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Villa Oma

Villa Oma

Titel: Villa Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
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Oma, „dann werden wir weitersehen.“
    Am Nachmittag ging Oma noch einmal auf die Polizeiwache. Der Wachtmeister saß hinter seinem Tisch und sah aus wie ein trotziger Schüler, der nicht ganz einsieht, daß er etwas falsch gemacht hat.
    Oma lächelte ihn freundlich an.
    „Lieber Herr Wachtmeister“, sagte sie in ganz anderem Ton als heute vormittag , „ich brauche dringend Ihren Rat und Ihre Hilfe. Erstens muß ich noch einmal mit diesem Alfred sprechen, diesem Kerl, der in Ihrer Zelle seinen Rausch ausschläft.“
    „Er ist eben aufgewacht“, sagte der Wachtmeister.
    „Um so besser“, meinte Oma, „dann können wir ja gleich zu ihm gehen.“
    „Wir?“ fragte der Polizist noch immer grollend, „ich denke, Sie wollten ihn sprechen?“
    „Das will ich auch“, sagte Oma, „aber ich würde mich nie im Leben allein zu diesem wilden Kerl trauen. Es wäre wunderbar, wenn Sie mich begleiteten. Sie sind so stark und beeindruckend, auch wenn Sie manchmal ein bißchen zu streng sind. In Ihrer Gegenwart wird niemand wagen, einer Dame etwas anzutun. Bei Ihnen fühle ich mich beschützt und geborgen.“
    Der Polizist räusperte sich verlegen: „Na dann“, sagte er, „gehen wir.“ Er hielt Oma die Tür auf und deutete eine kleine Verbeugung an, als er sie vorbeiließ.

    Der „schlimme Alfred“ lag auf seiner Pritsche und starrte sie mit glasigen Augen an.
    „Steh auf!“ herrschte der Wachtmeister ihn an. „Siehst du nicht, daß eine Dame dich besucht?“
    Mühsam richtete sich der Mann auf, versuchte zu stehen, sackte aber wieder schwer auf das Bett, blieb dort hocken und hielt sich stöhnend den Kopf.
    „Hören Sie“, sagte Oma, „ich bin gekommen, um Ihnen Ihren Esel abzukaufen.“
    Der Mann sah sie verblüfft an. „Aber ich will ihn gar nicht verkaufen.“
    „Sie werden ihn verkaufen, und zwar mir“, sagte Oma, „es sei denn, es ist Ihnen lieber, daß Sie einen Prozeß wegen Tierquälerei an den Hals bekommen.“
    „Himmel, nein“, jammerte der Mann, „ich bin doch gerade erst aus dem Kittchen heraus.“
    „Also gut.“ Oma kramte in ihrer Handtasche. „Hier sind hundert Mark.“ Sie legte die Geldscheine auf die Pritsche neben Alfred. „Und nun gehört der Esel mir, der Herr Wachtmeister ist Zeuge.“
    Jetzt wurde der Mann wütend. „Sie sind wohl nicht ganz bei --“ Er stockte mit einem Blick auf den Polizisten. „Ich verkauf doch den Esel nicht für hundert Mark, der ist ja viel mehr wert.“
    „Sie haben das Tier für hundert Mark gekauft, das weiß das ganze Dorf. Es war schon damals alt und abgearbeitet. Und durch Ihre Behandlung, durch Schläge und Hunger ist es nur noch elender geworden.“
    „Aber hundert Mark waren auch damals zu wenig. Ich habe doch den kleinen Idioten übers Ohr gehauen.“ Er blickte Oma listig von unten an. „ Woll’n Sie mich etwa auch übers Ohr hau’n ?“
    „Ja“, sagte Oma. „Also, wie ist es, wollen Sie den Prozeß oder krieg ich den Esel?“
    Mit einem Fluch steckte der Mann das Geld ein und warf sich wieder auf die Pritsche. Als Oma durch die Tür ging, rief er ihr noch nach:
    „Hoffentlich schlägt und beißt er Sie genausoviel wie mich, das Mistvieh!“
    In der Amtsstube sagte der Wachtmeister unsicher: „Im Grunde verstehe ich Sie, gnädige Frau, aber die Methode, mit der Sie ihm das Tier abgekauft haben — ich weiß nicht, war die nicht ein bißchen seltsam?“
    Oma nickte versonnen. „Ich glaube, Sie haben recht, Herr Wachtmeister, aber der Esel denkt bestimmt anders darüber, und der ist doch hier schließlich die Hauptperson.“
    Plötzlich aber kramte sie wieder in der Tasche und zog eine Zeitung hervor. „Übrigens, ich wollte schon seit Tagen zu Ihnen, weil ich dieses Kreuzworträtsel nicht herausbekomme. Da oben in der linken Ecke habe ich mich einfach festgefahren. Können Sie mir helfen?“
    Sie hatten beide eine ganze Weile zu tun, aber schließlich schafften sie es doch, und das Rätsel war gelöst. Sie schieden, trotz der vorangegangenen Mißstimmungen , wieder als Freunde.
    Am Abend saß Oma bei Frau Hubermeier, nachdem sie sie gebettet und ihr Abendbrot gemacht hatte, und plauderte mit ihr. Um sie ein wenig von den eigenen Leiden abzulenken, erzählte sie ihr von den Geschehnissen des Nachmittags. Frau Hubermeier hörte gespannt zu.
    „Und was wird nun aus dem Esel?“ fragte sie.
    Oma machte ein sorgenvolles Gesicht. „Wenn ich das wüßte. Die Ziege läßt ihn nicht in unseren Stall. Sie ist eifersüchtig und

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