Vier Morde und ein Hochzeitsfest
zufrieden geben.
»Du hast wirklich Nerven, hier aufzutauchen«, sagte ich zu Morelli und suchte nach dem Schlüssel.
Er zog seinen Schlüsselbund aus der Tasche und machte die Tür auf.
»Seit der Zeit, als wir noch freundlicher miteinander verkehrten.« Er sah auf mich herab, und eine gewisse Belustigung weichte die Konturen um seinen Mund herum auf. »Hast du was getrunken?«
»Berufsrisiko. Ich hatte einen Auftrag für Ranger zu erledigen, und Trinken schien mir dabei das Angebrachteste.«
»Willst du einen Kaffee?«
»Bloß nicht. Das würde alles nur noch schlimmer machen. Und deinen Kaffee würde ich sowieso nicht trinken. Du kannst jetzt gehen, vielen Dank.«
»Das glaube ich nicht.« Morelli machte den Kühlschrank auf, suchte nach etwas und entdeckte den Mocha Java, den ich im Grand Union gekauft hatte. Er maß zwei Becher Wasser ab, eine entsprechende Menge Kaffeepulver, und schaltete meine Kaffeemaschine ein. »Kommen wir doch gleich zur Sache. Du bist sauer auf mich, stimmt’s?«
Ich verdrehte die Augen so weit nach hinten, dass ich mich selbst beim Denken beobachten konnte. Und während meine Augen dort kullerten, hielt ich gleich noch Ausschau nach Briggs. Wo steckte der kleine Teufel bloß?
»Kannst du mir nicht einen Hinweis geben, warum du sauer bist?«, sagte Morelli.
»Den hast du nicht verdient.«
»Vielleicht hast du Recht, aber kannst du mir nicht trotzdem einen geben?«
»Terry Gilman.«
»Ja?«
»Das war’s. Das war der Hinweis, du Affe.«
Morelli holte zwei Becher aus dem Küchenschrank über dem Tresen und schenkte den Kaffee ein. Er tat etwas Milch hinzu und reichte mir einen Becher. »Ich brauche mehr als nur einen Namen, wenn ich weiterraten soll.«
»Nein, du brauchst nicht mehr. Du weißt ganz genau, wovon die Rede ist.«
Morellis Pager piepte und er fing an, phantasievoll zu fluchen. Er schaute auf das Display und rief die angezeigte Nummer von meinem Telefon aus an. »Ich muss gehen«, sagte er. »Ich würde gerne bleiben und die Sache klären, aber es ist etwas, dazwischengekommen.«
Er ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um und kam zurück. »Das hätte ich beinahe vergessen. Hast du Ramirez gesehen?«
»Ja. Und ich möchte einen Haftbefehl erwirken, und dass seine Bewährung ausgesetzt wird.«
»Seine Bewährung ist längst ausgesetzt. Er hat gestern Abend eine Nutte in der Stark Street mitgenommen und hätte sie beinahe umgebracht. Er hat sie brutal misshandelt und in einen Müllcontainer geworfen, weil er sie für tot hielt. Irgendwie hat sie es geschafft herauszuklettern. Zwei Kinder haben sie heute Morgen entdeckt.
»Wird sie wieder gesund?«
»Sieht so aus. Sie schwebt immer noch in Lebensgefahr, aber sie macht sich ganz gut. Wann hast du Ramirez gesehen?«
»Vor einer halben Stunde.«
Ich erzählte ihm von Rangers Wiederbeschaffungsauftrag und dem Zwischenfall mit Ramirez.
Ich konnte sehen, wie die Gefühle in Morelli hochkochten. Hauptsächlich Frustration und etwas Wut. »Willst du dir nicht noch mal überlegen, ob du nicht wieder bei mir einziehst?«, fragte er. »Wenigstens so lange, bis man Ramirez geschnappt hat.«
Es wäre ein bisschen eng in der Wohnung, zusammen mit Terry. »Ich glaube nicht«, sagte ich.
»Wie war’s, wenn ich dich heirate?«
»Jetzt willst du mich auf einmal heiraten. Und was ist, wenn sie Ramirez geschnappt haben? Sollen wir uns dann wieder scheiden lassen?«
»In meiner Familie gibt es keine Scheidungen. Grandma Bella würde das nicht zulassen. Nur der Tod kann einen in unserer Familie aus der Ehe entlassen.«
»Das sind ja rosige Aussichten.« Es stimmte. Ich konnte Joes Einstellung zur Ehe teilweise nachvollziehen. Die Männer in der Familie Morelli hatten einen schlechten Ruf. Sie tranken zu viel, sie betrogen ihre Frauen, sie schlugen ihre Kinder, und das Elend dauerte »bis der Tod sie scheidet«. Zum Glück für die Frauen verstarben viele Männer der Familie Morelli früh. Sie wurden bei Streitigkeiten erschossen, kamen bei alkoholbedingten Autounfällen ums Leben und muteten ihrer Leber zu viel zu. »Wir reden ein andermal darüber«, sagte ich. »Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Mach dir keine Sorgen. Ich passe schon auf. Ich halte Türen und Fenster verschlossen, und ich habe eine Pistole dabei.«
»Hast du auch die Erlaubnis, deine Waffe verdeckt zu tragen, Pilzköpfchen?«
»Habe ich mir gestern besorgt.«
»Davon habe ich gar nichts erfahren«, sagte Morelli. Er beugte sich vor und
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