Vilja und das Raeuberfest
große Klappe hatten, aber wenig dahinter steckte.
Bei den Motor-Horrorianern sah die Sache allerdings ganz anders aus. Diese Räubergruppe machte zwar einen harmlosen Eindruck, aber in Wirklichkeit waren sie geschickt und gefährlich. Und so täuschte auch das Aussehen von Markus gewaltig. Markus war ein junger Mann, der voller Geheimnisse steckte. In den Pausen zog er sich meist in irgendeine ruhige Ecke zurück und flüsterte in sein Handy. Seine Körpersprache war darauf trainiert, locker zu wirken, sein Blick war wie der von A-Ka – gelassen und direkt –, und als wir vor dem Zelt auf den Beginn des Kampfes warteten und frische Luft schnappten, sah ich, wie er mit einem anderen Motor-Horrorianer, der zu den Veranstaltern der Disziplin gehörte, Dart-Pfeile warf. Er hatte eine Wurfhand, die Hele Konkurrenz machen könnte!
Meine vierte Gegnerin war Paula Partanen von den Auto-Stoppern aus Savo. Die Ehefrau des Chefs Heikki-Teufelsauge hatte ihre Tochter Päivikki verhöhnt, weil diese so schlecht bei Q & R abgeschnitten hatte. Man sah ihr an, dass sie es gewohnt war, Kommandos zu erteilen – während der ganzen Ansage fegte ihr Blick über das Publikum hinweg wie ein Scheinwerfer im Gefängnis. Ihre sichelförmige, schon etwas angegraute Prinz-Eisenherz-Frisur schwang um ihr Gesicht, als sie die gegnerischen Reihen betrachtete. Während ich sie so beobachtete, kam mir ein Geier in den Sinn, der sich gerade auf seine Beute gesetzt hatte. Um ehrlich zu sein, war ich nicht besonders scharf darauf, gegen sie anzutreten!
Die fünfte Gegnerin hatte ich schon gesehen, als sie sich bei Q & R als ihre Schwester ausgegeben hatte. Es war der zweite Giftzwilling: Martha Hurmala. Dank Heles Beschreibung entdeckte ich hinter ihrem Ohr die mit Zöpfen nur notdürftig bedeckte kahle Stelle. Martha grinste, als sie mich sah, machte mit der Hand eine Geste, als würde sie jemandem den Hals abschneiden und zeigte dann auf mich.
Sie schien nicht gerade froh darüber zu sein, gegen ein kleines Mädchen antreten zu müssen. Zum ersten Mal dachte ich darüber nach, was wohl passieren würde, wenn ich in dem Wettkampf siegen würde. Wäre ich dann in Gefahr?
Ich wurde als Letzte vorgestellt und konnte förmlich spüren, wie mich die bösen Blicke der Räuber durchkitzelten. Es hatte schon die Runde gemacht, dass um mich herum anders als sonst keine schützende Räuberberg-Familie war. Das Wettkampfzelt schien voller Pärnänens zu sein, die sich über mich lustig machten. Neben ihnen waren gefährlich dreinblickende Hurmalas und Auto-Stopper aus Savo, deren Haut von Wind und Sonne auf den einsamen Landstraßen gegerbt worden war. In diesem Moment fehlten mir die Räuberbergs ganz besonders, vor allem Hele. Rückschläge schienen sie sogar noch mehr anzustacheln. Wenn sie jemand anstarrte, beantwortete sie dies, indem sie mit ihrem Dolchblick zurückstarrte, bis der Glotzer unter ihrem Blick tot zusammenbrach.
Ich muss etwas gestehen: Ich würde die Situation beschönigen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich ziemlich ausgebuht wurde.
Kapitel 28
in dem der
gegnerische Halbfinalist
Vilja auf die Pelle rückt
I m Halbfinale entschied sich, welche drei Teilnehmer ins Finale kommen würden. Man brauchte zwei Halbfinal-Siege, nach denen man entweder eine Pause machen oder dableiben konnte, um sich die weiteren Wettkämpfe anzusehen. Mir war bewusst, dass die anderen Räuber sich untereinander kannten.
Markus und ich kamen in die Spiele als Neulinge, was sowohl ein Nachteil als auch ein unschätzbarer Vorteil sein konnte. Keiner kannte unsere Körpersprache, wenn wir logen. Man konnte uns nicht durchschauen, aber genauso wenig konnten wir die anderen durchschauen! Hoffentlich hatte es Hele geschafft, mich in der kurzen Zeit gut genug zu trainieren.
Die Runden der Vorentscheidung waren so schnell wieder vorbei gewesen, dass man keine Zeit für große Analysen hatte. Um weiterzukommen, brauchte ich also eine schnelle Auffassungsgabe und einen guten Instinkt.
Per Losverfahren wurde entschieden, dass ich als Erstes gegen Paula Partanen von den Auto-Stoppern aus Savo kämpfen musste. Vorteil: Ich hatte noch keine schlechten Erfahrungen mit ihr gemacht und konnte mich somit nicht vor ihr fürchten. Nachteil: Ich wusste nichts über sie, außer dass sie einen Adlerblick hatte. Nachdem ich ein Weilchen nachgedacht und mir meine Sätze genau zurechtgelegt hatte, sagte ich sie der Jury. Es wurde eine Münze geworfen und Paula gewann
Weitere Kostenlose Bücher