Vier auf dem Laufsteg
ganz genau anschaute, hatte sie etwas ganz Besonderes an sich. Ted war genauso fasziniert, und Laura spürte, dass er am liebsten den Kuli rausholen und das Mädchen hier und jetzt unter Vertrag nehmen würde.
»Also, um ganz ehrlich zu sein«, sagte Laura, »ich hab Freunde verloren, weil sie mit meinem neuen Leben nicht klargekommen sind, und ich hab mich von meinem Freund getrennt. Es ist schwierig, weiterzumachen, wenn solche schlimmen Sachen passieren. Aber ich nehme alle diese widersprüchlichen Gefühle mit zu den Shootings und setze sie in meiner Arbeit ein. Wenn du die Hälfte von einem Paar sein willst, dann kannst du kein Model sein. Du darfst nur noch an dich denken.«
»Oh Laura, du wirst bestimmt bald einen süßen Jungen kennenlernen, der dein verwundetes Herz heilt«, rief Daisy aus und zwinkerte Laura zu. »Es kann einsam sein an der Spitze, Mädels. Jede braucht irgendeinen Jungen zum Kuscheln.«
Daisy musste es ja wissen. Sie war noch keine dreißig und bereits zum dritten Mal verheiratet.
Laura schüttelte energisch den Kopf. »Das Einzige, auf das ich mich konzentriere, ist die Kamera. Beziehungen stören da nur. Und man kann auch allein sein, ohne einsam zu sein.« Sie bestimmte jetzt die Themen und ließ sich von niemandem das Heft aus der Hand nehmen.
Totenstille entstand, als das gesamte Publikum Lauras traurige Situation als zukünftige alte Jungfer bedachte, während sie trotzig das Kinn hob und lächelte. Sie konnten sie bemitleiden, wenn sie wollten, aber hey, sie war diejenige mit dem Vertrag über eine Million Pfund, der sie nachts wärmte!
»Dann wollen wir mal sehen, wie sehr du die Kamera liebst, Laura«, sagte Daisy hastig. »Wir haben eine kleine Überraschung vorbereitet.«
Der Vorhang hinter den Mädchen rauschte zur Seite und enthüllte einen großen Bildschirm. Wenn jetzt ein Video von ihrem blöden Karaoke von damals oder was ähnlich Peinliches gezeigt wurde, würde es ein Massaker geben. Dann blitzte das Logo von »Sirene« auf und Laura atmete beruhigt wieder aus.
»Das ist Lauras erster Fernsehspot für den neuen Duft von Augustine : ›Sirene‹...« Daisy senkte die Stimme, um die Feierlichkeit des Augenblicks zu betonen.
Der Bildschirm wurde schwarz.
Dann schwebte Laura die geschwungene Treppe in einer Wolke aus schwarzer Spitzen-Haute-Couture herab, ihre Haut schimmerte perlweiß im Kontrast zu dem Kleid, ihre Haare waren ein schimmerndes, kunstvolles Gewirr aus Locken.
Die nächste Szene zeigte sie hingegossen auf der mit rosa Samt bezogenen Chaiselongue, als befände sie sich in postorgasmischer Seligkeit und sorgte sich kein bisschen, ob ihre Brüste gleich aus dem Mieder hopsen würden. Sie lächelte geheimnisvoll, als wäre die Kamera ihre wahre Seelenfreundin, bevor sie wissend ihre Augenbrauen hob.
»Für einen Augenblick«, hauchte sie mit rauchiger Stimme, und der winzige Akzent ihres Manchester-Dialekts hörte sich zum ersten und wahrscheinlich letzten Mal richtig exotisch an. »Für eine Ewigkeit. Für immer. Für einen Tag. Denn die Zeit selbst ist in seinem Zauber gefangen.« Es gab eine Pause, während die Kamera liebevoll ihr Gesicht streichelte. »›Sirene‹, der erste Duft von Augustine .«
Auf dem letzten Bild strich sie mit dem Flakon kokett über ihre Wange, als würde sie gleich, nachdem der Film beendet war, unaussprechlich gewagte Dinge damit machen.
Dann wurde der Bildschirm wieder schwarz, abgesehen von dem leuchtend silbernen »Sirene«-Logo, das sich langsam in seiner Mitte drehte.
Wieder herrschte Schweigen, eine köstliche Stille. Laura sah hinüber zu ihren Eltern im Publikum, die so verwirrt aussahen, als hätte ihnen jemand einen nassen Fisch ins Gesicht geschlagen.
Ted lächelte stolz.
Candy schrie »Juh-huh«, so laut sie konnte, und Daisy Bloom sah vielleicht ein winziges bisschen neidisch aus.
»Oh Laura«, hauchte sie. »Das ist unglaublich. Ich hab nicht gewusst, dass du so sexy bist.«
Laura zuckte hilflos mit den Achseln. »Ich auch nicht.«
Es gab vereinzelten Applaus aus verschiedenen Ecken des Saals, dann schwoll er zu einem Crescendo an, bis man nichts anderes mehr hören konnte als Händeklatschen und das laute Skandieren ihres Namens.
Applaus.
Und er war nur für sie.
Weil sie symmetrische Gesichtszüge hatte und mit dem richtigen Make-up und mit der richtigen Beleuchtung nicht mehr nur das hübsche Mädchen aus Manchester war, sondern sich in einen wunderschönen Traum verwandelte. In eine
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