Verzehrende Sehnsucht
genießen können? Oder, wenn Ihr es wünscht, können wir auch hier auf der Burg bleiben", erwiderte er, obwohl das bedeutete, dass er mal wieder eine Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen musste, ihren Vater auszuhorchen.
"Ihr müsst nicht hier bleiben", sagte Lord Throckton. "Sie wird mit ausreiten, nicht wahr, meine liebe Laelia?"
"Ja, Vater." Sie schaute Blaidd an. "Ich vertraue darauf, dass Ihr auf meine jungfräulichen Ängste Rücksicht nehmen werdet", murmelte sie.
Blaidd dachte augenblicklich an eine andere junge Dame, die ganz sicher keine "jungfräulichen Ängste" hatte. Er konnte sich eher vorstellen, dass Lady Rebecca einen Gegner so lange feindselig und unerschrocken anstarrte, bis er sich ihr freiwillig unterwarf.
Er versuchte, sich Lord Throcktons andere Tochter aus dem Kopf zu schlagen. "Natürlich, Mylady. Ich werde Euch mit dem größten Vergnügen begleiten."
Bei Gott, das war ein wenig übertrieben. Aber Lady Laelia strahlte Blaidd voller Dankbarkeit und Bewunderung an. Man hätte meinen können, er hätte ihr gerade angeboten, sein Leben für sie zu geben.
Kurze Zeit später stand Blaidd neben einem äußerst unruhigen Aderyn Du und wartete auf den Rest der Jagdgesellschaft. Die Treiber und anderes Fußvolk hatten sich bereits nahe dem Innentor versammelt, unterhielten sich laut und scherzten miteinander. Ein Stallknecht hatte einen feinen braunen Wallach mit kostbarem Sattel und Zaumzeug und eine weiße, ausgeglichen wirkende Stute herausgeführt, die sicher für Lady Laelia bestimmt war. Trev befand sich noch im Stall. Er sattelte sein Pferd und schien sich dabei Zeit zu lassen. Vielleicht war er in den vergangenen Tagen ein wenig faul geworden. Eine Rüge ist durchaus angebracht, dachte Blaidd ein wenig verstimmt. Oder zumindest eine scharfe Bemerkung.
Er ließ den Blick über die Gebäude auf dem geschützten Areal schweifen und bemerkte ein Gerüst an der Ostmauer, die offensichtlich der Reparatur bedurfte. Es waren keine Handwerker in Sicht. Vielleicht arbeiteten sie an einem anderen Teil der Befestigungsanlage. Lord Throckton hatte vorgestern Abend etwas über ein Tor geäußert, an dem etwas gerichtet werden musste.
Blaidd ärgerte sich. Er hätte den Worten des Lords mehr Aufmerksamkeit als dem Harfenspiel von Lady Rebecca schenken sollen.
Aderyn Du warf ungebärdig den Kopf zurück und stampfte mit den Hufen auf. Er war nervös und konnte es offensichtlich kaum erwarten, endlich herauszukommen und loszulaufen. Wie gerne hätte Blaidd darauf verzichtet, ihn nachher zügeln zu müssen, aber das ließ sich wohl kaum vermeiden. Nach dem Mittagsmahl würde er ja noch einmal mit dem Hengst ausreiten. Lady Laelia und ihr Vater würden Blaidd sicher nicht übel nehmen, wenn er ein paar Stunden wegblieb.
Blaidd klopfte mit dem Fuß einen imaginären Takt und schaute weiter zur Stalltür. Er fragte sich, ob er hineingehen sollte, um Trev zur Eile anzutreiben.
Plötzlich erschien zu seiner Überraschung Lady Rebecca im Stalleingang und führte einen bemerkenswerten Rotschimmel ins Freie. Sie war so schlicht angezogen wie immer, außer dass sie diesmal einen langen, grauen Umhang und lederne Stulpenhandschuhe trug. Sie würde also auch ausreiten. Ob sie mit ihnen kam?
Das wäre schön.
Bisher hatte sie nicht viel Interesse gezeigt, Zeit mit den anderen zu verbringen. Ihre Haushaltspflichten schienen all ihre Aufmerksamkeit zu beanspruchen.
Sie schaute kurz zu ihm hin. Beinahe hätte er dem ersten Impuls nachgegeben und sich wie ein kleiner Junge abgewandt, den man mit gestohlenem Zuckerwerk in der Hand erwischt hat.
Da er aber kein kleiner Junge mehr war, erwiderte er Beccas Blick.
Er rechnete damit, dass sie wegsehen würde.
Doch das tat sie nicht.
"Ihr wirkt überrascht, Herr Ritter", sagte sie kühl, als sie ihre Stute neben den aufgeregten Aderyn Du führte, der daraufhin noch unruhiger wurde. "Ein kürzeres Bein hält mich doch nicht vom Reiten ab."
"Ich bin mir sicher, Mylady, dass es sehr schwierig sein dürfte, Euch von irgendetwas abzuhalten, das Ihr Euch vorgenommen habt", antwortete er. "Ich habe nur nicht geglaubt, dass Ihr die Zeit aufbringen könnt, wenn man Eure vielen Pflichten im Haushalt bedenkt."
Sie lächelte, und ihre blauen Augen funkelten. Er überlegte, ob sie vielleicht genauso froh wie er und Aderyn Du war, die Burg endlich verlassen zu können. "Ich bin nicht immer unentbehrlich. Und ich war lange genug eingesperrt. Darüber hinaus vermute
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