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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Jacquina?«
    »Das Mädchen aus der Taberna Bonillo?«
    »Ja. Sie ist Sekretärin in der Akademie.«
    »Ach so. Sie wartet hinten. Wollen Sie sie sehen?«
    »Ach bitte ja, Herr Doktor.« Juan hob beide Arme.
    »Aber nicht sprechen – nur sehen. Morgen können Sie sie auch eine Stunde hier haben … heute sind Sie noch zu schwach. – Einverstanden?«
    »Ich muß ja, Herr Doktor.« Juan lächelte schwach, aber es war Dankbarkeit in diesem Lächeln, die den Oberarzt ergriff. Schnell erhob er sich und winkte an der Tür der Schwester. Der Assistenzarzt, der mit ihr sprach, eilte den Gang entlang, der Pförtnerloge entgegen.
    Aber Juan sah Jacquina nicht, als sie ins Zimmer starrte und dann ohnmächtig in die Arme des Assistenten sank. Ein neuer Schwächeanfall ließ die Dinge der Umwelt wieder in einen Schleier versinken. Er hörte wohl das Klappen der Tür, er sah einige Personen im Zimmer stehen … aber er erkannte sie nicht. Er sah die Bewegungen, er hörte die Stimmen … aber wie hinter Milchglas, verschwommen und fern, war die Welt für ihn, und es war ihm so leicht und wohl, daß er die Augen schloß und einschlief.
    Der Oberarzt spritzte ihm noch ein Herzmittel in die Armvene, dann verließ er das Zimmer.
    »Er schläft sich ein wenig stark«, sagte er draußen auf dem Gang zur Schwester. »Wenn er erwacht, rufen Sie mich bitte. Wir können ihn nicht hierbehalten. Wenn er stark genug ist, kann er seine Sachen bekommen und entlassen werden. Das andere regelt der Herr Professor.«
    Dann ging er auf sein Zimmer und trank erregt einige starke Kognaks. Er hatte einen scheußlichen Geschmack im Mund – den Geschmack der Lüge aus Hilflosigkeit …
    Ramirez Tortosa war erstaunt, als ihm am Morgen der Besuch des Professors der städtischen Klinik Toledo gemeldet wurde. Er befand sich nicht in bester Laune, denn Prof. Yehno hatte ihm vor einer halben Stunde mitgeteilt, daß der Wunderschüler Juan Torrico nicht zur Stunde gekommen sei. Eine Nachfrage bei Frau Sabinar ergab, daß Juan auch nicht nach einem Abendspaziergang nach Hause ge kommen war, und Frau Sabinar saß nun seit dem frühen Morgen weinend und laut jammernd in ihrem Salon und rief alle Heiligen an, für ihre Unschuld zu zeugen. Sie beteuerte immer wieder, daß sie alles getan habe, um dem Señor Torrico das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten, und daß es ihr unerklärlich wäre, daß schon am zweiten Tag solche Dinge in ihrer Umgebung geschähen.
    Tortosa dachte in seinem Zorn nicht an Jacquina, deren Fehlen man ihm ebenfalls gemeldet hatte. Der Gedanke, ihr Fernbleiben mit Juan in Verbindung zu bringen, kam ihm nicht, weil er zu absurd war, um überhaupt gedacht zu werden.
    Um so erstaunter war er nun, daß der Professor ihn zu sprechen bat, und ein eisiger Schreck durchzuckte ihn. War Juan etwas zugestoßen? Hatte die Stadt gleich am zweiten Tag den kleinen Bauernburschen aufgesaugt?! Tortosa rang die Hände und ließ den Professor zu sich bitten.
    Als der kleine, alte Herr eintrat, stürzte ihm Tortosa entgegen und rief: »Ist etwas mit Juan?« Und als er das betretene Schweigen sah, schrie er: »Bitte, reden Sie, Herr Professor! Juan Torrico ist die größte Hoffnung Spaniens …«

»Sie war es«, sagte der Professor leise.
    »Nein!« Tortosa schrie auf und stürzte hinter seinem Schreibtisch auf den Stuhl. »Er … er ist … tot?« stammelte er fassungslos.
    »Das nicht.« Der Professor setzte sich und faltete die Hände über seinem Hut. »Bitte lassen Sie mich erklären. Señor Torrico wurde gestern Nacht gegen elf Uhr bei uns eingeliefert. Erste Diagnose, flüchtig gestellt: Kollaps. Wir untersuchten ihn, stellten Lautveränderungen fest und röntgten ihn.« Der Professor stockte. Dann sagt er mutig: »Die Diagnose: Hoffnungslos! Ein Geschwür in der Wand des Herzbeutels.«
    »Mein Gott … mein Gott …«, stammelte Tortosa. Er vergrub das Gesicht in den Händen. »Mein Gott, warum hast du das getan?« fragte er leise.
    »Darauf wird er Ihnen keine Antwort geben können.« Der Professor drückte vor Erregung seinen Hut ein. »Der Befund ist klar und unanfechtbar. Ich hielt es für meine Pflicht, es Ihnen zu sagen.«
    »Weiß es Juan?« fragte Tortosa schwach.
    »Nein! Das wäre schrecklich.«
    »Wirklich.« Tortosa sah wieder auf. Sein Gesicht war verzerrt, man sah, wie tief ihn diese Mitteilung ergriff und aufwühlte. »Und die Mutter oder sein Bruder?«
    »Bitte, auch nicht. Vielleicht nur Doktor Osura, der Hausarzt. Er sollte es

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