Vilja und das Raeuberfest

Titel: Vilja und das Raeuberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Kolu

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– sie durfte also entscheiden, wer anfangen sollte und entschied sich für sich selbst. Aus ihrer Gestik sah man, wie wenig sie von mir als Gegnerin hielt, sie lachte leise und stellte sich schnaufend in die Startposition. Die Räuberin kniff die Augen zusammen, während sie mich anschaute, so als hätte sie keine Lust, mich vernünftig anzugucken oder als würde ich irgendeinen Steuerzahler -Gestank absondern. Ein Gedanke schlich sich in meinen Kopf, noch bevor ich es schaffte, ihn aufzuhalten: Wenn ich doch nur die Chance bekommen würde, diese dämlich-eingebildete Räuberin im Finale durchzukitzeln!
    Das waren die drei Sätze von Paula Partanen:
    1) Die Stopper aus Savo sind eine erfolgreiche Bande. Ihr Herrschaftsgebiet hat sich auf der Straße 27 hundert Kilometer von Iisalmi in Richtung Haapajärvi und Ylivieska vergrößert.
    2) Das Programm des diesjährigen Sommerfestes befolgt nicht die Regeln.
    3) Meine Tochter hat ein Examen in einem bedeutenden Fachgebiet absolviert.
    Sie schien mit sich selbst sehr zufrieden zu sein und schmunzelte geradezu. Die Sätze entsprachen völlig den Regeln der Disziplin: Sie hatten etwas mit dem Räuberleben zu tun, es war einfach, ihre Richtigkeit zu beweisen, und sie beinhalteten auf jeden Fall ein großes Risiko. Mir kam in den Sinn, ob sie vielleicht schon zu gefährlich waren, denn ich hatte bemerkt, dass bei den ersten beiden Sätzen ein Raunen durch das Publikum ging. Nummer zwei schien die Wettkampfordnung zu kritisieren. Über das Sommerfest zu reden, wenn es gerade stattfand, war eigentlich tabu. Über so was konnte man bei der Rückreise lästern, wenn man entweder verloren oder gewonnen hatte. Wenn alle Räuber beisammen waren, biss man die Zähne zusammen und tat so, als wäre man mutig.
    Ich begriff, dass Satz eins aber noch risikoreicher war. Über die Herrschaftsgebiete der Räubersippen hatte ich schon von Hele gehört. Davor hatte ich geglaubt, dass jeder dort rauben würde, wo er gerade unterwegs war. Über diese Gebiete zu sprechen war, als streute man Salz in eine offene Wunde. Besonders jetzt, da der Große Pärnänen gestorben war und die Macht wieder ganz neu verteilt werden musste. Oder geklaut werden würde … Über solche gefährlichen Dinge musste man also beim SCHWINDEL -Wettkampf reden?
    Hele hatte gesagt, dass man im Halbfinale seine Vermutungen laut äußern durfte, wenn man das wollte. Dabei konnte man die Reaktion seines Gegners beobachten und sich dann entscheiden, welcher der Lügen-Satz sein könnte. Die große Arroganz von Paula Partanen verdeckte allerdings alle möglichen Lügen-Anzeichen. Sie bürstete ihre Prinz-Eisenherz-Frisur und wirkte mehr wie eine Politikerin als wie die Chefin der Savo-Räuber. Ich stand von meinem Stuhl auf und lief ein bisschen umher, um meine Gedanken zu sortieren. Paula Partanens Arroganz kam nicht wegen unseres Altersunterschieds, also weil sie gegen ein Kind antreten musste. Es sah eher so aus, als protestierte sie gegen meine Anwesenheit und versuchte, allen zu zeigen, wie peinlich es war, gegen mich zu kämpfen. Gleichzeitig spielte sie mit einer gefährlichen Unvorsichtigkeit, weil sie mir nichts zutraute. Sie hielt mich für eine Steuerzahlerin und glaubte scheinbar, dass ich so etwas wie ein Maskottchen der Räuberbergs war, das diese immer dabei hatten.
    » Der erste Satz«, sagte ich laut, » könnte wahr sein, er könnte aber auch Quatsch sein. Schließlich wird ja hier um die Herrschaftsgebiete gekämpft!«
    Paula Partanens Augen wurden größer. Glaubte sie etwa ernsthaft, dass ich so ein Dummchen war, das ich nicht wusste, was ein Herrschaftsgebiet war? Genau die hatte ich mir doch auf den langen Autofahrten mit Hilfe des Autoatlas der Räuberbergs den ganzen letzten Sommer über regelrecht auswendig gelernt. Zorn stieg in mir hoch, aber ich ließ mir nichts anmerken.
    » Viele Räubersippen respektieren nicht mehr die ursprünglichen Herrschaftsgebiete. Die Unheilvollen vom Fjäll haben sich zwischenzeitlich ganz schön nach unten ausgebreitet, die Straße 27 entlang in Richtung Süden, ganz bis zur Straße 77 runter. Damit wird’s an der Küste eng. Von Ylivieska ist es nur noch ein Katzensprung nach Oulu und dann ein weiterer nach Pietarsaari. Man ist also sowohl auf dem alten Terrain der Fliegenden Stilette als auch auf dem neuen Gebiet von Motor-Horror, weil sich auch das viel weiter nach Norden hin ausgebreitet hat, als es ursprünglich sollte. Wem gehört also das Terrain, das sich