Verzehrende Sehnsucht
er nicht mit uns kommen?"
"Hier ist er, Mylord", erwiderte Blaidd und nickte in Richtung Trev, der gerade sein Pferd aus dem Stall führte. "Er freut sich genauso sehr auf den Ritt wie ich."
"Sein Vater ist ein ziemlich berühmter Mann."
"Das ist er auch zu Recht."
"Hat Sir Urien Fitzroy Euch ausgebildet?"
"Ja, Mylord, und meinen Bruder Kynan auch. Und natürlich Trevelyan."
"Vielleicht unterhaltet Ihr Euch einmal an einem der nächsten Tage mit Dobbin, dem Befehlshaber des Lagers. Vielleicht könnt Ihr dem alten Hund noch etwas beibringen." Lord Throckton kicherte.
"Sehr gern. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich selbst könnte auch wieder ein wenig Übung gebrauchen, oder mein schwertführender Arm wird noch so rostig wie eine Klinge, die den ganzen Winter über im Freien liegt."
Das trug ihm ein weiteres Lachen des Lords ein. "Oh, das bezweifle ich!"
Blaidd schaute zum Tor. Dort stand Lady Rebecca. Sie scherzte und lachte mit den Kämpfern und Treibern und war eindeutig bester Stimmung.
Und dennoch umgab sie etwas Besonderes. Etwas Entrücktes. Etwas Fernes. Sie konnte sich noch so sehr bemühen, den Untergebenen zu ähneln, sie würde nie wirklich eine von ihnen sein. Natürlich. Sie war eine Frau. Doch es ging hier um viel mehr. Sie strahlte dieses besondere Etwas aus: eine innere Reife und ein Wissen um die Dinge. Etwas, das die anderen nie erlangen würden, umgab sie wie eine leuchtende Aura.
"Wie ich sehe, wird Lady Rebecca uns ebenfalls begleiten." Er wandte mit Mühe den Blick von Becca ab und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Lord Throckton.
"Tatsächlich?" Der Mann schien verblüfft zu sein. "Meint Ihr?" Seine Stimme hatte einen gleichgültigen Klang. "Sie reitet wahrscheinlich nur kurz mit uns. Wie ich sie kenne, wird sie irgendwann einfach davongaloppieren und erst wiederkommen, wenn ihr danach ist."
Blaidd war überrascht. "Aber ich nehme doch an, dass einige Männer sie begleiten werden."
Lord Throckton machte ein schlecht gelauntes Gesicht und schüttelte den Kopf. "Sie würde ihre Begleiter in Windeseile abhängen. So ist sie immer gewesen, und daran wird sich nichts ändern."
"Aber, Mylord, auch wenn Eure Ländereien befriedet und sicher sind, sollte eine Frau doch nicht allein …"
"Ihr wird schon nichts passieren", unterbrach ihn sein Gastgeber bestimmt. "Sie macht das seit Jahren so. Und außerdem würde sie kein Gesetzesbrecher einholen können, selbst wenn er es wollte."
"Mylord! Es wird doch sicher ein oder zwei Krieger geben, die mit ihr mithalten können", fuhr Blaidd unbeirrt fort. Ihn entsetzte die Tatsache, dass der Mann sich so wenig Gedanken um die Sicherheit seiner Tochter machte.
"Und ich habe Euch doch gerade erzählt, dass wir ihr schon seit ihrer Kindheit nicht folgen können", entgegnete der Mann, dem das Lächeln jetzt offensichtlich schwer fiel. Offensichtlich hatte er Mühe, sich zu beherrschen. "Ich habe versucht, sie zu warnen, ihr Anweisungen gegeben, sie in Angst und Schrecken versetzt … Aber sie weigert sich, auf mich zu hören. Ich weiß nicht, was ich noch tun sollte. Ich könnte sie natürlich noch an einem der Bettpfosten festbinden. Wenn Ihr eine bessere Idee habt, junger Mann, dann äußert sie nur – aber ich glaube kaum, dass wir Erfolg haben werden."
Blaidd erkannte, dass er zu sehr auf Beccas Sicherheit insistiert hatte, und versuchte nun, diesen Fehler wieder gutzumachen. Die Verantwortung für Lady Rebeccas Wohlergehen oblag schließlich ihrem Vater und nicht ihm. "Entschuldigt meine Einmischung, Mylord."
Lord Throcktons Ärger verflog so schnell, wie er gekommen war. Der Burgherr klopfte Blaidd freundschaftlich auf die Schulter. "Ihr habt ja eigentlich Recht. Nur kann man Becca nicht mit normalen Maßstäben messen. Trotzdem spricht es für Euch, dass Ihr besorgt genug seid, um Euch mit mir anzulegen und Eure Bedenken laut zu äußern. Man verschone mich mit diesen rückgratlosen Grünschnäbeln, die nur Dinge sagen, von denen sie meinen, dass ich sie hören möchte." Er drehte sich um. "Im Namen aller Heiligen, wo bleibt denn Laelia? Wir werden nicht vor Mittag aufbrechen können, wenn sie sich nicht beeilt. Laelia!" rief er. Der Name hallte von den Mauern wider und zog die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich.
"Hier, Vater! Reg dich nicht auf. Ich bin schon da!" erwiderte die Lady aufgeregt, als sie errötend am Eingang der Halle erschien. Wie immer sah Laelia sehr hübsch aus. "Ich habe nur noch meinen Umhang
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