Viel Trubel um Sam
nicht aufpasste, wenn er nicht einen Schutzwall um sich aufbaute, der höher war als die Chinesische Mauer, dann würde er sich womöglich in Edie Preston verlieben.
Und ausgerechnet das durfte einem Mann wie ihm nicht passieren, einem Mann, der sein ganzes Leben damit verbrachte zu beweisen, dass er viel zu hart war, um sich um so etwas wie Liebe zu kümmern.
Er hatte sie Sweetheart genannt. Mit seiner tiefen, erotischen Stimme. Edie rannte durch das Obergeschoss des Einkaufszentrums und versuchte vergeblich, sich auf etwas anderes als auf Sam und ihren peinlichen Auftritt am Vortag zu konzentrieren. Die ganze Nacht durch hatte sie sich hin- und hergeworfen und über Sam nachgedacht. Ungefähr bei Tagesanbruch hatte sie einen Entschluss gefasst. Sie wollte diese Studie über ihn fortführen. Er war ihr ein Rätsel, und das wollte sie lösen. Wenn es ihr erst einmal gelingen würde, den echten Sam Stevenson zu verstehen, dann konnte sie jedermann verstehen.
Doch wie konnte sie Sam nach dem Fiasko des Vortages noch in die Augen sehen?
Edie krümmte sich innerlich.
Sobald er sie sah, würde er an die in der Dunkelheit leuchtenden Kondome denken. Extragroß. Und wie jeder andere amerikanische Mann auch würde ihn das auf weitere Gedanken bringen, und im Handumdrehen würde er sie sich nackt vorstellen.
Ihr Gesicht brannte.
Mit gesenktem Kopf legte sie an Tempo zu, als könne sie ihrer Dummheit davonlaufen.
Als sie einen Seiteneingang in der Nähe von Carmichael’s erreichte, sah sie aus den Augenwinkeln, dass dort gerade jemand durch die Tür ging. Sie versuchte noch rechtzeitig abzubremsen, aber es war zu spät.
Sie knallte gegen den Rücken eines großen, breitschultrigen Mannes.
“Ganz langsam.”
Ein Arm legte sich um ihre Taille und fing sie auf.
Diese Stimme. Diese Berührung. Dieser einzigartige männliche Geruch.
Das konnte nicht sein. Sie blickte blinzelnd auf.
Doch es war so.
So viel zum Thema Murphy’s Law. So viel zum Thema zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein. So viel zum Thema unberechenbares Schicksal.
Sie war verflucht. Dazu verdammt, sich jedes Mal, wenn er in der Nähe war, lächerlich zu machen.
Sam stand vor ihr. Riesengroß und mindestens doppelt so nett.
Sie stöhnte innerlich auf. Er musste doch sowieso schon glauben, dass sie der größte Tollpatsch der Welt war. Vielleicht gelangte er ja langsam zu der Erkenntnis, dass sie ein medizinisches Problem hatte.
“Edie?”
“Dieser Zusammenstoß tut mir leid”, plapperte sie los.
“Sie sollten den Kopf oben halten, wenn Sie Power-Walking machen.” Er legte einen Finger unter ihr Kinn. Ein Blitz reinster sexueller Energie zuckte durch ihren Körper. “Das könnte so manchen Unfall verhindern.”
“Da… danke”, stammelte sie.
“Sehr gerne.” Als er lächelte, glaubte sie, in seinen blauen Augen zu ertrinken.
“Was machen Sie hier so früh?” Edie schaute auf ihre Uhr. “Der Laden öffnet erst in einer Stunde.”
“Nun …” Sam zögerte und senkte den Blick.
In dieser Sekunde wusste Edie, dass er sie anlügen würde. Ihr rutschte das Herz in die Hose.
“Also, ich treffe jemanden.”
Wäre er Pinocchio, würde seine Nase jetzt gegen ihre Brust stoßen.
“Jemanden?”
“Joe Dawson. Er hat mich gestern Abend nach Hause gefahren. Mein Wagen ist in Reparatur, und zum Dank wollte ich ihm helfen, äh …”
“Ja?” Edie sah, wie er in seinem Gehirn nach einer plausiblen Erklärung suchte. Sein Täuschungsmanöver bestürzte sie.
Warum Sam, warum?
“Seine Steuererklärung zu machen.”
“Joe ist Buchhalter”, erwiderte sie.
Ein verzweifelter Ausdruck lag auf seinem Gesicht. “Also, das weiß ich, aber ich habe eine Idee, wie er sein Geld anlegen kann, um Steuern zu sparen.”
“Sie brauchen mich nicht anzulügen, Sam”, meinte sie sanft. “Sagen Sie doch einfach, dass es mich nichts angeht.”
“Edie …” Er wollte sie berühren, doch sie trat einen Schritt zurück.
“Ist schon gut. Aus welchem Grund auch immer Sie Autos klauen und lügen, ich verurteile Sie nicht. Ich würde nur zu gerne wissen, warum Sie Dinge tun müssen, die Ihnen schaden.”
“Tut mir leid”, antwortete er. “Sie haben recht. Es gibt gewisse Dinge, die ich Ihnen nicht erklären kann.”
“Mir schulden Sie auch keine Erklärung. Aber sich selbst, Sam. Sie sollten Ihr Verhalten hinterfragen.”
“Ich bin nicht das, was ich zu sein scheine.”
“Stimmt”, entgegnete sie. “Das sind Sie
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