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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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Gästezimmern. Der
Vorbesitzer hatte die früheren Kontorräume im Erdgeschoss zu komfortablen
kleinen Wohnungen umgestaltet, die Michael in den neun Jahren, die er jetzt
schon hier lebte, nicht ein einziges Mal benutzt hatte. Signora Fennelli, die
das Haus in Schuss hielt, achtete dennoch darauf, dass die Räume sauber waren
und das Bettzeug regelmäßig gelüftet und gewaschen wurde. Jetzt kamen sie
endlich mal dran.
    Als er wieder nach oben kam, blinkte der Anrufbeantworter, und
Wagners Stimme teilte ihm die Ankunftszeit von Thomas und Bernd mit. Sechzehn
Uhr zehn. Perfekt.
    Das Redentore-Fest würden sie nicht mehr mitbekommen – das hätte er
ihnen gern gezeigt –, es brachte Einwohner und Touristen zusammen wie sonst
keines. Sie mischten sich und störten einander nicht, ja, die Einwohner waren
an diesem Tag fast auch wie Touristen in ihrer eigenen Stadt, sie saßen auf
ihren Booten, ließen das Radio laufen oder spielten den DJ und aßen und tranken und lärmten um die Wette. Was sie von echten Touristen
unterschied, war nur das Boot, das sie besaßen, und die Kamera, die sie nicht
besaßen (jedenfalls nicht bei sich trugen). Und vielleicht noch das Gefühl, an
diesem Tag im Mittelpunkt zu stehen.
    Es wurde langsam dunkel, und Michael ging los. Er wollte sich das
Feuerwerk von der Accademiabrücke aus anschauen (es wurde auf Rampen vor dem Markusplatz
und der Dogana gezündet) und dabei darüber nachdenken, was er den Herren alles
zeigen sollte. Die beiden Kirchen Santi Giovanni e Paolo und Santa Maria
Gloriosa dei Frari auf jeden Fall, die Giardini mit den Biennale-Pavillons und
natürlich das Bild von Bellini in der San-Zaccaria-Kirche. Das
heilige Gespräch . Alles andere durften sie selbst bestimmen, aber diese
vier Anblicke würde er ihnen aufdrängen. Er freute sich auf den Besuch. Dabei
hatte er sich gestern noch wegen seiner vorschnellen Einladung Vorwürfe
gemacht. Aber sie waren eine Zeit lang wichtiger füreinander gewesen als ihre
Familien, davon musste noch ein Echo existieren. Und wenn sie nur auf dem Campo
San Polo Skat spielen würden und einander dabei Anekdoten erzählen. Irgendetwas
davon musste noch da sein.
    ~
    Nach der positiven Überraschung beim Abschlusskonzert
hatte der Schulleiter einen Handel mit der Forstverwaltung angeregt. Statt
einer Rechnung an die Eltern wollte man Waldarbeit als Wiedergutmachung für die
Verwüstung des (ohnehin maroden) Hochsitzes akzeptieren. Diese Strafe wurde nur
Thomas, Wagner und Michael aufgebrummt (Bernd war ja nicht beteiligt gewesen),
aber sie schlenderten zu viert in den Wald und ließen sich vom Förster
erklären, was zu tun sei: herumliegendes Unterholz, morsche Äste und Rindenstücke
auflesen und zu Sammelstellen bringen, wo sie dann später verbrannt werden
sollten.
    Sie waren, ohne es zu bemerken, Freunde geworden. Der herabsetzende
Ton, den sie nach wie vor untereinander pflegten, war nur noch Ritual ohne
Inhalt, die Drohungen und abfälligen Kommentare hatten sich in verkappte
Anerkennung verwandelt. Bei der Arbeit sangen sie, sobald sie sich außer
Hörweite anderer glaubten, und sie spielten Skat auf einem Baumstumpf oder
einer Bank, wenn sie wussten, dass der Förster anderswo zu tun hatte. Als Ende
November der erste Schnee fiel, hatten sie ein beachtliches Repertoire an
Liedern erarbeitet. Und Michael zu einem guten Skatspieler gemacht.
    An einem sehr nebligen Samstagnachmittag im Oktober wärmten sie sich
gerade die klammen Hände an einem winzigen, illegal entfachten Feuerchen und sangen Silence is golden , einen alten Popschlager der
Tremeloes, als Emmi Buchleitner wie ein Gespenst aus dem Nebel trat und
lauschte. Sie hatte sich zwar nicht angeschlichen, aber die vier hatten dennoch
nichts von ihrem Auftauchen bemerkt und erschraken, als sie nach Ende des
Liedes hinter sich das Klatschen einer einzigen Person hörten. In Verbindung
mit dem dichten Nebel und dem seltsamen Gefühl, das ihr eigener Gesang in
diesem mystischen Ambiente bei ihnen hervorgerufen hatte, war diese Erscheinung
im langen Mantel mit Kopftuch und beschlagener Brille ihnen eine Sekunde lang
unheimlich, und sie überspielten die Verlegenheit, die der kurze Schrecken mit
sich gebracht hatte, damit, dass sie ihr Feuerchen austraten und Emmi
begrüßten. Bisher hatten sie das Feuer immer ausgepinkelt, aber das war nun
nicht möglich.
    Â»Ihr solltet was

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