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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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zu sehen.
    Ihr schon wieder, begrüßte er uns überrascht. Er betrachtete den Schaden.
    Is alles nicht so schlimm, murmelte er. Aber nachdem ihr neulich schon neue Scheiben bekommen habt, kriegt ihr jetzt die letzten, die ich auf Lager hab. Wenn ihr euch die wieder zerschießen lasst, müsst ihr auf Nachschub aus Deutschland warten. Und das dauert.
    Die Arbeit der nächsten Zeit erfüllte mich nicht mit Schrecken. Abends ertappte ich mich manchmal bei dem Gedanken, ob ich nicht irgendwann anfangen würde, schlecht zu träumen. Oder zu zittern. Viele hatten von Kameraden berichtet, die nach heftigen Gefechten Probleme bekamen. Ich fühlte mich nach wie vor großartig. Alles ging erst mal seinen gewohnten Gang. Nach dem Anschlag auf den Zugführer von Hotel und den beiden Anschlägen auf uns wurden bald auch die anderen Züge angesprengt. Erst Foxtrott, dann auch India. Bald hatten fast alle schon einmal Bekanntschaft mit den hinterhältigen Straßenbomben gemacht. Niemand hatte es bisher allerdings zwei Mal erleben müssen. Und niemanden hatte es zu Fuß erwischt.
    Es gab viel zu tun. Die Patrouillen in die Dörfer dehnten sich weiter aus. Einige Tage nach dem Bombenanschlag fuhren wir mitten auf die Westplatte. Marschierten von dort in die Dörfer im Tal, kehrten abends zur Westplatte zurück und lagerten zwischen den Fahrzeugen in der Wüste. Es war ein spartanisches Leben. Aber niemand murrte, wir hatten unseren Auftrag und führten ihn durch.
    Am folgenden Morgen setzten wir unsere Fußpatrouille in ein anderes Dorf fort. Der Chef setzte den Golf Zug an die Spitze, Muli ließ mich ganz vorne gehen. Mir machte es nach wie vor großen Spaß. Ich liebte diese Arbeit, begegnete gerne den Einheimischen. Der Ansatz des Chefs schien sich auszuzahlen. Meistens waren die Menschen in diesen Dörfern äußerst überrascht, uns zu sehen. Ich konnte in ihren Gesichtern lesen, dass sie noch nie einem westlichen Soldaten begegnet waren, nicht mit unserer Präsenz gerechnet hatten. Aber genau darum ging es dem Chef: Den Menschen zeigen, dass wir sie nicht sich selbst überließen. Den Aufständischen zeigen, dass wir in ihre Rückzugsgebiete vordrangen. Dort, wo wir nicht angegriffen wurden, hatten wir für die Kinder immer ein paar Packungen Kekse aus den Notrationen oder kleine Wasserflaschen dabei.
    Aber die Kämpfe häuften sich mit der Zeit ebenfalls. Wir wurden selten während dieser Patrouillen angegriffen. Meistens an der Hauptstraße durch den Distrikt Chahar Darrah. Woche für Woche erwartete die Kompanie irgendein Gefecht, meist waren es nur kurze Scharmützel. Aber sie erinnerten uns daran, immer auf der Hut zu sein. Da wir nach wie vor nicht wussten, wie lange der Einsatz dauern sollte, richteten wir uns auf viele Monate ein.
    So veränderten wir uns, einige mehr, andere weniger. Während bei den meisten die Haare und Bärte immer länger wurden, waren es bei anderen weniger offensichtliche Dinge. Ich saß immer öfter bei den Sprachmittlern oder den Amerikanern, anstatt meine freie Zeit mit den Jungs aus meiner Gruppe zu verbringen. Und ich fing an, im Polizeihauptquartier Sport zu treiben. Es waren nur wenige, die das hier draußen taten. Ich steckte mir Kopfhörer in die Ohren und drehte Runde um Runde im Innenhof. Vielleicht wollte ich mich so ein wenig verkriechen, meinen eigenen Rückzugsort schaffen. Manchmal spielten wir zusammen mit den Amerikanern Football oder Softball im Hof. Es war ein Ausgleich für die harte Arbeit, die wir taten. Stressbewältigung.
    Ich fühlte mich gut dabei und beobachtete auch die anderen, wie sie nach so einem Tag scherzten und entspannt zusammensaßen. Gefühle waren einfach zu verstehen. Schwierig zu verstehen war nur, was sie mit uns machten und warum wir das oft nicht merkten. Was unter der Oberfläche lag. Ich wollte verstehen, was all diese Gewalt in uns allen anrichtete. All die Kämpfe, die Bomben, die Feindseligkeit. Je mehr Gewalt sich in unserem Alltag offenbarte, umso gleichgültiger schienen wir sie wahrzunehmen. Was zunächst besonders oder einfach nur erschreckend war, wurde schnell Normalität. Wir nahmen es hin, weil uns nichts anderes übrig blieb. Weil wir kämpfen mussten. Weil es uns aufgezwungen wurde. Weil wir uns dafür entschieden hatten.

KILLBOX
    Das Polizeihauptquartier als ein Zuhause zu bezeichnen, erschien mir fast schon makaber. Aber so war mein Empfinden. Es bot einen gewissen Schutz. Geborgenheit im Feindesland. Ich kehrte gerne hier hin

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