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Vier minus drei

Titel: Vier minus drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Pachl-Eberhart
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ich?
     
    Zunächst einmal dorthin, wo ich mich am sichersten fühlte: ins Bett. Ich verkroch mich unter meiner Daunendecke, suchte den Schlaf, geborgen zwischen Finis »Deckalein« und Thimos Kuschelhund.
    Ich betrachtete es als großes Geschenk, dass ich tief und fest schlafen konnte. Mein Körper brauchte Erholung und Ruhe und nahm sie sich, Gott sei Dank. Wenn ich schlief, musste ich nicht nachdenken. Mein Schlaf war von lebhaften Träumen begleitet, in denen meine Kinder spielten und lachten. Ich träumte von Heli, von früher, von glücklichen Tagen.
    Zuweilen erhielt ich des Nachts klar formulierte Botschaften, die offenbar zu wichtig waren, als dass mein Kopf sich die Mühe machte, sie zu verschlüsseln.
    Sei mutig , forderte mich Heli eines Morgens auf, kurz bevor ich erwachte. Er blickte mir dabei breit grinsend aus nächster Nähe ins Gesicht.
    Ich habe die Erlaubnis bekommen, zu dir zurückzukehren, wenn du das willst , prophezeite Fini in einem anderen
Traum, der ausgeschmückt war mit Bienenwaben und himmlischen Lichtstrahlen.
    Aufzuwachen war nicht leicht. Meine Träume gefielen mir um vieles besser als die Realität, die unmittelbar hinter der Schlafzimmertür auf mich wartete. Oft ließ ich die Augen noch lange geschlossen und versuchte, erneut abzudriften in die Sicherheit und Geborgenheit des Schlafes. Wenn es mir nicht gelang, blieb ich trotzdem liegen. Ich musste mich für das Aufstehen wappnen, musste Kraft sammeln, um die Stunden bis zum Mittagsschlaf zu überstehen.
    Meistens behalf ich mir damit, dass ich noch ein wenig las. Das Buch, das auf meinem Nachtkästchen lag, hatte ich von einer Clownkollegin geschenkt bekommen, im Krankenhaus, nach dem Abschied von Thimo: »Keine Seele geht verloren«. Es war mir ein wichtiger Wegweiser und Begleiter mit seiner klaren, frohen Botschaft.
    Freilich geht es weiter nach dem Tod. Natürlich ist es dort drüben wunderschön. Selbstverständlich sind unsere Verstorbenen mitten unter uns.
    Ich brauchte die Bekräftigung von außen, immer wieder, jeden Tag. Was ich erlebt hatte, was ich ahnte und zu wissen meinte, schien mir allzu zerbrechlich in meinen Händen. Jede Seite, die ich las, über Nahtoderlebnisse, über plötzliche Unfalltode und wundersame Zufälle, über mediale Kontakte und Nachrichten von Verstorbenen, stärkte meine eigenen Empfindungen und gab mir das Gefühl, nicht allein zu sein mit dem, woran ich glaubte. Je mehr Wissen ich mir aneignete über das, was andere erlebt und herausgefunden hatten, desto sicherer fühlte ich mich in meinem Glauben an ein Leben nach dem Tod.

    Ich liebte das Gefühl, mit einem weisen Buch im warmen Bett zu liegen. Mein Körper behütet in kuschligen Decken, mein Geist von Buchdeckeln beschützt. Ich zögerte den Moment des Aufstehens so lange hinaus wie nur irgend möglich.
    Einzig der Duft frisch gekochten Kaffees vermochte es, mich irgendwann doch nach draußen zu locken, um Sabines Vater zu begrüßen, der immer pfeifend an der Espressomaschine stand und mir mit einer Stimme, die in Fröhlichkeit gekleidet war, einen wunderschönen guten Morgen wünschte.
    »Schau, die Sonne scheint. Was hast du heute vor? Kennst du schon das neue Café in der Einkaufsstraße?«
    Was hatte ich vor?
    Diese Frage musste ich mir selbst erst beantworten. Ich allein war neuerdings für die Gestaltung meines Tagesprogramms verantwortlich. Das war ich gar nicht mehr gewöhnt, und ich wusste nicht, ob ich mich überhaupt daran gewöhnen wollte.
    Am Mittwoch nach Ostern hatte ich ein konkretes Ziel. Ich musste los. Sabine wartete auf mich. Sie würde mich zu den »Bunten Knöpfen« fahren. In den Kindergarten unserer Söhne.

    Der 26. März 2008
     
    Der erste Kindergartentag nach den Osterferien.
    Heute würden sich alle Kinder der Gruppe nach eineinhalb Wochen erstmals wieder einfinden, um sich dem üblichen und vertrauten Tagesablauf aus Spielen, Musizieren und Turnen hinzugeben. Gegen zehn würden die beiden Kindergärtnerinnen ihre Schützlinge zum täglichen Kreisgespräch in den Turnsaal rufen.
    Spätestens dann würden die Kinder bemerken, dass jemand fehlte. Spätestens dann würden sie, die kleinen wie die großen, die wilden wie die sanften, die mutigen wie die furchtsamen, erfahren, dass ihr Freund Thimo die Osterferien nicht überlebt hatte und dass er nie, nie mehr wiederkommen würde.
    Die »Bunten Knöpfe«. Thimos Kindergarten. Ich habe die familiäre Atmosphäre, die dort herrscht, stets genossen. Die offene und

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