Viel zu lange her
siehst schrecklich aus. Was ist geschehen?”
Tessa zuckte beim schrillen Klang der Stimme ihrer Mutter zusammen. Isaacs Gesicht war maskenhaft starr. Bei seinem Anblick brachte sie kein Wort hervor. Endlich holte ihr Vater sie keuchend ein.
„Rosalind, meine Liebe, ich fürchte …”, begann er und wandte sich nervös an Isaac. „Wenn es dir nichts ausmacht …”, sagte er und deutete zur Tür.
„Ja, sicher, ich gehe schon”, erwiderte Isaac unsicher. „Ich kümmere mich um Lydia und sehe euch in der Kirche.” Er betrachtete sie beide noch einmal verstört, vor allem Tessa im Unterkleid und mit dem geröteten Gesicht und der verlaufenen Schminke. „Bis später”, sagte er leise und wandte sich ab.
Nur mit äußerster Anstrengung hielt sie sich davon zurück, ihm nachzulaufen. Sie schluchzte noch einmal, als er den Raum verließ.
„Rosalind, meine Liebe”, sagte ihr Vater, „ich fürchte, wir haben ein kleines Problem.”
„Ein Problem?” rief Rosalind, wurde blass und schlug die Hände vors Gesicht. „Natürlich gibt es kein Problem! Alles ist perfekt organisiert. Die Hochzeit läuft mit der Präzision eines Uhrwerks.” Sie betrachtete Tessas Gesicht. „Was hast du da bloß gemacht?” rief sie und wandte sich wieder an ihren Mann. „Wieso sollte es ein Problem geben?”
Tessa holte tief Atem. „Es ist meine Schuld, Mum. Es … es tut mir schrecklich Leid, aber ich kann nicht heiraten.”
Rosalind rang nach Luft.
Tessas Vater räusperte sich. „Rosalind, es hat sich einiges ergeben. Ich weiß, dass jetzt ein sehr ungünstiger Zeitpunkt ist, aber wir hätten es Tessa schon längst sagen sollen.”
„Um Himmels willen!” rief Rosalind und stieß ihren Mann beiseite. „Hast du den Verstand verloren? Wir haben keine Zeit, um in der Vergangenheit herumzuwühlen. Der Fotograf kommt jeden Moment. Dann muss Tessa fertig sein!”
Sie trat auf ihre Tochter zu und blieb stehen, als sie plötzlich in voller Tragweite begriff, was sie gesagt hatte. Verstört betrachtete sie Tessas zitternde Schultern und das gerötete, vom Weinen verquollene Gesicht.
Rosalind wollte etwas sagen, brachte jedoch kein Wort hervor, fasste sich hilflos an den Kopf und rang nach Atem. „Du meinst es ernst?” fragte sie schließlich.
John Morrow legte seiner Frau tröstend den Arm um die Schultern und betrachtete sie mitfühlend.
„Ja, ich meine es ernst, Mum”, sagte Tessa so leise, dass sie es selbst kaum hörte. „Ich kann Paul nicht heiraten.”
„Oh!” Rosalind lehnte sich an den Küchentisch. „Bist du absolut sicher?”
„Ja, Mum, ich bin sicher. Es tut mir Leid, dass ich es dir erst so spät sage. Wenn Isaac nicht zurückgekommen wäre …”
Rosalind schüttelte den Kopf.
„Komm ins Wohnzimmer, meine Liebe”, schlug ihr Mann vor. „Du musst dich setzen.”
„Nein”, erwiderte Rosalind überraschend. „Nein, es ist schon in Ordnung. Mir geht es gut!” Sie streckte die Arme nach Tessa aus, die ihrer Mutter an die Brust sank. „Ach, mein armes Kind!
Was habe ich dir angetan!”
„Du, Mum?” rief Tessa weinend. „Du hast gar nichts getan. Es liegt an mir. Ich hätte nie zustimmen dürfen, Paul zu heiraten. Ich wusste, dass ich Isaac noch immer liebe. Und … und nur, weil er mich nicht liebt… das bedeutet nicht, dass ich mir einen anderen suchen sollte.”
„Nein, Tessa”, beteuerte Rosalind beruhigend, „nein, du lieber Himmel, es ist meine Schuld.”
Tessa löste sich von ihrer Mutter und sah sie verunsichert an.
Rosalind strich sich durch das sorgfältig gestylte Haar, holte tief Luft und blickte zur Zimmerdecke. „Ich hätte dir scho n längst etwas erzählen sollen. Etwas, das ich vor langer Zeit getan habe.” Sie stockte. „Ich würde es gern genau erklären, aber dafür haben wir jetzt keine Zeit.
Wir müssen praktisch denken. Es gibt so viel zu tun - der Partyservice, die Fotografen … Lieber Himmel, es gibt eine Katastrophe, wenn wir das alles abblasen.”
Alice wagte sich zögernd in die Küche. „Kann ich vielleicht bei den Absagen helfen?” bot sie an.
„Ja, schon möglich”, stimmte John Morrow zu und führte seine Frau zu einem Stuhl.
„Ich helfe gern”, erwiderte Alice. „Geben Sie mir die Telefonnummern, und ich kümmere mich um alles. Ich kann sehr charmant sein, wenn ich will, und ich kann am Telefon wahre Wunder vollbringen.”
„John, mein Notizbuch liegt auf meinem Schreibtisch. Zeigst du es Alice? Danke.”
„Ja,
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