Vilja und das Raeuberfest
bekam keine Luft mehr.
» Ja-aa, sie zittert!«, wiederholte der Räuberhauptmann hartnäckig. » Wenn sie etwas Gestreiftes trägt, trage auch ich etwas Gestreiftes. Mein Töchterchen …« Seine Stimme wurde dunkler vor Vaterstolz, » … ist von den Räubern die räuberischste. Das Lakritz unter den Süßigkeiten. Die Grace Kelly der Räuberinnen!« Er fing an, sich das gestreifte Hemd überzuziehen, das ihn zumindest von der Masse abheben würde.
» Helmina?«, wurde mir da plötzlich klar. » Also, das ist doch nicht euer Ernst? Hele Räuberberg heißt in Wirklichkeit HELMINA ?«
» Nee, Blödsinn …«, murmelte Hilda, schaute mir dabei aber nicht in die Augen.
Durch die Fähigkeiten, die ich beim SCHWINDEL n trainiert hatte, war ich mir aber sicher, dass sie nicht die ganze Wahrheit erzählte oder schlicht und ergreifend log.
Das Quiche-Essen hatte ein großes Publikum angelockt. Jeder der Teilnehmerinnen hatte vor sich sieben Stücke Quiche liegen, sein eigenes musste man natürlich nicht essen. Die Stücke waren kleiner als im Vorentscheidungskampf des letzten Jahres, denn die Größe war abhängig von der Teilnehmerzahl. Zudem wurde auch für die Schiedsrichter je ein kleines Stückchen reserviert. Seit dieser neuen Regelung waren Ziegelsteinbrocken, Haarkämme, Zahnstocher, Stricknadeln und Glassplitter in den Quiches deutlich weniger geworden. Ich sah, wie Hele ihre Portionen auf dem Tablett in der Reihenfolge anordnete, in der sie sie essen wollte. Sie schien sich in ihrer eigenen Welt zu befinden, in der sie niemand stören konnte.
Zu den ekligeren Stücken gehörte unbestreitbar Seita-Mysteria Anteroinens Malzbrei-Schnecken-Quiche. Bei dem bloßen Gedanken daran lief mir ein Schauer über den Rücken. A-Kas versalzene Quiche und Heles Super-Überraschungs-Quiche waren ebenfalls harte Brocken. Heles Quiche unterschied sich von den anderen, denn man merkte nicht sofort, dass sie total widerlich war. Ihre Bohnen-Fleisch-Quiche schmeckte beim ersten Bissen sogar noch ganz gut. Laut Hele und Hilda waren sowohl das Natron als auch die Chilis die hinterhältigen Zutaten. Die Grausamkeit der Chilis begriff man erst, wenn man das Stück schon fast heruntergeschluckt hatte, während das Natron und die Bohnen erst später im Bauch zu rumoren anfangen würden.
Die arme Päivikki Partanen hatte nur eine ganz harmlose Quiche hingekriegt. Ihre geplante scheußliche, feurige Hühnchen-Curry-Zimt-Quiche schmeckte lediglich nach einer verfeinerten, scharfen Version und überhaupt nicht scheußlich. Ich bemerkte, wie Hele lächelte und sich sogar über ihre Lippen leckte, als sie mit drei Riesenbissen die Quiche der Auto-Stopperin herunterschlang. Päivikki selbst bekam zweimal zwei Punkte Abzug dafür, dass sie bei Julia Järnströms Fischgräten-Quiche und wegen der Chilis in Heles Quiche ganz schlimm zu husten angefangen hatte. Auch Mia Levander hätte beinahe Punkte verloren, als sie beim ersten Stück versehentlich eine von Seita Anteroinens Schnecken durchbiss und vor Entsetzen kreischte – und zwar genau eine Minute lang, so wie es die Regeln erlaubten, ohne dass man Punktabzug bekam. Als die Minute abgelaufen war, kniff sie ihre Augen zusammen und schluckte mit einer unbegreiflichen Willenskraft den Rest hinunter.
Das Quiche-Essen wurde ehrenvoll beendet. Die Räuber tobten und jubelten und warteten ungeduldig auf den Beginn der Ringkämpfe. Am Ende traten die ersten beiden Paare in Ring eins und zwei. Hele schüttelte voller Erwartung ihre Hände aus. In Ring zwei bereitete sich Seita auf den Kampf vor und nahm einen Schluck aus ihrer Flasche. Sie würgte und spuckte dann das Wasser aus. » Warm …«, sagte sie. Dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck und wurde ganz besorgt. » Waschmittel!!«
Es begann ein riesengroßer Lärm. Seita verlangte eine Untersuchung. In Hilda kam Bewegung, und sie rannte zum Rand des ersten Rings, um Heles Wasserflasche zu untersuchen. Sie hob ihre Hand und gab damit das Zeichen, dass auch in der Flasche ihrer Tochter Waschpulver war. A-Ka Mikkonen, Mia Levander und Päivikki Partanen fingen ebenfalls an, ihre Trinkflaschen zu kontrollieren.
Während Julia Järnström hinter ihrer Spiegelbrille völlig gleichgültig wirkte, lächelten Tuija Pärnänen und Berta Hurmala hinterhältig. Sie schienen das Durcheinander regelrecht zu genießen. Der Mattenrichter von Ring zwei sammelte Seitas und Heles Flaschen ein und ging zum Schiedsrichter von Ring eins, um sich dort
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