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Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)

Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)

Titel: Vier Beutel Asche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Halt.
    »Mach hin«, presste ich hervor, aber er schien mich nicht zu hören. Endlich ließ der Druck nach, und er zog sich hoch; dabei gab er mir mit dem Fuß noch einen Tritt aufs Ohr.
    »Idiot!«
    Kevin knurrte.
    »Ruhig«, flüsterte ich und schielte nach oben.
    Maik hangelte sich am Geländer entlang und stieß dann das Fenster neben dem Balkon auf. Er langte aufs Fenstersims und zog sich rüber, rutschte kopfüber auf dem Bauch ins Innere.
    Kevins Knurren hielt an.
    »Schttt«, zischte ich ohne viel Nachdruck.
    Ein Grollen entrang sich Kevins Kehle. Ohne Maiks Nähe war ich wohl doch kein Freund.
    Durch die Terrassentür konnte ich erkennen, dass irgendwo im Erdgeschoss ein neues Licht angeknipst wurde. Hatte Maiks Vater uns gehört? Oder den verdammten Hund? Oder schlappte er nur mal aufs Klo – oder endlich ins Bett?
    Kevins Grollen schwoll weiter an, und ich fürchtete, er würde jeden Moment loskläffen.
    »Schnauze!«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und imitierte sein Knurren. »Ich Freund, du dumm, oder was?«
    Kevin verstummte und leckte mir wieder vorsichtig die Hand. Keine Ahnung, warum. Als Kind hatte ich einen Wellensittich, wie sollte ich da Hunde verstehen?
    Durch die hellen Vorhänge der Terrassentür konnte ich einen undeutlichen Schemen erkennen. Irgendetwas bewegte sich dahinter, nur wusste ich nicht, wer und wohin und warum.
    Oben im Fenster tauchte Maik wieder auf. Inzwischen trug er einen Helm und hatte sich eine dunkle Jacke und einen Rucksack übergeworfen. Rasch stieg er zum Balkongeländer hinüber, es wirkte so selbstverständlich, als hätte er es schon hundert Mal gemacht.
    Kevin hob den Kopf und ließ ein kurzes freundliches Bellen hören.
    Der Vorhang wurde zur Seite geschoben, und Licht schwappte auf die Terrasse hinaus. Ich drückte mich eng an den Pfeiler, hielt mich im Schatten und zischte: »Vorsicht, da kommt wer.«
    Die Klettergeräusche über mir verstummten, ich konnte nicht einmal ein Atmen hören.
    Die Terrassentür klickte und knarzte und wurde langsam aufgezogen. Ich blieb versteckt und konnte so auch selbst nichts sehen. Angestrengt lauschte ich auf Schritte, doch niemand trat in den Garten.
    »Kevin!«, stieß eine Männerstimme hervor. Sie sprach den Namen hart und schnell aus und klang, als sei sie das Befehlen gewohnt.
    Fiepend und schwanzwedelnd lief der Hund zu ihm, die Pfoten patschten über die hölzernen Dielen, dann verschwanden sie im Innern des Hauses.
    »Ruhig!«, war das Letzte, was ich hörte, bevor die Tür wieder geschlossen wurde.
    Ich atmete durch und lugte vorsichtig um den Pfeiler. Der Vorhang war wieder vorgezogen, und ich erkannte nicht mehr als die Ahnung eines Schattens.
    Wenige Augenblicke später hangelte sich Maik über mir weiter am Geländer entlang. Kurz darauf spürte ich auch schon seinen tastenden Fuß auf meiner Schulter. Er setzte ihn ab und stieg über meine wieder verschränkten Hände ganz hinab.
    »Schön, mal eine menschliche Treppe zu haben und nicht immer springen zu müssen«, raunte er, und wir eilten zur Hecke.
    »Und zum Treppensteigen brauchst du einen Helm?«, fragte ich.
    »Der ist für Selina.«
    »Und ich?«
    »Ich hab nur zwei und Ladys first.« Maik tauchte in die Hecke. »Du musst auf Lena hoffen.«
    »Toll.« Ich folgte ihm und hielt den Mund, bis ich auf der anderen Seite war. »Hast du wenigstens den Brief?«
    »Ja.«
    »Auf was muss Jan hoffen?«, empfing uns Lena auf der Straße. Sie stand mit verschränkten Armen neben Selina. Die beiden wirkten nicht so, als hätten sie viel und freundlich miteinander geredet, während wir weg gewesen waren.
    »Auf deinen Ersatzhelm.«
    »Können wir holen. Kein Problem.«
    »Und wir sollten schauen, was wir noch alles brauchen«, sagte Maik. »Ich hab mal eingepackt, was ich im Zimmer hatte.«
    Schlafsack, eine Decke, Unterhosen, Socken und zwei frische T-Shirts zeigte er uns, die Zahnbürste hatte er nicht aus dem Bad holen können. Zu riskant.
    »Kauf ich unterwegs«, sagte er.
    »Hättest du Schuhe für mich?«, fragte ich, weil ich immer noch barfuß unterwegs war und ganz sicher nicht noch einmal zu der Party wollte. Ich konnte die feiernden Fressen von Kev und Co nicht ertragen, wollte keine Fragen von Knolle und Ralph beantworten.
    »In der Garage müssten alte Gummistiefel von meinem Vater sein«, sagte er, und die holten wir. Knallgelb und Größe 43, eine Nummer zu klein, aber besser als nichts. Ich schlüpfte ohne Socken hinein, trotzdem

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