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Vier auf dem Laufsteg

Titel: Vier auf dem Laufsteg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarra Manning
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»Geh in die Maske, obwohl ich nicht weiß, was sie an dir noch verbessern können.«
    Cool, ruhig und gelassen löste sich in Luft auf. Ohne ihr Mantra war Laura nur ein ängstliches Mädchen mit zitternden Knien, als sie die Treppe hochstieg und auf der obersten Stufe fast stolperte.
    »Oh, verdammt!« »Bist du noch da?«, erkundigte sich Snowy gereizt. »Komm wieder runter. Ich hab dir doch gesagt, dass wir eine Menge Arbeit haben.«
    Irina lümmelte der Länge nach auf drei Hockern. Ihre Augen funkelten, als Laura in die Garderobe zu der Kleiderstange ging, an der ihr Name angepinnt war.
    »Dumme Kuh!«, kreischte Irina plötzlich und grabschte nach einer Haarbürste, die die Visagistin in der Hand hielt. »Ich mag das nicht! Tu das weg!«
    Irinas Schimpfen hörte sich an, als würde jemand mit Fingernägeln über eine Tafel kratzen.
    Laura wartete unbehaglich auf die Stylistin, die ihr Kleid aus der Plastikhülle holte. Aber es war kein Kleid. Es war eine Abendrobe. Und Abendroben waren elegant und kultiviert, und man hielt bei dem Gedanken, sie wirklich zu tragen, unwillkürlich den Atem an.
    »Haute Couture«, bemerkte die Stylistin und strich behutsam über die schwarze Spitze und den Taft, während Laura den Gürtel ihres Morgenrocks aufband. »Es kostet fast fünftausend Pfund, also riskier noch nicht mal einen Blick auf Essen, solange du es trägst.« Das Mädchen seufzte verträumt. »Handgeklöppelte Spitze, und der Saum wird durch eine achtzehnkarätige Goldkette in Falten gelegt. Ich könnte für so was glatt einen Mord begehen. Ich würde auch verstümmeln, foltern und töten.«
    Laura vergaß alles - ihre Aufgeregtheit, Irinas gefauchte Gemeinheiten, das Shooting -, alles außer dem prachtvollen Kleid, das feierlich über ihren Kopf gezogen wurde. Falls es nicht passte, würde sie Harakiri begehen, bevor sie auch nur einen Schritt vor die Kamera gesetzt hätte, aber als die Stylistin behutsam den verdeckten Reißverschluss hochzog, konnte sie etwa ein Viertel der Luft entweichen lassen, die sie angehalten hatte.
    Laura blickte hoch und riss Mund und Augen auf. Sie war ein anderes Mädchen in einer anderen Zeit. Ein Mädchen mit schräg stehenden Mandelaugen und einem herzförmigen Mund. Ein Mädchen, gegossen in ein Kleid, das sie umschloss, umarmte und streichelte und in einen Vamp verwandelte. Ihre Brüste in dem strengen schwarzen Spitzendekolleté glichen zwei Kugeln weißer, weicher Eiscreme. Ein Mädchen, das mit unglaublich rauchiger Stimme Sätze sagte wie: »Schnallt euch an, Jungs, das wird eine stürmische Nacht.« Kein Mädchen, das sich die Peinlichkeit gefallen lassen musste, dass eine Stylistin mit beiden Händen in ihren Ausschnitt griff und ihre Brüste zurechtrückte …
    »Dieses Kleid muss ich tragen! Zieh’s aus!«
    Irina sprang von ihrem Hocker und kam drohend auf Laura zu.
    »Ich trag das. Ausziehn!«
    Laura kannte Irinas Spiel. Sie glaubte, wenn sie ihre frechen Forderungen laut und oft und drohend genug ausstieß, würden ihr alle gehorchen. Lauras Mutter hatte genau den gleichen Trick angewandt, wenn Laura nicht ins Bett wollte. Das hatte damals schon nicht gewirkt.
    Sie vergewisserte sich, dass die Stylistin zwischen ihr und Irina stand, und wehrte sich.
    »Tut mir leid, aber das solltest du besser mit den Leuten von Augustine klären. Sie sind da draußen bei Ted.«
    »Dein Kleid ist genauso schön«, redete die Stylistin Irina gut zu. »Schöner«, fügte sie dann ziemlich taktlos hinzu.
    »Mir egal. Ich will das da.« Irina stieß einen kämpferischen Finger in Lauras Richtung. »Du siehst eh aus wie Scheiße.«
    Das stimmte nicht. Laura wusste genau, dass das nicht stimmte, aber ein winziges Samenkorn des Zweifels versuchte, sich seinen Weg durch das Mieder in ihren Brustkorb zu bohren.
    Ich bin ruhig. Ich bin cool. Ich bin ein Eiswürfel. Ich bin eine Tiefkühltruhe voller Eiswürfel.
    Meditation war ziemlich schwierig, weil Irina jetzt die Stylistin zur Seite schob und versuchte, Laura zu schlagen. Laura machte einen vorsichtigen Schritt zurück, um nicht über ihre Schleppe zu stolpern. Wenn das Kleid beschädigt wurde - nein, an die Folgen wollte sie nicht einmal denken.
    »Hör auf! Was ist denn los mit dir?«, gab sie so cool wie möglich zurück. Immerhin ein paar Grad unter null. »Hör dir doch mal selber zu! Ich will, ich will, ich will. Es ist nicht dein Kleid, also scher dich zum Teufel!«
    »So redest du nicht mit mir!«, zischte Irina, und jetzt ähnelte

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