Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
Vom Netzwerk:
Naturtalente.
    An den folgenden Tagen versuchten sie, die Musik, die ihnen wirklich
am Herzen lag, von Queen, Genesis und Police, zu A-cappella-Versionen
umzuarbeiten, aber außer Crazy little thing called love von Queen klang keines so gut wie die alten Comedian-Harmonists-Nummern, also
entschieden sie sich für den Grünen Kaktus und Veronika , die beiden würden sie beim Schulfest singen.
    Obwohl sie Naturtalente waren, oder vielleicht sogar gerade
deswegen, begriffen sie, dass zwischen »ordentlich« und »gut« eine Menge Mühe
lag, und sie legten sich ins Zeug und übten, wie sie bisher für nichts, weder
Sport noch Klausur, noch private Leidenschaften, geübt hatten. Und als sie dann
auch noch merkten, dass es von »gut« bis »sehr gut« noch viel mehr Einsatz
brauchte, waren sie längst süchtig nach dem eigenen Klang geworden und sangen
und sangen und sangen.
    Als es dann so weit war und Wagner bei Veronika,
der Lenz ist da noch als Vogelstimmenimitator brillierte, da raste der
Saal. Sie mussten eine Zugabe geben ( Crazy little thing
called love ), Emmi Buchleitner strahlte, und der Schulleiter, der diese
vier zukünftigen Verbrecher noch vor Kurzem hatte relegieren wollen, zwinkerte
ihr glücklich zu, als ihre Blicke sich während des nicht enden wollenden
Applauses trafen.
    ~
    Das Schwimmen hatte ihn hungrig gemacht, und er nahm eine
Handvoll von jeder Salatsorte, um sie zu waschen und dann dekorativ auf einem
Teller zu drapieren. Außer von Rucola und Radicchio kannte er keinen der Namen.
Er nahm sich immer vor, sie zu lernen, wenn er die Schildchen im Supermarkt vor
Augen hatte, aber schon an der Kasse waren sie wieder vergessen. Eine Art
Endivie war dabei, gelb mit roten Farbspritzern, ein Radicchio in Blütenform
und etwas, das wie Löwenzahn aussah, aber dem Geschmack nach keiner war – schon
der Anblick war hinreißend.
    Er halbierte winzige Kartöffelchen und legte sie in den Backofen,
wickelte ein Stück Taleggio aus und legte es auf den Teller, öffnete eine
Flasche Cannonau und wartete, bis die Kartoffeln fertig sein würden.
    Minus wollte auch was, und er gab ihr Trockenfutter. Serafina winkte
ihm aus ihrem Küchenfenster zu, und er winkte zurück.
    Kurz darauf klingelte das Telefon. In der Erwartung, Serafina wolle
sich nach Signora Brewer erkundigen oder fragen, wie ihm das Essen gestern
Abend geschmeckt habe, nahm er ab, ohne die viel zu lange Nummer auf dem
Display zu beachten, und sagte nur: »Pronto?«
    Am anderen Ende der Leitung war Irritation, dann Radebrechen: Ȁh …
Señor Sehring?«
    Michael erkannte Wagners Stimme und antwortete: »Das heißt Signore,
in Italien sagt man nicht Señor, hallo, Wagner.«
    Â»Ach, du bist es selbst, ich wollt’s schon mit Englisch probieren.
Italienisch ist nicht so mein Fach.«
    Â»Hast du die Alkoholleiche wieder wach gekriegt?«
    Â»Ja. Er ist wieder ganz der Alte. Der steckt das anscheinend ohne
Narben weg. Ich wäre drei Tage lang krank nach so einem Rausch.«
    Â»Ich auch.«
    Â»Wir haben heut Morgen zusammen gefrühstückt. Sie wollen alle zu dir
nach Venedig kommen. Steht die Einladung noch?«
    Â»Na klar. Wann ihr wollt. Ich kann mir die Zeit einteilen, wie’s mir
passt. Jederzeit.«
    Â»Wär’s dir denn morgen schon recht? Ich könnte zehn nach sieben
abends am Bahnhof sein.«
    Â»Ja. Ich hol dich ab. Und die anderen? Weißt du, wann die kommen?«
    Â»Die wollen fliegen. Ich ruf Thomas an und frag ihn, dann ruf ich
dich noch mal an, okay?«
    Â»Warum fliegst du nicht auch?«
    Â»Bahn ist ökologisch besser.«
    Â»Du charterst doch den Flieger nicht, der fliegt sowieso, du sparst
kein Kerosin, wenn du nicht einsteigst.«
    Â»Man muss dem was entgegensetzen.«
    Â»Also dann melde dich, wenn die ihren Flug wissen. Wenn sie
gleichzeitig mit dir ankommen, organisier ich was, damit sie herfinden. Sonst
hol ich euch nacheinander ab.«
    Â»Okay. Bis dann«, sagte Wagner und legte auf.
    Jetzt waren die Kartoffeln verbrannt. Michael warf sie in den
Mülleimer und schnitt sich ein paar Scheiben Brot ab.
    Er legte sich extra nichts zu lesen vor den Teller, wenn er aß. Er
war oft verlockt, es lag so nahe, aber er zwang sich, das nicht einreißen zu
lassen. Ebenso wenig erlaubte er sich, im Stehen zu essen. Nicht, wenn er zu
Hause war.
    Danach lüftete er und überzog die Betten in den

Weitere Kostenlose Bücher