Verzeihung, sind Sie mein Koerper
Behandlungen und Kuren gemacht â mit wechselndem Erfolg. Jedenfalls kam das Symptom immer wieder zurück. Sie trägt nur Kleidung mit langen Ãrmeln, will nicht mehr Tennis spielen, was früher eine groÃe Leidenschaft war, und zeigt sich kaum jemandem im Badeanzug. Sie schämt sich für ihr Symptom. Frau N. kommt zur Einzeltherapie, daher stellen wir mit Stühlen auf. Ich schlage ihr vor, dass sie selbst in die unterschiedlichen Rollen schlüpft bzw. dass ich gegebenenfalls einspringe.
Im Vorgespräch sagt Frau N., sie wäre schon froh, wenn sie verstehen würde, welche Hinweise ihr das Symptom geben wolle. Sie erzählt von einer selbstmordgefährdeten Mutter, auf die sie schon als Kind »aufgepasst« hätte, von der Halbschwester der Mutter, mit der es keinen Kontakt gäbe, und von einem Halbbruder, mit dem sie ebenfalls keinen Kontakt habe. Beide
â die Tante und der Bruder â werden »als Schande der Familie« betrachtet, daher wird auch nicht über sie gesprochen. Wir stellen auf:
â Frau N.s Ich,
â Frau N.s Selbst,
â »mein Ãdem«,
â später kommt noch hinzu: »Das, was noch gefehlt hat«, welches sich in die Tante verwandelt.
Das Ich und »mein Ãdem« stehen nebeneinander wie Geschwister. Sie schauen sich freundlich an. Das Selbst steht ihnen gegenüber und ist wohlwollend gesinnt. In der Rolle des Ich sagt Frau N. lachend mit Blick auf »mein Ãdem«: »Wir zwei!« Dann erzählt sie, dass sie noch eine Zwillingsschwester gehabt hätte, die aber vor der Geburt gestorben wäre. Deshalb wäre sie durch Kaiserschnitt zur Welt gekommen.
Dieses »Wir zwei« zieht sich durch die ganze Aufstellung.
Einmal gilt es Frau N. und ihrer Zwillingsschwester, dann der Mutter und ihrer in die Aufstellung dazugeholten Schwester, dann wieder Frau N. und ihrem Bruder â einmal auch ihren beiden Armen â und ganz zuletzt dem Ich und dem Selbst. Das Selbst hat während des ganzen Aufstellungsverlaufs immer wieder auf ausgeschlossene Elemente oder Personen hingewiesen, die sich mehrmals zu Paaren gruppierten.
Aus dem Verlauf ergaben sich anschlieÃend folgende Vorschläge für rituelle Handlungen:
Frau N. würde am Grab der Mutter beim nächsten Besuch auch eine zweite Kerze für die Tante entzünden.
Sie würde beim Joggen und beim Skilanglauf sowie bei ihrer Physiotherapie das Zitat »Wir zwei« einbauen und dabei die Qualität der unterschiedlichen Bedeutungen dieser beiden Worte einfach wirken lassen â eine Art Meditation in der Bewegung.
Insbesondere sollte sie immer wieder einmal die Hände über Kreuz auf die Schultergelenke legen, kurz innehalten, mit den Händen die Arme entlangstreifen und mit der Bewegung »Wir zwei!« sagen.
Etwa eineinhalb Jahre später treffe ich Frau N. wieder. Sie berichtet, dass nach der letzten Aufstellung der Arm wesentlich besser geworden sei, in den letzten Wochen habe sie sich jedoch groÃe Sorgen um ihre Tochter gemacht, da sei das Symptom wieder stärker aufgetreten.
Ich schlage eine weitere Aufstellung vor. Frau N. will sich wieder melden.
»Nicht abschalten können«
Frau M. berichtet am Telefon von Schlafstörungen, die sie seit Jahren verfolgen. Erst einige Wochen später kann ich ihr einen Termin anbieten. Als sie kommt, berichtet sie von einer deutlichen Besserung, seitdem wir den Termin ausgemacht haben, obwohl noch keine Therapiestunde stattgefunden hat. Im Laufe des Vorgesprächs fallen folgende Ausdrücke für das, was sie quält:
â Schlaflosigkeit,
â Nervosität,
â nicht abschalten können,
â aufgeregt sein,
â im Kreis gehen,
â »Zappelphilipp-Syndrom«.
Bei den ersten fünf Symptombeschreibungen zeigt sich Frau M. mit gerunzelten Brauen, sichtbar leidend, beschwert, unangenehm berührt. Der Ausdruck »Zappelphilipp« gefällt ihr sichtlich, sie lacht, das Gesicht entspannt sich, ihre Stimme
wird ruhiger und tiefer. Sie schildert ausführlich, wie sich dieses Syndrom im Alltag auswirkt. Letztendlich entscheidet sie sich aber doch für das »Nicht-abschalten-Können«. Wir stellen auf:
â Frau M.s Fokus,
â »das Nicht-abschalten-Können«,
â die Botschaft des Symptoms,
â »das, was hilft«.
Fokus, Botschaft und »das, was hilft« stehen wie eine Triade eng beieinander und schauen sich
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