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Villa Oma

Villa Oma

Titel: Villa Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
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willkommen“, sagte sie.
    „Meinen Sie das ernst?“ fragte Jimmy. „Ich mußte in der Stadt x-mal umziehen, weil all die alten Spießer mich immer schnell wieder rausgeschmissen haben — wegen ihr, wissen Sie, aber was soll ich ohne sie machen?“
    Oma blickte verständnisvoll.
    „Darf ich sie jetzt reinholen?“ fragte er manierlich. Als Oma nickte, sprang er zur Tür hinaus, daß seine Haare und die Fransen an seiner Jacke wild hin und her baumelten.
    „Was nun?“ fragte Jan. „Hat er auch noch eine Frau mitgebracht?“
    Heiner lachte. „Jawohl, aber eine, die nur was sagt, wenn Jimmy es will. Es ist nämlich seine Trompete, aber die liebt er fast ebenso wie eine Frau.“ Heiner wurde ernst. „Jimmy ist nämlich ein großer Künstler auf der Trompete. Zur Zeit komponiert er ein Trompetenkonzert, das ein ganz berühmtes Jazz-Orchester auf führen will. Aber er fand nirgends eine Bleibe, weil seine Wirtinnen ihn wegen des Trompetenspiels immer gleich wieder rauswarfen. Wie gut, daß er nun zu Oma ziehen darf, bis das Konzert fertig ist.“
    Jimmy wurde im ersten Stock im Zimmer neben den Hunden einquartiert. Er zeigte den Kindern seine Trompete, die blitzend in ihrem Samtfutteral lag. Aber er weigerte sich, ihnen darauf etwas vorzuspielen.
    „Ich spiele nur, wenn mich die Stimmung überkommt“, sagte er. So führten ihn die Kinder statt dessen durch das Haus und den Garten. Im Garten trafen sie Frau Hubermeier und Herrn Krüger, die miteinander spazierengingen . Die beiden betrachteten verblüfft den neuen Hausgenossen.
    „Was sagen Sie zu den Haaren?“ flüsterte Frau Hubermeier vernehmlich, als sie vorbeigegangen waren.
    „Skandalös“, brummte Herr Krüger noch vernehmlicher, „so etwas müßte polizeilich verboten werden.“
    Jimmy grinste nur und warf seinen Schopf in den Nacken.
    Das Abendessen verlief ganz friedlich, weil Oma, die am Kopfende der Tafel saß, freundlich nach beiden Seiten hin Gespräche führte. Die Pieselang-Kinder, die Jimmys wegen zum Abendessen geblieben waren, gingen danach heim ins Lehrerhaus. Frau Hubermeier und Herr Krüger zogen sich in ihre Zimmer zurück, Jimmy half Oma beim Abwaschen, und dann begaben sich die beiden auch zur Ruhe. Mitten in der Nacht ertönte plötzlich eine wilde Musik. Eine Trompete gellte durch das Haus, durchaus meisterhaft gespielt, das mußte jeder zugeben, der etwas von Musik verstand. Aber um diese ungewöhnliche Zeit war es doch sehr erschreckend. Auf den Klang der einsamen Trompete folgte dann auch ein ganzes Konzert, das nicht ganz so meisterhaft abgestimmt war. Als Oma, die aus tiefem Schlaf gefahren war, in die Diele trat, sah sie in ihrer Mitte Jimmy im Schlafanzug mit der Trompete in der Hand. Oben, auf der Galerie, standen Herr Krüger und Frau Hubermeier. (Frau Hubermeier in einem rosaseidenen, ausgeschnittenen Nachthemd und zerzausten Löckchen, Fettcreme auf der Nase, Herr Krüger in Pantoffeln und einem weißen, langen Hemd, die spärlichen grauen Haare standen wild zu Berge.)
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Die Hunde bellten, die Katzen miauten. Herr Krüger schimpfte von oben herab mit seinem tiefen Baß , und Frau Hubermeier kreischte wie in vergangenen Tagen. Jimmy brüllte von unten Beleidigungen nach oben und schwenkte dabei die Trompete.
    „Hören Sie“, rief Oma, aber niemand nahm Notiz von ihr. „Ach, bitte“, rief Oma, aber sie konnte bei dem Getöse kein Gehör finden.
    Doch plötzlich ließ ein scheppernder Lärm Hunde, Katzen und Menschen verstummen. Oma war in die Küche geeilt, hatte zwei Topfdeckel ergriffen und sie in der Halle laut aneinandergeschlagen.

    Alle schwiegen einen Moment verdutzt still. In diese Stille hinein sagte Oma:
    „Hätten Sie Lust, etwas Tee zu trinken? Eine Tasse Tee wirkt stets so schön beruhigend.“
    Bald saßen alle schweigend in der Küche und warfen sich finstere Blicke zu. Nur Oma in ihrem flauschigen, grünen Morgenrock ging hin und her und summte vor sich hin, während sie den Tee aufbrühte und ein Schälchen mit leckeren, selbstgebackenen Keksen füllte. Als sie schließlich das goldbraune Getränk schlürften und Kekse knabberten, grollte Herr Krüger schon nicht mehr ganz so zornig:
    „Sie haben wohl einen Vogel, Sie Langhaariger, daß Sie mitten in der Nacht mit Ihrem Blechding losschmettern. Manche Leute verstehen überhaupt nichts von Katzen und wissen nicht, daß Katzen sich aufregen, wenn nachts solch ein Lärm ist.“
    Frau Hubermeier holte tief Luft, um

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