Vier Frauen und ein Mord
Hausgehilfin, aber die wird auch schon alt, und Mrs McGinty ging einmal in der Woche hin, um gründlich sauber zu machen. Mr und Mrs Wetherby scheinen eine Hausgehilfin niemals lange zu behalten – sie ist ein bisschen kränklich. Mr und Mrs Carpenter haben ein schönes Haus und geben viele Gesellschaften. Es sind alles sehr ehrbare Leute.«
Nach dieser abschließenden Erklärung über die Bevölkerung von Broadhinny verließ Poirot das Postamt wieder.
Langsam ging er hügelan nach Long Meadows. Er hoffte von Herzen, dass die blutbefleckten Bohnen zu Mittag aufgegessen worden waren und dass man ihm davon nichts zum Abendessen aufbewahrt hatte. Aber vielleicht gab es da noch andere zweifelhafte Gerichte. Das Leben in Long Meadows hatte entschieden seine Gefahren.
Es war, alles in allem, ein enttäuschender Tag gewesen.
Was hatte er erfahren?
Dass James Bentley eine Freundin hatte. Dass weder er noch Mrs McGinty Feinde hatten. Dass Mrs McGinty zwei Tage vor ihrem Tod erregt ausgesehen und eine Flasche Tinte gekauft hatte…
Poirot blieb plötzlich stehen. War das ein Hinweis? Endlich ein winziger Hinweis?
Er hatte so nebenbei gefragt, was Mrs McGinty wohl mit einer Flasche Tinte anfangen würde, und Mrs Sweetiman hatte ganz ernsthaft erklärt, sie hätte wohl einen Brief schreiben wollen.
Das war von Bedeutung – einer Bedeutung, die ihm beinahe entgangen wäre, weil für ihn, wie für die meisten Leute, Briefe zu schreiben etwas Alltägliches war.
Aber nicht für Mrs McGinty. Einen Brief zu schreiben war für Mrs McGinty eine so ungewöhnliche Angelegenheit, dass sie extra ausgehen und eine Flasche Tinte kaufen musste, wenn sie es tun wollte.
Mrs McGinty schrieb also kaum jemals einen Brief. Mrs Sweetiman, die das Postamt leitete, wusste das sehr wohl. Aber Mrs McGinty hatte zwei Tage vor ihrem Tod einen Brief geschrieben. Wem hatte sie geschrieben und warum?
Es konnte ganz unwichtig sein. Sie konnte ihrer Nichte geschrieben haben – oder einer Freundin. Lächerlich, so viel Wert auf eine so einfache Sache wie eine Flasche Tinte zu legen.
Aber die war alles, was er hatte, und er wollte dieser Spur nachgehen.
Eine Flasche Tinte…
8
» E inen Brief?« Bessie Burch schüttelte den Kopf. »Nein, ich hab keinen Brief von Tantchen bekommen. Worüber sollte sie mir denn schreiben?«
»Sie hätte Ihnen vielleicht etwas mitteilen wollen.«
»Tantchen war keine große Schreiberin. Sie ging schon auf die Siebzig zu, wissen Sie, und als sie jung war, hatte man keine guten Schulen.«
»Aber sie konnte lesen und schreiben?«
»Ach, natürlich. Sie war auch keine große Leserin, aber die News of the World und den Sunday Comet hatte sie gern. Schreiben fiel ihr immer ein bisschen schwer. Wenn sie uns etwas mitzuteilen hatte, rief sie gewöhnlich Mr Benson an, den Apotheker nebenan, und der benachrichtigte uns dann. Er ist sehr nett, wirklich. Und es kostet nur zwei Pence. Im Postamt in Broadhinny ist eine Telefonzelle.«
Poirot nickte. Er sah ein, dass zwei Pence weniger waren als zweieinhalb, das Briefporto. Mrs McGinty muss Geld sehr geliebt haben.
Er erkundigte sich freundlich weiter:
»Aber manchmal hat Ihre Tante Ihnen doch wohl geschrieben?«
»Nun, wir sandten einander Weihnachtskarten.«
»Und vielleicht hatte sie Freunde anderswo in England, denen sie schrieb?«
»Davon weiß ich nichts. Da war ihre Schwägerin, aber die ist vor zwei Jahren gestorben, und da war eine Mrs Birdlip, aber die ist auch tot.«
»Wenn sie also jemandem schrieb, dann muss es wohl die Antwort auf einen Brief gewesen sein, den sie erhalten hatte?«
Wieder blickte Bessie Burch zweifelnd drein.
»Ich wüsste nicht, wer ihr schreiben sollte. Natürlich«, meinte sie strahlend, »ist da immer die Regierung.«
Poirot gab zu, dass in diesen Tagen Mitteilungen von dem, was Bessie einfach »die Regierung« nannte, eher die Regel als die Ausnahme waren.
»So hatte Mrs McGinty vielleicht eine Mitteilung von einer Behörde bekommen, die sie beantworten musste?«
»Wenn sie das hätte, dann wäre sie zu Joe gekommen, damit er ihr hilft. Diese Dinge haben sie immer verwirrt, und sie hat sie immer Joe gebracht.«
»Können Sie sich erinnern, ob unter ihren Sachen irgendwelche Briefe waren?«
»Könnte ich eigentlich nicht sagen. Ich erinnere mich nicht daran. Aber die Polizei hat ja zunächst alles in Beschlag genommen. Erst nach einer ganzen Weile durfte ich ihre Sachen einpacken und wegbringen.«
»Was ist damit
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