Verzehrende Sehnsucht
tun, ohne sich über alle Konsequenzen in Klaren zu sein."
"Er wird doch nicht etwa etwas stehlen, oder?"
"O nein! Das würde er nie tun. Er ist ein anständiger Bursche."
"Was sollte er dann Unkluges anstellen?" Ihr fiel wieder ein, wie gut der Jüngling aussah, und sie verstummte. In der Halle hatte der Knappe mit der hübschen und jungen Meg gesprochen und dabei sichtlich angetan gewirkt.
Becca unterdrückte einen Fluch und ging in Richtung Tür. "Ihr habt mit Eurer Sorge Recht, Sir Blaidd. Denn wenn es auch nur das leiseste Anzeichen dafür gibt, dass er den weiblichen Bediensteten nachstellt, werde ich meinen Vater bitten, Euch Anweisung zu geben, die Burg unverzüglich zu verlassen. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, was für einen Schaden ein hübscher junger Edelmann anrichten kann …"
Sir Blaidd legte ihr die Hand auf den Arm, um Becca aufzuhalten. Seine Hand war warm und stark – das Gefühl, das sie auf ihrer Haut verursachte, jagte Becca Schauer durch den Körper. "Ich glaube nicht, dass Ihr Euch übermäßig Gedanken machen müsst. Trev ist ein guter Junge, und wenn ich ihn finde, werde ich ihm noch einmal ins Gewissen reden."
"Was? Ihr wollt ihm den Befehl erteilen, unter keinen Umständen Mägde zu verführen?" fragte sie skeptisch.
"Genau", erwiderte er entschlossen.
Sein Tonfall überzeugte sie, dass er es aufrichtig meinte und jeden Ansatz im Keim ersticken würde. Trotzdem. Für die Bediensteten hier war Becca verantwortlich. Also musste sie sichergehen, dass man ihnen nicht übel mitspielte. "Auch wenn ihr ihn anweist, bedeutet das noch lange nicht, dass er Euch gehorchen wird. Er ist jung und Meg auch. Vielleicht denkt keiner von beiden an etwaige Konsequenzen", entgegnete Becca und stieß die Tür auf.
Sie wollte gerade in den Hof treten, als sie Meg aus der Küche kommen sah. Allein.
In der Hoffnung, dass das Mädchen genug Verstand besaß, um jede honigsüße Schmeichelei eines hübschen, jungen Knappen zu ignorieren, zog sich Becca wieder in den Schutz der Kapelle zurück und spähte vorsichtig aus der Tür. Sie beobachtete, wie Meg auf die Quartiere der Bediensteten zulief. Plötzlich tauchte Sir Blaidd hinter Becca auf und stellte sich dicht hinter sie – sehr dicht. Sie spürte ihn, seinen kräftigen Körper. Er konnte nur wenige Zentimeter von ihr entfernt sein.
"Was ist los?" flüsterte Blaidd. Sie spürte seinen heißen Atem in ihrem Nacken.
"Meg ist da", murmelte Becca und nickte in Richtung des Mädchens. Sie versuchte, das merkwürdige Gefühl zu ignorieren, einem männlichen Körper so nah zu sein. Doch sie war sich Blaidds Anwesenheit nur zu bewusst.
Ohne sich umzudrehen, lief Meg die Außentreppe hoch, die zum Quartier der Mägde führte, und verschwand im Inneren der Unterkünfte.
Sir Blaidd seufzte vor Erleichterung. Auch Becca atmete erleichtert auf.
"Das war das Mädchen, mit dem er gesprochen hat", meinte Blaidd. "Da bin ich mir ganz sicher. Trev ist wahrscheinlich schon zu Bett gegangen. Wir haben schließlich einen anstrengendenTag und einen langen Ritt hinter uns."
Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sich die Küchentür erneut öffnete und sein Knappe auf den Hof trat. Er blieb zögernd stehen und suchte offensichtlich nach etwas.
Oder nach jemandem.
Der Knabe blickte sich suchend um. Dann sank er enttäuscht in sich zusammen, machte auf dem Absatz kehrt und ging in die Küche zurück.
Sir Blaidd murmelte etwas, das wie ein walisischer Fluch klang. "Ich werde ganz sicher mit Trev reden. Ich werde ihm mitteilen, was ich von ihm erwarte, solange wir Gäste Eures Vaters sind."
"Gut", erwiderte Becca und schaute ihn an.
"Ich gebe Euch mein Wort als Ritter des Königreichs, dass ich Trevelyan warnen werde, dass ich ihn in Schande zu seinem Vater nach Hause schicken werde, wenn er sich nicht ehrenhaft benimmt."
"Das dürfte keine große Strafe für einen Jungen seines Alters sein", entgegnete sie.
"Ihr kennt seinen Vater nicht. Habt Ihr je von Sir Urien Fitzroy gehört?"
"Ist das nicht jener Mann, der für seine Ausbildung in den Kriegskünsten berühmt ist?"
"Ja. Das ist er. Er hat auch mich ausgebildet. Und glaubt mir, Mylady, wenn er glauben sollte, dass sein Sohn sich unritterlich verhalten hat, wird die Strafe streng ausfallen."
Becca bereute plötzlich, dass sie so ärgerlich geworden war. "Ich hoffe nicht, dass es dazu kommt. Hoffentlich genügt Eure Warnung. Ich meinerseits werde ein ernstes Wörtchen mit Meg wechseln." Sie zögerte
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