Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Oper
    Variante 1: Arbeit in einem Körperraum
    Es gibt Vorgespräche, bei denen sich bald herausstellt, dass der Dialog innerhalb des Körpers weitergeführt werden sollte, weil der Klientin die Worte fehlen, um sich mit ihrem Thema auseinanderzusetzen. Das ist sehr oft so in Fällen von Missbrauch,
der weit zurückliegen kann und der der Klientin den Mund für immer verschlossen hat.
    In so einem Fall bitte ich nach dem bruchstückhaften Vorgespräch meine Klientin, sich niederzulegen, es sich auf der Liege so bequem wie möglich zu machen und sich mit einer leichten warmen Decke zuzudecken. Die Decke bietet Wärme und Geborgenheit, etwas, das im Leben eines solchen Menschen oft fehlt. Nun arbeite ich mit einer Kombination von Initiatischer Körperarbeit (Dürckheim) und Katathymem Bilderleben (Leuner).
    Ich bitte meine Klientin, die Augen zu schließen, wenn es für sie stimmt, und zuerst einmal nur ihren Atem zu spüren. Ich warte so lange, bis ihr Atem, den Umständen entsprechend, ruhiger fließt. Ich bitte sie, den Atem nicht zu korrigieren, sondern ihn gewähren zu lassen. Wie auch immer Ein – und Aus-Atem sich bewegen, so ist es gut. Der Atem ist Ausdruck unmittelbarer Lebensbewegung. Das Gefühl »Ich darf hier und jetzt sein, wie ich bin«, fördert die Möglichkeit, sich niederzulassen und, so gut es im Augenblick geht, anzukommen – etwas, das für Menschen mit Missbrauchserfahrungen besonders angstbesetzt ist. Im nächsten Schritt bitte ich meine Klientin, ihre Hände auf ihren Unterbauch zu legen, mit leicht gespreizten Fingern und mit der Intention der Zuwendung. Sehr oft wird der Bauch als hart, kalt und abweisend erlebt. Der Atem bleibt über dem Zwerchfell. Wir haben Geduld und wenn wir Glück haben, beginnt der Bauch, manchmal nach längerer Zeit erst, eine ferne Idee von Wärme zu entwickeln. Nach einer Weile wage ich, die Klientin zu bitten, sich von ihrem Aus-Atem in den Raum ihres Körpers zwischen ihrer Bauchdecke unter den Händen und ihrem Kreuzbein im Rückenbereich mitnehmen zu lassen. Das gelingt meistens nicht. Das innere Bewusstsein der Klientin bleibt irgendwo über dem Nabel stehen. Wir lassen uns davon nicht entmutigen, es war kaum anders zu erwarten. Ich
frage meine Klientin, was sie von der Nabelgegend aus in ihrem Unterbauch sieht. Diese Frage ist als Aufforderung formuliert, denn ein zögerliches Anbieten von eventuellen Möglichkeiten würde sie verunsichern. Ich aber muss sicher und überzeugt von diesem Prozess sein. Und sie sieht, sie sieht immer. Selbst wenn sie nichts sieht, dann ist es das Nichts, das sie sieht, und das ist ein starkes Ergebnis. Manchmal handelt es sich um eine schwarze, angstbesetzte Höhle, dann kommt von irgendwo Licht herein. Das geschieht oft deswegen, weil ich ihr klargemacht habe, dass sie die Herrin in ihrem Haus ist und sie bestimmen kann, wie es in ihr ausschaut. Dieser Denkansatz ist hilfreich für uns alle, besonders auch für Menschen, über die mit Gewalt verfügt worden ist.
    Zunehmend ordnet sich der Raum, zunehmend wird der Körper warm und aus Panik und Hass wächst Vertrauen. Es entstehen konkrete Bilder, die in einer Aufstellung zur Sprache gebracht werden könnten. Der Unterbauch wird zum Aufstellungsraum, in dem Klärung geschieht. Undeutliche Schatten weichen warmen Farben und Formen. Häufig entsteht die Gestalt eines leuchtenden Eis am Grund des Beckeninnenraumes, als wäre das ein archetypisches Symbol weiblicher Heilung. In diesem Ei tragen sich diese Frauen selbst aus, hinein in eine neue Lebensphase. Der geschilderte Prozess kann sich über mehrere Sitzungen hinziehen und der Transfer in den Lebensalltag der Frauen kann Monate dauern.
    Variante 2: Zell-Arbeit
    Eine weitere Art des Vorgesprächs macht dann Sinn, wenn der körperliche Schmerz im Bewusstsein der Klientin so sehr im Vordergrund steht, dass der vorbereitende Dialog eher vom Thema weg als zu ihm hin führen würde.
    In solchen Fällen bitte ich meine Klientin sehr rasch, sich bequem hinzusetzen, die Augen zu schließen, sich von ihrem
Atem bewegen zu lassen und sich schließlich in ihrem AusAtem der schmerzenden Stelle ihres Körpers zu nähern. In Anlehnung an eine Heilweise aus dem Buch »The Journey« von Brandon Bays bitte ich sie, mit ihrem Bewusstsein in die Zellen ihres schmerzenden Organs einzudringen, bis sie mitten im Organ