Verzeihung, sind Sie mein Koerper
damit an die Arbeit zu gehen. Das innere Wissen unserer Klienten stellt verborgene
Tatsachen in den Raum. Wir würden diese Botschaften durch weiteres Fragen verwässern.
Scheinbare Spontanheilungen bleiben scheinbar, wenn nicht das ganze innere Umfeld des Themas zur Sprache gekommen ist. Und das war hier der Fall. Wir waren alle begeistert von dem HeiÃhunger von Frau C., und die Verabschiedung ihres Partners schien wirksam vollzogen zu sein. In tiefen Schichten aber sitzt wahrscheinlich noch ein früheres Thema, das sich zu melden beginnt und nach geduldiger Begleitung verlangt.
Der Knabe mit dem Messer
Eine junge Frau erzählte in einer Abendgruppe von ihrem Bruder, der vor zwölf Jahren, da war er 16 Jahre alt, versucht hatte, seine Mutter in der Küche zu erstechen â ohne ersichtlichen Anlass. Seit damals sitzt dieser arme Mensch in einer geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie, von schweren Drogen niedergehalten. Sein Arzt hatte immer wieder versucht, die Dosis der Medikation zu verringern, aber es gelang nicht. Der Junge, inzwischen ein junger Mann von 28 Jahren, begann zu rasen, sobald er klarer wurde.
Ich fragte nach Erbanlagen in der Familie oder Gewaltakten, Kriegserlebnissen etc. Frau D. verneinte alles.
Ein Kind versucht seine Mutter umzubringen. Selbst wenn das Gemüt dieses Jungen verstört ist, so scheint es sich hier mehr um ein Familienthema als ein Körperthema zu handeln.
Daher lieà ich Folgendes aufstellen:
â Frau D.
â ihren Bruder,
â den Geisteszustand des Bruders,
â die Eltern,
â den Familienhintergrund der Mutter,
â den Familienhintergrund des Vaters.
Wenn ich herausfinden will, in welche Ahnenreihe das Thema gehören könnte, lasse ich zunächst nur den Familienhintergrund in einer Person aufstellen und fächere erst auf, wenn ich fündig geworden bin.
Wir wurden schnell fündig. Der Geisteszustand bekam sofort Kontakt mit dem Familienhintergrund der Mutter. Also lieà ich die Eltern der Mutter dazustellen. Dort etablierte sich ein Grauen, das den ganzen Raum erfüllte. Das Grauen ging nicht von den GroÃeltern aus, aber sie spürten eine fehlende Gestalt. Als diese Gestalt hinzugestellt wurde, nahm das Grauen etwas ab, wie so oft, wenn ein unbestimmtes, bedrohliches Gefühl konkret wird. Dem Drama in seiner Gestalt zu begegnen, ist immer leichter, als es nicht orten, nicht kontaktieren, nur ahnen zu können. Diese neue Repräsentanz entpuppte sich als eine bös verhärtete Männergestalt und schlieÃlich als jemand, der zur GroÃmutter mütterlicherseits einen starken Bezug hatte. Im weiteren Geschehen wirkte es so, als hätte dieser Mann jemanden umgebracht, mit seinen eigenen Händen umgebracht. Die anderen Repräsentanten begannen ihm eine Art Spitznamen zu geben. Mir selbst wurde immer mulmiger zumute, denn es war mir unendlich peinlich, dass sich hier unter meiner Begleitung ein Melodrama entwickelte, das meine Klientin sehr bestürzt und ratlos mitverfolgte. Ich begann mich zu fragen, ob ich für meinen Beruf noch geeignet war oder in meiner Jugend zu viel Kriminalromane gelesen hatte. Aber es blieb mir nichts anderes übrig, als der Systementwicklung weiter zu folgen, denn an dieser Stelle abzubrechen, wäre unverantwortlich gewesen.
Der »Mörder« war hasserfüllt und lehnte jede »Hilfe« ab. Ich bot ihm mein üblicherweise wirksames Heilmittel an, das
liebende, heilende Licht des Universums, aber er wurde nur noch verschlossener und böser. Folgende Erkenntnis lässt sich daraus schlussfolgern:
Es gibt offenbar innere Zustände des Menschen, für die das Licht »zu früh« angeboten wird. Es macht Angst. Das Bewusstsein der eigenen Schuld trennt diesen Menschen von der ganzen Welt und am meisten von sich selbst. Die Schuldverzweiflung im eigenen Inneren zu berühren, wäre unvorstellbar schmerzhaft. Das Licht wird in diesem Moment zur Gefahr, es könnte diesen Schmerz erreichen. »Der Teufel scheut das Weihwasser«, lautet ein alter Volksspruch.
Der arme Repräsentant. Ich arbeitete geschlagene vier Stunden mit ihm. Die Repräsentanten des gestellten Systems durften währenddessen an den jeweiligen Plätzen sitzen. An diesem Abend lernte ich, dass es für Menschen, die sich schuldig gemacht haben, nur eine »Erlösung« gibt: sich selbst zu vergeben . Das Licht blieb in unserer Nähe, während ich mit
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