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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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komme, dass ich mich in seine Nähe traue.
    „Danke Schatz. Weißt du, mich nervt das hier total … mit der Matratze auf dem Boden. Ich meine, jetzt haben wir so 'ne große Wohnung und nutzen sie nicht. Außerdem bin ich ja bei dir … du musst doch keine Angst haben.“
    Am liebsten würde ich ihr sagen, dass es scheißegal ist, ob sie nachts bei mir ist. Am liebsten würde ich ihr sagen, dass es hier eben nicht um eine kindische, unbegründete Angst geht … es geht darum, dass da etwas IST – etwas, von dem ich nicht weiß, was es tun wird und wozu es imstande ist. Als ich Paula antworte, da ist es mir, als spräche jemand anders, als höre ich einer völlig Fremden beim Sprechen zu.
    „Klar, das ist ja auch blöd. Saugst du vorher noch im Schlafzimmer die Fliegen weg?“
    „Ja, mach ich.“
    Wir frühstücken weiter, essen unser Zeug. Wir streiten nicht, aber die Stimmung ist komplett im Arsch … zumindest meine Stimmung. Ich schaue zum Fenster raus, Paula schaut in die Wohnung, in diese unsere scheiß Wohnung im scheiß Herbsthaus. Mein Brötchen schmeckt mir nicht mehr, auch nicht der lauwarme Kaffee.
    „Ich mach' mal die Runde.“
    Paula dreht den Kopf zu mir. Merkt sie überhaupt, wie kacke es mir gerade geht?
    „Jetzt schon?“
    „Dann hab ich's hinter mir.“
    „Aber hilfst du mir nachher mit der Matratze?“
    Klar, hab ich doch gesagt … bin in 'ner halben Stunde wieder da.“
    Raus hier. Stift, Protokoll, Generalschlüssel, Taschenlampe … und dann raus hier. Nicht nur raus aus der Wohnung, auch raus aus dem Flur, raus aus dem vierten Stock (Hallo Aufzug, alter Freund! Immer noch da?) und raus aus diesem Haus.
    Okay, alle Fenster heil, auch die blauen Plastikfolien an den Fensterlöchern, hinter denen es gebrannt hat. Es liegt kein Müll herum, es gibt keine neuen Graffiti und es stapfen auch keine Dinosaurier über den Parkplatz. Ich mache meine Häkchen und gehe zurück in die Eingangshalle. Ganz kurz nur lege ich mein Ohr an die große Glastür, hinter der Kerstin und ihr Typ wohnen. Nichts zu hören … obwohl sie doch jetzt Radio und Fernseher haben. Vielleicht sind die ja gerade unterwegs. Von was leben die überhaupt? Schnorren sie in der Fußgängerzone irgendwelche Leute an? Hallo, haben Sie vielleicht 'nen Euro? Wir wollen nach Kanada.
    Um den verkommenen Innenhof herum gehe ich Richtung Treppenhaus … und dann hinunter in den Keller. Ich schließe die Tür auf, hinter der die Abteile liegen, diese aus splittrigen Holzlatten zusammen-genagelten Käfige für Sachen, die keiner mehr haben will. Ich gehe nicht hinein in den tiefen Raum, ich schalte nur das Licht an und schaue nach, ob der Wäschekorb mit dem Kostüm noch dort steht, wo ich ihn gestern hingestellt habe. Ja, da ist er … gleich neben der Tür. Ein Klumpen Fell im rosa Körbchen, eine große schwarze Hand liegt obenauf. Sind das echte Fingernägel?
    Ohne darüber nachzudenken stupse ich mit der Fußspitze den Korb an … so wie man ein totes Tier anstupst, bei dem man sich nicht sicher ist, ob es auch wirklich tot ist. Dann mache ich das Licht aus, schließe die Tür ab und gehe am Sicherungskasten vorbei zur Treppe.
    Jetzt die Stockwerke, von unten nach oben. Eins, zwei, drei, fünf und sechs, dann zurück ins vierte. Alles in Ordnung, nichts Auffälliges. Kurz überlege ich, die ausgebrannte Wohnung zu erkunden, lasse es dann aber bleiben. Nicht dass ich Angst vor dieser Wohnung hätte … ich weiß bloß nicht, was solch eine Erkundung bringen soll, außer dass ich dann auch mal eine ausgebrannte Wohnung gesehen hätte.
    Während ich durch die runden Flure wandere und meine Kreuze mache, verbessert sich meine Stimmung. Vielleicht tut mir die Bewegung gut, vielleicht musste ich auch einfach mal raus. Es ist ja absolut verständlich, dass Paula zurück ins Schlafzimmer will. Wieso sollte ich ihr das übel nehmen? Schließlich bin ich diejenige, die ihre Freundin verarscht, die ihr verschweigt, was hier eigentlich vor sich geht … aus einer völlig bescheuerten Angst heraus, als verrückt zu gelten. Soll ich reinen Tisch machen? „Hör mal zu Paula, hier spukt es, hier ist ein kleines Mädchen mit Verbänden unterwegs, außerdem ein aufrecht gehender Affe, eine alte Frau und vielleicht, aber nur vielleicht, steckt auch der Aufzug mit drin. Ich kann dir noch nicht genau sagen, wie genau das alles zusammenhängt, aber ich arbeite dran. Weißt du, dieser Psychiater, bei dem ich gestern war, der ist nämlich schon etwas

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