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Vier Frauen und ein Mord

Vier Frauen und ein Mord

Titel: Vier Frauen und ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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leicht. Der Kommissar nahm einige Berichte entgegen, gab einem Sergeant Anweisungen und sah schließlich sein Gegenüber erwartungsvoll an.
    »Fällt Ihnen was Gutes ein, Monsieur Poirot?«, fragte er.
    »Ich überlege«, erwiderte Poirot. »Ich überdenke das Ganze.«
    »Ich habe vergessen, Sie was zu fragen: Haben Sie von James Bentley etwas Nützliches erfahren?«
    Poirot schüttelte den Kopf. Er runzelte die Stirn.
    Er hatte wirklich gerade an James Bentley gedacht.
    »Unser Gespräch«, sagte Poirot, »möchte ich als ganz besonders unergiebig bezeichnen. Alles, was vielleicht hätte nützlich sein können, hatte er vergessen. Das, woran er sich erinnerte, war so vage, dass man nicht darauf bauen kann. Jedenfalls ist es ziemlich sicher, dass Mrs McGinty ganz aufgeregt über den Artikel im Sunday Corner war und mit Bentley darüber sprach. Dabei erwähnte sie besonders, dass jemand, der mit einem der Fälle zu tun hatte, in Broadhinny wohne.«
    »Mit welchem Fall?«, fragte Kommissar Spence eifrig.
    »Unser Freund war sich nicht sicher«, sagte Poirot. »Er sagte, mit dem Fall Craig – aber da der Fall Craig der einzige ist, von dem er je gehört hat, müssen wir annehmen, dass es der einzige ist, an den er sich erinnert. Aber der ›Jemand‹ war eine Frau. Er zitierte sogar Mrs McGintys Worte. Jemand, der nicht mehr soviel Grund hätte, stolz zu sein, wenn alles bekannt wäre.«
    »Stolz?«
    »Mais oui.« Poirot nickte zustimmend. »Ein recht bezeichnendes Wort, nicht wahr?«
    »Und kein Anhaltspunkt, wer die stolze Dame war?«
    »Bentley meinte Mrs Upward – aber, soweit ich sehen konnte, hatte er keinen richtigen Grund dafür.«
    Spence schüttelte den Kopf.
    »Wahrscheinlich, weil sie eine stolze, dominierende Frau war – besonders stolz sogar, würde ich sagen. Aber Mrs Upward kann es nicht gewesen sein, denn Mrs Upward ist tot, und aus dem gleichen Grunde tot, aus dem Mrs McGinty starb – weil sie eine Fotografie erkannt hatte.«
    Poirot sagte betrübt: »Ich habe sie gewarnt.«
    Spence meinte leise und verärgert:
    »Lily Gamboll! Soweit es das Alter angeht, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Mrs Rendell und Mrs Carpenter. Ich rechne die Henderson nicht mit, weil wir von der zu viel wissen.«
    »Und von den anderen nicht?«
    Spence seufzte.
    »Sie wissen, wie das heute ist. Der Krieg hat alles durcheinander gebracht. Die Besserungsanstalt, in der Lily Gamboll war, und ihr ganzes Archiv sind von einem Volltreffer zerstört worden. Dann nehmen Sie einmal die Leute hier. Die einzigen in Broadhinny, von denen wir etwas wissen, sind die Summerhayes. Die Familie ist seit dreihundert Jahren hier ansässig. Und Guy Carpenter, der einer von den Maschinen-Carpenters ist. Alle die anderen sind – wie soll ich sagen? – ungreifbar. Dr. Rendell steht im Ärzteregister, und wir wissen nicht, aus welcher Familie er stammt. Seine Frau kommt aus der Nähe von Dublin. Eve Selkirk, wie sie hieß, bevor sie Mrs Carpenter wurde, war eine hübsche junge Kriegswitwe. Jede Frau kann eine hübsche junge Kriegswitwe sein. Oder die Wetherbys – die scheinen sich in der ganzen Welt herumgetrieben zu haben. Warum? Hat er bei einer Bank Geld unterschlagen? Oder haben sie einen Skandal verursacht? Ich will nicht sagen, dass wir nichts über die Leute erfahren können – aber es braucht Zeit. Die Leute selbst helfen einem nicht.«
    »Weil sie etwas zu verbergen haben – wenn es auch nicht gerade ein Mord sein muss«, sagte Poirot.
    »Sehr richtig. Es kann eine Schwierigkeit mit dem Gesetz gewesen sein oder eine niedere Herkunft oder irgendein ganz gewöhnlicher Skandal. Aber was immer es ist, sie haben sich sehr bemüht, Gras darüber wachsen zu lassen – und deshalb kann man es nur schwer herausfinden.«
    »Aber es ist nicht unmöglich.«
    »O nein. Nicht unmöglich. Es braucht bloß Zeit.«
    Poirot dachte an Mrs Rendell im Garten von Long Meadows. Mrs Rendell hatte einen anonymen Brief bekommen, oder wenigstens hatte sie es behauptet. Er dachte über diese Behauptung nach, wie er schon früher darüber nachgedacht hatte.
    Plötzlich sagte er mit ganz veränderter, fast gleichgültiger Stimme:
    »Warum bewahren Leute Fotografien auf?«
    »Warum? Das weiß Gott allein. Warum heben Leute alle möglichen Dinge auf – Plunder, Kitsch, allerlei Kleinigkeiten? Sie tun es eben, und das ist alles.«
    »Gewiss. Manche Leute heben alles auf. Manche Leute werfen alles weg, was sie nicht mehr brauchen. Das ist eine Frage des Temperaments.

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