Vilja und das Raeuberfest
Freifahrtschein für das Halbfinale bekommen: Päivikki Partanen würde man mit einem Fingerhaken schultern können. Das nächste Paar, Mia Levander und die neue Ringerin der Stilette, Julia Järnström, waren ein aufregenderes Match. Mia war eine lange Ringerin, die aufgrund ihrer Größe schwer zu packen war, aber um Julia rankten Gerüchte, wie intensiv die Alte Hanna sie trainiert hatte. Was das dritte Paar betraf, hatte ich schlimme Vorahnungen: Berta Hurmala gegen Seita-Mysteria Anteroinen. Das war ein Kampf, von dem ich hoffte, dass Mysteria als Gewinnerin hervorgehen würde.
Die Giftzwillinge bereiteten mir große Sorgen, und ich hätte sie weder als Gegner für mich noch für einen anderen gewünscht. Indem ich über die anderen Wettkampfteilnehmerinnen schwatzte, versuchte ich Kalles Aufmerksamkeit weg vom Wesentlichen zu lenken: Heles Los war einfach nur schrecklich gewesen. Bereits in der Anfangsrunde müsste sie gegen ihre alte Feindin Tuija Pärnänen antreten. Es war klar wie Kloßbrühe, dass der Rand des Rings voller herumgrölender P-Westen sein würde.
Hele tat die ganze Nacht kein Auge zu. Unser gemeinsamer Schlafplatz war im Vorzelt. Das Geschnarche vom Wilden Karlo dröhnte aus dem Bus heraus, aber daran hatte ich mich schon gewöhnt. Stattdessen wachte ich immer wieder auf, sobald der Wind den Zeltstoff neben dem Ausgang bewegte. Jedes Mal, wenn ich meine Augen öffnete, sah ich vor dem Fenster die schlaflose Hele stehen, die in den Himmel starrte. » Schlaf nur«, sagte sie zu mir, als sie sah, dass ich schon dabei war aufzustehen. » Vergiss nicht, dass auch du morgen einen Wettkampf hast!«
Obwohl es im Morgengrauen noch geregnet hatte, wurde es mit der aufgehenden Sonne rasch heiß und schwül.
» Tropische Verhältnisse – gut, gut » , murmelte Hele. » Das gibt einen kleinen Klima-Vorteil, zumindest in Bezug auf Seita.«
» Und was ist mit der Pärnänen?«, jammerte ich. » Die musst du doch auch besiegen!«
» Ja, die scheint dazwischen zu sein«, gähnte Hele. Ihre nächtliche Unruhe war weg, und sie wirkte fast gleichgültig. Sie drehte ihr Glas hin und her, sodass die Flüssigkeit darin zu kreisen begann, dann erst nahm sie einen Schluck. Je weniger Flüssigkeit übrig war, desto mehr weiteten sich ihre Nasenlöcher. Das, so hatte ich beim SCHWINDEL n gelernt, war ein klitzekleines Anzeichen dafür, dass sie irgendetwas nicht mochte. Zitronenlimo war das also schon mal nicht!
» Was ist in dem Glas?«, fragte ich, während ich eine Wasserflasche und mein Notizheft in meinen Rucksack packte. Erst dadurch wurde mir richtig bewusst, dass ich bis zum späten Abend mehr oder weniger alleine klarkommen musste.
» Säurehemmer! Eine Soforthilfe für alle möglichen Beschwerden, damit übersteht man die Halbzeit viel leichter«, antwortete Hele.
» Zur besseren Verdauung?« Ich war verwundert.
» Ach was«, grinste sie. » Das ist eine Arznei zur Vorbeugung. Das ist der ganze Sinn der Sache.«
Ich kannte sie lange genug, um zu wissen, dass sie irgendeine teuflische Überraschung vorbereitete.
» Gestreift oder elegantes Schwarz?«, rief der Wilde Karlo und kam aus der Bustür in unser Zelt ohne sein Hemd anzuhaben. » Das ist eine außergewöhnliche Situation – ZWEI Hemden ohne Senf-Flecken!«
» Schwarz!«, Hele und ich antworteten wie aus einem Mund. Wir wussten, dass die breiten Querstreifen die stattliche Vorderseite des Räuberhauptmannes nur noch mehr betonten. Dann verabschiedete sich Hele und ging los, um sich vor dem Wettkampf noch aufzuwärmen.
» Schwarz ist natürlich stilvoll.« Der Wilde Karlo zog sich das Hemd über und bat Hilda, den Spiegel zu halten. » Klassisch, aber irgendwie ausdruckslos, im Stil von Durchschnittsmännern wie Paul Newman und Jacques Cousteau. Der Repräsentant der Nation kann das besser!«
» Wovon spricht er?«, fragte Hilda und begann, leise zu lachen. » Jetzt ist ihm die Hitze endgültig zu Kopfe gestiegen!«
» Er denkt, dass er schon der neue Räuberherrscher ist«, flüsterte ich. » Oder zumindest stellt er sich das ganz fest vor.«
» Außerdem …« Der Wilde Karlo hob seinen Zeigefinger wie Kaiser Nero und warf das schwarze Hemd zur Seite. » Außerdem tritt meine Tochter Helmina in Streifen auf. Sie trägt den alten Kampfanzug ihrer Mutter und zittert dabei vor Stolz!«
Augenblicklich war es um Hildas und meine Selbstbeherrschung geschehen, und wir fanden uns lachend auf dem Boden wieder. » Zittert?«, kicherte ich und
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