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Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Titel: Verzeihung, sind Sie mein Koerper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christl Lieben
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ankommt. Das ist ein Vorgang, der manchmal ganz leicht, manchmal langsam und stockend bewältigt wird, je nachdem, ob das Organ angstbesetzt ist oder nicht. Eine Entzündung im Fußgelenk wird weniger Angst machen als eine Geschwulst in der Niere. Wenn meine Klientin innerhalb des erkrankten Bereichs angekommen ist, fordere ich sie auf, sich dort niederzulassen und ihr inneres Wissen darum zu bitten, ihr die Bilder aus ihrem Leben zu zeigen, die mit der Erkrankung zu tun haben könnten. Diese Bilder tauchen ziemlich verlässlich auf, wie sehr sie sich tatsächlich auf das Symptom beziehen, ist dabei irrelevant. In einem inneren Dialog mit den Personen dieser Bilder klärt meine Klientin Konflikte und spricht vielleicht bisher Ungesagtes aus.
    Wenn Frieden in dem erkrankten Körperteil einkehrt, bitte ich meine Klientin, mit ihrer Aufmerksamkeit zu mir in den Praxisraum zurückzukehren. Auch bei dieser Variante des Vorgesprächs ersetzt die Ouvertüre die Oper, eine Aufstellung außerhalb des Körpers kann, muss aber nicht mehr folgen. Manchmal geschieht Heilung, oft Besserung und häufig ändert sich körperlich gar nichts nach so einer Sitzung. Immer aber werden Zusammenhänge klar und alte Geschichten beschweren weniger.
    Variante 3: Stimm-Arbeit
    Eine letzte Art des ungewöhnlichen Vorgesprächs ist eine, die mich selbst sehr berührt, weil sie mir die Art, wie Menschen ihr Menschsein leben, ganz nahe bringt. Manche Klienten finden für sich und ihre Situation keine Sprache – entweder weil
sie es nie gelernt haben oder weil sie unter Schock stehen, der ihnen die Sprache verschlagen hat.
    Das stellt sich sehr rasch heraus. In so einem Fall setze ich mich neben meine Klientin, wir sitzen Schulter an Schulter und schauen in die gleiche Richtung. Nun arbeite ich mit der Methode der Osteophonie nach François Louche. Zuerst schweigen wir beide, dann beginne ich ganz sanft zu summen. Dieses Summen hüllt uns in einen weichen Schutzmantel. Jetzt bitte ich meine Klientin, einen Ton hervorzubringen, der in diesem Augenblick aus ihrer Kehle möchte. Das ist meist ein krächzender, bröckelnder Ton oder die verzweifelte Stimme eines Kleinkindes. Als Nächstes bitte ich sie, fortzufahren, während ich in meinem Summen eine Tonlage suche, die der ihren am nächsten kommt. Sie ist also nicht allein mit ihrer Stimme. Dann bitte ich sie, mir zu sagen, zu welcher Region ihres Körpers diese Töne gehören könnten. Sie findet diese Region sofort. Ich bitte sie, mit ihren Klängen dort zu verweilen, und begleite sie weiter mit meiner summenden Stimme. Irgendwann öffnet sich die Klientin dann, indem sie schluchzt oder etwas sagt. Damit ist unser Vorgespräch zu Ende. Zu einer Aufstellung im Außenraum wird es wahrscheinlich nie kommen, aber wir bewegen uns gemeinsam durch ihre Innenräume, in denen ihre klingende Botschaft auf uns wartet. Meine Erfahrung mit dieser Art des »Vorgesprächs« ist eine gute. Meistens ist es der Klientin in der nächsten Sitzung bereits möglich, für das, was sie erlebt hat, Worte zu finden. (CL)

Aufstellungsbeispiele aus der Praxis
    1. Von CHRISTL LIEBEN
    Die Büchertische auf den Tagungen biegen sich und jährlich wird es mehr. Ein Buch über Aufstellungen jagt das andere und aus jedem Buch fließen sie heraus: liebevoll genaue Schilderungen gelungener Aufstellungen. Alles sehr hilfreich und irgendwann sehr langweilig. Was soll ich jetzt machen? Der Satz meines Freundes Otto Zykan, den ich meiner Einleitung vorangesetzt habe, fällt mir wieder ein: »Den Haufen von längst Gedachtem trotzig schwängern mit eig’nem Trachten.« Und jetzt werde ich genau das machen, was ich gerade noch verteufelt habe. Ich werde Ihnen einige weitgehend gelungene Aufstellungsbeispiele schildern. Die Beispiele, die ich ausgewählt habe, tragen einen Lerneffekt in sich. Deswegen sind sie hier brauchbar.
    Das Kind mit dem Gehirnödem
    Frau A. schilderte in der Gruppe das Thema ihres einzigen Kindes, ihrer 16-jährigen Tochter, die seit dem Kleinkindalter ein Ödem im Gehirn hatte. Das Ödem löste schwere Krampfanfälle aus und schien sich allen ärztlichen Behandlungen zu widersetzen. Das Kind war dadurch so eingeschränkt, dass es nur wenig nach außen kommunizierte und eine Sonderschule besuchen musste. Frau A. hatte sich sehr früh von ihrem Mann getrennt und lebte nun mit einem

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