. Es soll ihm an nichts fehlen.«
»Ich weiß, dass Ihr Euer Bestes tun werdet. Passt auf Euch auf. Gott sei mit dir, mein Junge«, murmelte Iain, nachdem er einen kleinen Kuss auf die Wange des Jungen gedrückt hatte, dann verschwand er im Wald.
»Moira«, sagte Tavig leise, sobald der Mann weg war.
Sie verzog das Gesicht. Sie musste sich dazu zwingen, Tavig anzusehen, ohne den Gefühlen freien Lauf zu lassen, die in ihr tobten. Ihn mit Jeannes Kind in den Armen dastehen zu sehen, machte es ihr sehr schwer, sich zurückzuhalten. Sie brauchte ein wenig Zeit, um sich von dem Schock zu erholen.
»Ich dachte, es wäre wichtig, dass wir dieses Dorf möglichst rasch hinter uns lassen. Bist du inzwischen anderer Meinung?«, fragte sie schroff.
»Nay, es ist wichtig. Die Dorfbewohner wussten, dass sie hinters Licht geführt wurden und falsche Beschuldigungen geäußert haben, und schließlich haben sie ihren Zorn auf diejenige gerichtet, die die Sache angezettelt hat. Aber ich will hier nicht so lange verweilen, bis sie vielleicht wütend werden, weil sie veranlasst wurden, eine aus ihren Reihen umzubringen, und nun uns die Schuld daran geben.«
»Dann sollten wir wohl lieber weiter.« Sie rückte die Beutel zurecht, mit denen sie inzwischen beladen war, und setzte sich in Bewegung.
»Es ist nicht einfach, mit einem Kind im Arm zu laufen.«
Sie blieb stehen und holte tief Luft. Dann drehte sie sich wortlos um, knotete sich eine ihrer Decken um den Oberkörper und legte das Kind in die Schlaufe. Ihre Beutel überreichte sie Tavig, dann nahm sie den Strick mit der Ziege und marschierte los. Zu ihrer Erleichterung sagte Tavig kein Wort. Sie hatte Angst vor dem, was sie ihm alles an den Kopf werfen könnte, solange ihre Gefühle noch so hitzig und wirr waren.
Wut war eines davon, das sie unschwer erkannte, doch sie wusste nicht recht, worüber sie eigentlich wütend war. Sie war ja nie davon ausgegangen, dass Tavig ebenso unberührt und unschuldig war wie sie, also hätte sie sich auch nicht weiter wundern müssen, dass er irgendwann einmal ein Kind gezeugt hatte. Schließlich kam sie zu dem Schluss, dass das Wissen, dass Tavig mit anderen Frauen geschlafen hatte, weitaus leichter zu ertragen war als dieser greifbare Beweis für seine Vergangenheit. Und einen greifbareren Beweis als das Kind, das sich nun an sie schmiegte, gab es wohl kaum. Sie musste wohl oder übel einsehen, dass es kein Zeichen wahrer Zuneigung und Liebe war, wenn ein Mann mit einer Frau ein Kind zeugte. In Anbetracht der vielen unehelichen Kinder, die überall herumliefen, wunderte sie sich eher, dass sie so lange an einem solch fadenscheinigen romantischen Ideal festgehalten hatte.
Außerdem war sie eifersüchtig und gekränkt, auch wenn sie sich nach Kräften bemühte, diese Gefühle zu vertreiben. Das Kind war neun Monate alt und hatte neun Monate gebraucht, um zur Welt zu kommen. Vor achtzehn Monaten hatte sie Sir Tavig MacAlpin noch gar nicht gekannt, und auch er hatte nichts von ihr gewusst. Es wäre ja wohl der Gipfel der Torheit, die Zeugung eines Kindes als persönliche Beleidigung zu betrachten. Das Einzige, was zählte, war doch, wie Tavig sich verhielt, wenn er mit ihr zusammen war. Und in dieser Hinsicht hatte sie keinen Grund zur Klage, Eifersucht oder Gekränktheit.
Moira zerrte die sture Ziege einen steilen Hügel hinauf und haderte weiter stillschweigend mit sich und ihren Empfindungen. Hoffentlich waren diese unguten Gefühle wenigstens verschwunden, wenn der Kleine, den sie jetzt trug, so alt war, dass er sich ihrer bewusst werden und von ihnen verletzt werden könnte. Und auch Tavig hatte all diese Gefühle nicht verdient, beschloss sie, widerstand jedoch dem Drang, ihn anzusehen. Wenn sie ihr nächstes Lager aufschlugen, würde noch genügend Zeit sein, über alles zu reden. Da sie sich nirgendwohin zurückziehen
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