Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)
stolperte. Ich sah, wie mein Geheimbund zusammenzuckte. Dann zog Mr. Mintz die Ärmel von meinem Pullover hoch. Ich hatte keine neuen Ritzen! Hah! Nichts! Hah!
„Du ritzt jetzt bei Anderen, wie?“, schrie Mr. Mintz und gab mir noch eine Ohrfeige.
Woher wusste er das? Ich meine, dass die anderen geritzt waren? Dass ausgerechnet diese 25 Jungs geritzt waren?
„Sag was!“, schrie Mr. Mintz.
Ich bekam noch eine Ohrfeige. Der Geheimbund zuckte jedes Mal mit mir zusammen. Aber ich war stabil. Ich war der Meister des Bundes und würde niemals etwas sagen. Auch wenn man mich dafür in Grund und Boden prügeln würde.
Das tat Mr. Mintz dann auch. Vor allen Leuten! Ich ertrug es. Ich war der Meister! Ich war es gewöhnt.
Als ich am Boden lag, hörte ich noch, wie Mr. Mintz sagte: „Jeder, der sich noch einmal ritzt, bekommt die gleiche Abreibung von mir! Jetzt bringt ihn zu Dr. Grand!“
Ich sagte keinen Ton und ließ mich von meinem Geheimbund zu Dr. Grand bringen.
Ich war das gewohnt.
Mir war nichts weiter passiert. Mr. Mintz prügelte sehr geschickt. Außer ein paar blauen Flecken war ich in Ordnung.
Ich fragte mich, wo Bob die ganze Zeit war. Er konnte Mr. Mintz doch erklären, dass ich so schön für ihn gearbeitet hatte. Aber Bob war weg.
Mr. Mintz kam mich im Zimmer besuchen. Wollte er sich entschuldigen? Das war wirklich nicht die feine Art gewesen. Doch er sagte: „Wenn du noch einmal so etwas anzettelst, schmeiß ich dich raus, klar?!“
Mehr sagte er nicht.
Das hatte mich nicht besonders erschreckt. Mich erschreckte viel mehr, wie Mr. Mintz das herausbekommen hatte.
Jamie, mein zweiter Auserwählte erzählte es mir: „Alle Jungen, die in die Ferien fuhren, mussten sich vorher einer Untersuchung bei Dr. Grand unterziehen. Dabei fand er 11 Geritzte, die einen entsprechenden Bescheid nach Hause bekommen sollten. Daraufhin kam alles raus, und Mr. Mintz ließ alle Jungen außer dir untersuchen. Vorbei!“
Ich fragte: „Wer hat gepetzt?“
„Niemand, Chris, echt! Mr. Mintz hat uns auf den Kopf zugesagt, dass du es warst. Dass er alles wüsste und dich entsprechend bestrafen würde. Vor uns allen. Damit wir sehen würden, wie es uns ergehen würde, wenn wir weitermachten. Dann hat er gefragt, ob einer unter uns wäre, der behauptet, dass du es nicht angezettelt hättest. Daraufhin hat sich niemand gemeldet. Er hat uns mit dieser Frage glatt über den Tisch gezogen. – Sind wir jetzt verflucht und müssen sterben?“
Armer Jamie! Ich konnte ihn doch nicht mit dieser Angst so stehen lassen. Also sagte ich: „Nein Jamie, Ihr habt ja alle dichtgehalten. Niemand hat mich verpfiffen. Also wird Euch auch nichts passieren. Sag das den anderen. Aber wir müssen den Geheimbund jetzt erst mal ruhen lassen.“
Das passte mir ganz gut. Was mich jedoch weiter beschäftigte war, warum Mr. Mintz nichts von den Zusammenhängen zwischen mir und den Geritzten wissen wollte. Er war doch ein Warum-Mensch. Das allerdings wäre dann ziemlich brenzlig geworden.
Aber insgesamt war es eine tolle Sache gewesen!
Was sollte ich nun mit meiner Überraschung machen? Bob konnte ich nicht fragen, er war irgendwie nicht mehr da. Niemand konnte mir sagen, wo er war. Sogar sein Schild an der Tür war weg. Vielleicht war Bob in die Ferien gefahren und hatte für diese Zeit sein Schild abgeschraubt.
Ich ließ meine Überraschung erst einmal ruhen. Meine Gefühle stimmten dafür nicht.
Bob sagte, wenn die Gefühle nicht stimmen, sollte man es nicht tun. Das ist mit allem so. Was auch immer er damit meinte.
Da wir keinen Unterricht hatten, gab's wenig zu tun. Ich langweilte mich im Zimmer herum. Keiner von meinem Geheimbund kam mich besuchen. Ich malte wieder gequälte Gesichter. Eigentlich brauchte ich auch mal wieder neue Blutgeschichten. Aber ich hatte kein Blut.
Ich wollte Mr. Mintz so gerne fragen, ob ich mal raus in die Stadt dürfte, aber ich traute mich nicht. Ich wollte im Moment nicht so gerne mit ihm reden und schon keine blöden Fragen wegen dem Ritzen beantworten.
Ob er es merken würde, wenn ich heimlich das Gelände verlassen würde?
Ich überlegte und entschied, es einfach zu tun.
Bob sagte mal: Wer nichts wagt, gewinnt auch nichts. Also, wer sich nichts traut, sieht auch nichts.
Zunächst beobachtete ich, wer morgens das Heim regelmäßig für den Ausgang verließ. Dabei sah ich auch die Jungs, die damals beim Männer-Sex mit mir unter der Dusche waren und mich danach verprügelt hatten. Im Grunde hatten sie damals Recht gehabt.
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