VILLA DER LEIDENSCHAFT
vergessen.
In derselben Woche kam ein alter Freund ihrer Mutter aus Kindertagen zu Besuch. Er war nach Neuseeland ausgewandert und wollte nun einen längeren Urlaub in seiner alten Heimat verbringen. Aus den täglichen Besuchen entspann sich rasch eine Liebesbeziehung, die Maura Fletcher aufblühen ließ. Deshalb war sie viel zu beschäftigt, um die immer ungewöhnlicher werdenden Arbeitsstunden ihrer Tochter zu bemerken.
Ab der dritten Woche fing Katie an, Röcke zu tragen. Alexandros unterstellte ihr, mit dem Gärtner geflirtet zu haben, der alt genug war, um ihr Vater zu sein. In dem folgenden Streit drohte Katie mit Kündigung, woraufhin er sie eine Plage nannte, in seine Arme schloss und küsste. Den ganzen Weg in den ersten Stock, hinauf zu seinem Schlafzimmer unterbrach er den Kuss nicht ein einziges Mal. Ihre glühende Leidenschaft füreinander hatte sie in eine grenzenlose Affäre stürzen lassen. Nur darüber gesprochen hatten sie nie.
Jetzt, da sie wach im Schlafzimmer auf Alexandros’ wunderschönem Anwesen lag, kam Katie zu dem Schluss, dass sie sich unbedingt davor schützen musste, ein zweites Mal verletzt zu werden. Sie hatte mit den Zwillingen das Mittagessen eingenommen, dann einen Spaziergang mit ihnen gemacht und danach alleine zu Abend gegessen. Sie konnte nicht vergessen, wie intensiv damals ihre Gefühle für Alexandros gewesen waren. Dabei hatte sie die Augen vor allen Warnsignalen verschlossen. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie so sehr geliebt, hatte in Wahrheit gar nicht geahnt, was Liebe war, bis sie ihr kampflos erlegen war.
Am nächsten Morgen lag Alexandros der Bericht der DNA-Analyse vor. Das Ergebnis überraschte ihn nicht. Die 99,999 Prozent Wahrscheinlichkeit einer Vaterschaft entsprachen genau seinen Erwartungen. Er war der Vater der beiden kleinen Jungen, die im Moment das Kinderzimmer im obersten Stock belegten.
Er legte gerade das Papier zur Seite, als sein privates Telefon klingelte. Pelias Christakis.
„Es sind meine Kinder“, beantwortete er die ungeduldige Nachfrage seines Großvaters.
„Und wie fühlst du dich?“
„Wie ich mich fühle, ist nicht wichtig“, entgegnete er.
„Es muss Schicksal sein“, fuhr Pelias ohne zu zögern fort. „Du hast gesagt, du willst keine Kinder, und … plötzlich sind sie da.“
Zähneknirschend erinnerte Alexandros sich an seine eigenen Worte. Er bot an, zu seiner Großmutter zu fliegen und ihr die Neuigkeit persönlich zu überbringen. Doch Pelias antwortete seufzend, er würde das lieber selbst tun. Auch Alexandros’ Nachricht, dass er die Engländerin bald heiraten würde, schien die Laune des alten Griechen nicht zu bessern.
Katie hatte gerade Toby und Connor gebadet, als sie die Nachricht erhielt, dass Alexandros in der Bibliothek auf sie wartete. Auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer, um sich ein wenig herzurichten, erstarrte sie. Ihr Gesicht war gerötet, ihr Haar nicht frisiert, und sie trug Jeans und T-Shirt. Aber ist das wichtig? fragte sie sich. Sie musste lernen, Alexandros nur als den Vater ihrer Kinder zu sehen und alle persönlichen Gefühle unterdrücken. Zudem konnte sie an ihrer Erscheinung sowieso nichts ändern, weil sie weder Make-up noch elegante Kleidung eingepackt hatte.
Auf ihrem Weg nach unten betrachtete sie das Porträt der hübschen Ianthe, wandte den Blick jedoch schnell wieder ab, als ein Gefühl von Eifersucht in ihr aufstieg. Ianthe war Griechin, reich, im klassischen Sinne schön und Alexandros’ große Liebe. Katie stellte fest, dass sie noch nicht einmal in die Richtung des Gemäldes blicken wollte – schien es doch für alles zu stehen, was sie nicht war, und ließ sie sich klein und unwichtig fühlen.
Alexandros stand am Fenster, als sie die Bibliothek betrat. Tadellos gekleidet in einen grauen Anzug mit einer rot-grau gestreiften Krawatte, riss die Wirkung seiner männlichen Attraktivität mühelos einen Teil ihrer Schutzmauer ein.
„Du bist der unsichtbarste Gast, den ich je beherbergt habe“, murmelte er. Seine gesamte Aufmerksamkeit warauf ihr herzförmiges Gesicht gerichtet. Wie konnte sie nur ohne das geringste Make-up so gut aussehen, fragte er sich. „Ich habe dich seit gestern nicht mehr gesehen.“
Katie warf ihm einen flüchtigen Blick zu, dann senkte sie den Kopf. Doch vor ihrem inneren Auge sah sie immer noch sein Bild, und das raubte ihr den Atem. Von ihrer angestrebten Gleichgültigkeit war sie noch weit entfernt. „Das Haus ist sehr groß.“
„Bevor ich es
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