Viel Trubel um Sam
stellten sie fest, dass die Kameras für fünfundzwanzig Minuten ausgestellt worden waren.”
“Nicht möglich!”
“Wissen Sie etwas darüber?”
“Nicht wirklich”, wand er sich. Er war es schließlich nicht gewesen, der die Kameras ausgestellt hatte.
“Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen, Stevenson?”
“Ich habe alles unter Kontrolle, Chief.”
“Tatsächlich? Ist Ihnen eigentlich klar, dass bei Carmichael’s mehr geklaut wird als vorher?”
“Sie müssen mir glauben, dass ich alles im Griff habe.” Sam kratzte sich am Kinn und gähnte.
“Was haben Sie als Nächstes vor?”
“Ob Sie’s glauben oder nicht, ich werde Samstagabend mit drei Jungs in einen Striptease-Club gehen. Ich vermute, dass die drei etwas mit den Diebstählen zu tun haben. Harry Coomer war nach der Ausgangssperre noch auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums.” Er hatte auch Bedenken, was Kyle Spencer betraf, doch das konnte er seinem Chef nicht erzählen, ohne zu verraten, dass er Jules und Edie im Kaufhaus ertappt hatte. Und das wollte er noch nicht tun.
“Das sollte besser strikt beruflich sein, Stevenson.”
“Ist es auch. Ich stehe nicht so auf Striptease.” Es sei denn, Edie würde sich für ihn entkleiden.
“Ich mache mir Sorgen um Sie.” Die Stimme seines Chefs hatte plötzlich einen anderen Klang angenommen.
“Um mich, Sir? Wieso denn das?”
“Dieser Einsatz sollte Ihnen dabei helfen, sich wieder ganz auf Ihren Job zu konzentrieren. Doch stattdessen scheinen Sie mir ziemlich abgelenkt.”
“Ich bin nicht abgelenkt”, behauptete Sam.
“Lösen Sie einfach diesen Fall. Und bitte tun Sie das, bevor noch mehr gestohlen wird.” Und dann hängte Chief Timmons ein, ohne sich verabschiedet zu haben.
Fallstudie – Sam Stevenson
Beobachtung vom 10. Dezember
Proband wurde gestern beim Tragen einer Waffe erwischt. Aus welchem Grund er das tut, ist unbekannt. Heute benimmt sich Proband so heiter wie immer, wenn er mit Kindern zu tun hat. Eine Erklärung für sein Auftauchen im Kaufhaus nach Geschäftsschluss am 9. Dezember gibt er nicht ab. Die Tatsache, dass exakt zu dieser Zeit weitere Waren gestohlen wurden, stellt die Beobachterin vor die Frage, ob Proband darin verwickelt sein könnte.
Edie hielt inne und starrte an die Wand. Sie verbrachte ihre Mittagspause im Aufenthaltsraum der Mitarbeiter, um ihre Notizen auf den neuesten Stand zu bringen. Was noch konnte sie über Sam schreiben?
Er war ihr nach wie vor ein Rätsel.
Er war nett, gut aussehend, gutmütig, verständnisvoll.
Auf der anderen Seite klaute er Autos und trug eine Waffe bei sich. Und womöglich war er für die Diebstähle im Kaufhaus verantwortlich.
Sie musste mehr über ihn herausfinden. Über sein Privatleben. Darüber, wer seine Eltern waren. Wie er aufgewachsen war. Und wer war überhaupt Tante Polly?
Vererbung und Erziehung. Das waren die Schlüssel zu seinem Verhalten. Sie würde die Antworten in Sams Vergangenheit finden.
Aber wie sollte ihr das gelingen, ohne ihn ganz direkt auszufragen?
Gab es einen besseren Weg, als sich mit ihm zu verabreden? Bei einem ersten Date erzählte man sich doch diese ganzen Geschichten.
Allerdings hatte sie ein wenig Angst davor, nachdem sie nun mehrfach festgestellt hatte, wie wenig Kontrolle sie in seiner Gegenwart über ihre Gefühlswelt hatte. Selbst neben ihm im Kaufhaus zu arbeiten war eine Qual. Bei einem Date würde er bestimmt davon ausgehen, dass es noch mehr Küsse gab. Küsse jedoch würden nur noch mehr Probleme schaffen. Bevor sie also diese Strategie weiterverfolgen konnte, musste sie sicher sein, dass sie gegen jede sexuelle Annäherung gefeit war.
Würde Dr. Braddick ein Rendezvous mit Sam gutheißen, wenn es die einzige Möglichkeit war, konkretere Informationen zu erlangen?
Edie spielte mit einer Haarsträhne, drehte sie um den Zeigefinger und versuchte, einen Entschluss zu fassen. Sie begann zu schreiben.
Problem: Information beschaffen, ohne dass es auffällt.
Lösung: Proband in zwangloser Atmosphäre treffen.
Arbeitsplan: Proband um ein Date bitten.
Drei Tage später, am Samstagnachmittag, hatte Edie endlich genug Mut gesammelt, um Sam um ein Date zu bitten. Noch nie zuvor hatte sie so etwas getan. Und es war noch viel schwieriger, als sie es sich vorgestellt hatte. Ihre Handflächen waren so feucht, dass sie sie an ihrem Hosenbein abwischen musste.
Den ganzen Tag über hatte sie ihm verstohlene Blicke zugeworfen. Er sah so freundlich in seinem
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