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Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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eiskalten Bach. Ich kam nur heil wieder heraus, weil sich im letzten Moment ein dicker Ast unter meine Arme geschoben hatte, an dem ich mich festhalten konnte. Anschließend hatte ich Wasser gespuckt, und zwar nicht zu knapp.
    »Außerdem hätte Kelly im Becken stehen können, wenn sie mal ihre Beine ausgestreckt hätte. Lang genug sind die ja«, verteidigte ich mich und stellte fest, dass ich wirklich eifersüchtig klang. Eifersüchtig und uneinsichtig. »Ich entschuldige mich bei ihr, okay? Und ich bin nicht in Seppo verknallt.«
    Herr Rübsam schüttelte den Kopf, ohne aufzusehen. Dann brummelte er etwas, was so klang wie »Sie wird mich töten«, und ich war mir sicher, dass er damit meine Mutter meinte. Über die wollte ich jetzt aber nicht reden.
    Sofie zupfte bedeutsam an meinem Ärmel, und ehe ich verstehen konnte, was sie mir damit sagen wollte, stand Seppo neben uns. Zu meiner Erleichterung lauerte ein Schmunzeln in seinen Mundwinkeln. Na, er hatte ja auch gut lachen. Er war nun Kellys großer Held und Lebensretter.
    »He, Katz, was ist denn in dich gefahren? Warum schreist du mich so an? Und wieso hast du Kelly …?«
    »A: Ich habe nicht gewusst, dass Kelly nicht schwimmen kann. Stand ja nicht auf ihrem Bikini, oder?«, unterbrach ich ihn giftig. »B: Ich hab nicht dich angeschrien, sondern …« Ich stockte. Ich hatte keine Ahnung, was Punkt C sein sollte (und eine Aufzählung ohne C war lächerlich), aber noch weniger wusste ich, wie ich meinen Kopf aus der Schlinge ziehen konnte. Denn wen sollte ich statt Seppo gemeint haben mit »Hau ab«? Niemand hatte mir einen Grund gegeben, derart sauer zu werden. Jedenfalls niemand, den man sehen konnte. Doch Herr Rübsam kam mir zuvor – wahrscheinlich weil Seppo Anstalten machte, mir besänftigend über die Wange zu streichen.
    »Gut, fassen wir zusammen. Luzie wusste nicht, dass Kelly nicht schwimmen kann, es ist nichts passiert, Kelly ist wohlauf und ich werde ausnahmsweise ein Auge zudrücken. Giuseppe, kannst du bitte Elvira, äh, Frau Dangel und Kelly bitten, in den Gemeinschaftsraum zu kommen? Wir wollen den morgigen Tag besprechen. Und du, Luzie …« Herr Rübsam versuchte, mich drohend anzublicken, doch er sah allenfalls zerknirscht aus. »Du hältst dich für den Rest der Klassenfahrt am besten an Sofie. Sofie, kümmerst du dich um Luzie?«
    Sofie nickte begeistert. »Kein Problem. Mach ich gerne.« Ich glaubte ihr das aufs Wort.
    »Musstest du gleich alles ausplaudern?«, fragte ich sie vorwurfsvoll, als Herr Rübsam und Seppo uns allein gelassen hatten. »Ich bin doch gar nicht mehr – ach, ich weiß nicht.« Ich stampfte genervt mit dem Fuß auf. Lena und Steffi liefen flüsternd an uns vorüber und bedachten Sofie mit einem mitleidigen Blick. Wahrscheinlich ging es um mich. Arme, arme Sofie – jetzt musste sie sich auch noch mit der bekloppten Luzie abgeben.
    »Ach, komm, Luzie, es reden doch sowieso schon alle darüber. Natürlich warst du eifersüchtig, weil Seppo Kelly so angestrahlt hat. Das hat doch ein Blinder gesehen.«
    Ich gab auf. Vielleicht war es besser, für eifersüchtig als für verrückt gehalten zu werden. Und die ganze Situation war so kompliziert, dass mir nicht einmal gute Lügen einfielen. Zu gerne hätte ich Sofie erzählt, dass ein nackter Junge durch den Pool geschwommen war und ich ihn hatte vertreiben wollen. Jeder hätte das verstanden. Aber nun redete alle Welt davon, dass ich in Seppo verliebt und eifersüchtig war. Für einen Moment lang wünschte ich, Frau Dangel hätte sich durchgesetzt und ich würde schon im Bus nach Hause sitzen.
    Leander hatte ich seit unserem Gespräch im Wald nicht mehr gesehen. Vielleicht dachte er ja darüber nach, was Schamgefühl war. Schaden würde es ihm nicht.
    Beim Abendessen im Burgkeller herrschte eine spürbar aufgeputschte Stimmung. Etliche kleine Grüppchen tuschelten und kicherten miteinander, einige Mädchen bekamen Lachanfälle, dann wieder war es für ein paar Sekunden unnatürlich ruhig. Bestimmt alles meinetwegen.
    Ich war fast ebenso still wie Serdan und schaufelte stumm die belegten Brote in mich hinein. Seppo saß mit Kelly und den Lehrern am anderen Ende des Tisches, was Herrn Rübsam aber nicht wesentlich zu beruhigen schien. Seine Augen klebten unaufhörlich an mir.
    Ich entspannte mich erst, als wir im Gemeinschaftsraum zusammenkamen, Herr Rübsam die Teelichter angezündet und die Deckenlampe ausgeschaltet hatte. Zum ersten Mal während meiner Schulzeit war ich

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