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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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unruhig hin und her zu rücken. Er hielt still; es waren eine Menge Augen auf ihn gerichtet.
    »Wie könnte die Armorica antworten?«, kam eine weitere junge Stimme aus dem Halbdunkel.
    »Das hängt von der Reaktionszeit des Frühwarnsystems ab«, antwortete ein anderer. »Es ist kaum anzunehmen, dass es im Augenblick eine aktive Alarmstufe auf der Armorica gibt. Zwischen dem Start der Flugkörper und den ersten Einschlägen oben vergehen zweiundneunzig Sekunden. Berücksichtigt man die minimale Zeit, die zwischen der Ortung der Starts auf dem Planeten und der Verifizierung eines aggressiven Zwecks vergeht, bleibt eine Spanne von fünfundvierzig Sekunden. Innerhalb dieser Zeit sollten wir mit den Modulatoren für ein Maximum an Verwirrung sorgen. Dann besteht eine Chance von über fünfundachtzig Prozent, dass genug Sprengköpfe durchkommen, um die Armorica flugunfähig zu machen.«
    Will schüttelte den Kopf, und seinem Eingesicht sträubte sich das Fell; seine eher emotional reagierende Hälfte war entsetzt von der Vorstellung, dass einige Dutzend nuklearer Explosionen ein Raumfahrzeug zerreißen würden, das mit einem Durchmesser von über neun Kilometern nicht nur die Ausmaße eines Asteroiden, sondern auch etliche tausend Mann Besatzung hatte, und von den Passagieren hatte niemand ein Wort gesagt. Über die feinen Sinnesorgane seines Eingesichts spürte Will, dass es den anderen Sechsbeinern im Raum ähnlich ging.
    »Das war die optimistische Annahme«, fuhr die junge Stimme fort. »Die pessimistische Kalkulation setzt voraus, dass den Leuten auf der Armorica innerhalb von fünf Sekunden nach dem Start unserer Raketen aufgeht, dass man sie angreift, und sie sofort die Alarmbereitschaft erhöhen. In diesem Fall werden unsere Projektile innerhalb einer halben Minute abgeschossen. Die gravitronische Attacke Vilms stößt dann auf einen Weltenkreuzer, der sich in Kampfbereitschaft befindet – und alle Segmente der Armorica haben ihre eigenen Systeme aktiviert, vom Gesamtsystem ganz zu schweigen.« Ein leises Seufzen erklang; Will wusste nicht, von wem das gekommen war. »Nicht nur, dass die Armorica dann unseren Überfall mit leichten Schäden übersteht, wir wären anhand der Emissionen unserer Waffen enttarnt. Wahrscheinlich stanzen die Kampfgeräte der Armorica anschließend ein sauberes Loch in den Planeten genau an dem Fleck, wo wir uns jetzt befinden.«
    »Weitere Optionen?«, fragte jemand.
    »Natürlich sind alle möglichen Zwischenstufen der beiden Extremfälle möglich«, kam sofort die Antwort.
    »Wir sollten uns also einen Angriff genau überlegen.«
    »Warum sollten wir das tun?«, wiederholte Will seine Frage. »Warum sollten wir dieses Landungsschiff oder blöderweise sogar die Armorica selbst angreifen?« Schweigen.
    »Dafür gibt es eine Menge Gründe«, sagte dann einer, »man denke nur an die Flagge.« Will schüttelte den Kopf, und dasselbe tat ein paar tausend Kilometer entfernt in diesem Augenblick auch der Mann, den Will als Allerletzten auf dieser Welt wiedersehen wollte.
    »Ich halte dieses Vorhaben für hirnrissig«, sagte Mechin, als der Kontakt-Koordinator der Armorica – ein Zentralier – die Delegation verabschiedet hatte und sich mit offensichtlicher Erleichterung aus der Verbindung schaltete. Der Arzt war nicht freiwillig hier. Man hatte großen Wert auf seine Erfahrungen auf Vilm gelegt. So großen Wert, dass einiger Nachdruck hinter dem gesteckt hatte, was offiziell eine Einladung gewesen war. Nun war er hier und sprach mit seiner Nachbarin, einer weiß Gott interessanten Frau: Sie war Mitglied des Papstes und in hochdiplomatischer Mission in diesem Sektor unterwegs, wie man munkelte. Die Päpstin schaute aus dem Fenster des Shuttles und schüttelte den Kopf. Draußen war nichts als der wolkenverhüllte Planet vor der sternenübersäten Schwärze des Alls; der Weltenkreuzer war nicht sichtbar.
    »Von hier oben sieht es bei Weitem nicht so interessant aus, wie Sie es so beredsam geschildert haben«, beschwerte sie sich lächelnd und schubste Mechins Arm von der Lehne, die ihre beiden Sitze teilte. Für eine reife Dame von Mitte fünfzig, die noch dazu Pontifex war, hatte sie eine irritierende Art, ernste Gespräche an den Rand des Lächerlichen zu bringen, und es machte ihr einen Heidenspaß, alle Vorurteile sowohl zu bestätigen als auch zu zertrümmern, die Leute wie Mechin gegenüber einem so merkwürdigen Gremium wie dem Papst hatten. »Und dort unten regnet es tatsächlich

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