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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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sogar eine Gruppe utragenorianischer Fürsten und ein Abgesandter der Goldenen Bruderschaft. Daneben nahm sich die Liste der sogenannten normalen Menschen – unter denen Mechin war – fast bescheiden aus. Unten auf dem wie immer wolkenverhangenen Planeten rasteten Zielmechanismen summend ein, in jedem Sekundenbruchteil wurden Flugbahnen neu berechnet, empfindliche Maschinen hielten das herankommende Fahrzeug im Fadenkreuz, und zwar von jenem Augenblick an, als die Halteklammern das Landungsschiff freigaben. Der vor langen Jahren zerschellte Weltenkreuzer hatte mehr, viel mehr an Bord gehabt, als die Überlebenden brauchen konnten. Und heute gab es auf Vilm Leute, die endlich die Apparaturen gebrauchen konnten, die zu nichts weiter nutze waren, als Zehntausende Kilometer entfernt kleine atomare Sonnen erstrahlen zu lassen oder die Urkräfte des leeren Raumes selbst zu entfesseln. Was jahrelang sinnlos gewesen war, gewann todeswichtige Bedeutung. In einem kleinen Raum, der spärlich von glimmenden Kontrollen einiger Steuerkonsolen erhellt wurde, befanden sich Will, Sdevan, Tonja und einige andere Vilmkinder, jeder mit seinem Eingesicht. Dieser Platz war der Vilmregierung, also Tina, völlig unbekannt, und sie hätte augenblicklich einen längere Zeit dauernden Schreikrampf bekommen, wenn sie davon erführe. Zwar war der Boden des Kontrollraumes wie alle in diesem Segment leicht geneigt, und von den Systemen an Ort und Stelle arbeitete nur etwa ein Fünftel, beide Tatsachen änderten nichts daran, dass von diesem schummrigen Zimmer eine Bedrohung ausging.
    »Diplomatische Gespräche hin, diplomatische Gespräche her«, sagte Tonja, »die Frage ist doch, was wir jetzt tun wollen.«
    »Wir könnten jedes Schiff, das vom Weltenkreuzer ablegt, einfach abschießen«, sagte eines der Vilmkinder, eng an den Körper seines Eingesichts gekuschelt. Das Tier schaute aus großen dunklen Augen aufmerksam auf die Bildschirme.
    »Aber warum sollten wir das tun?«, sagte Will. Er war als Einziger im Dämmerlicht der Konsole, an der er saß, schwach sichtbar. Er wusste, dass die anderen ihn anschauten, und es störte ihn nicht im Geringsten. Er hatte vor langer Zeit aufgehört, es auf seine kräftige Gestalt zu schieben, wenn er plötzlich im Mittelpunkt stand. Man starrte ihn nicht an, weil er ein bisschen fülliger war als die anderen, sondern weil die anderen es aus unerfindlichen Gründen wichtig fanden, was er sagte.
    »Wir könnten den Weltenkreuzer selbst angreifen«, sprach das Vilmkind im Dunkeln weiter, absolut unbeeindruckt. »Die Energieressourcen erlauben es uns, mit den Landau-Modulatoren ein Störfeld direkt im Massezentrum des Weltenkreuzers zu induzieren, etwa eine halbe Sekunde lang. Die ausgelösten Zerstörungen würden einen nachfolgenden Schlag mit den anderen Kriegswerkzeugen aussichtsreich werden lassen. Natürlich müssten wir die Raketen starten, ehe wir mit dem Modulator zuschlagen.«
    Manchmal konnte Will sich nicht an die irritierenden Eigenheiten der spätgeborenen Vilmkinder gewöhnen. Das waren Personen, für die alle Trümmer der Oosterbrijk spätestens dann an Faszination verloren hatten, wenn sie gelernt hatten, mit den zusätzlichen Sinnen der Eingesichter umzugehen. Das waren Leute, für die Menschen ohne sechsbeinige Begleiter unfertige und unvollkommene Wesen waren. Diese Kinder sahen auf hohe Tiere vom Flottenkommando herab, weil sie jeden General, sei er noch so verdienstvoll, nur bemitleiden konnten: Was für ein armseliges Leben konnte das sein, eingesperrt in diesem einen Körper, begrenzt auf einen Gesichtspunkt, verkrüppelt ohne die wunderbaren Möglichkeiten der geschickten Pfoten. Da vermochte auch die raffinierteste Maschine kein Defizit auszugleichen. Diese Angewohnheit, dachte Will, ein Thema leidenschaftslos bis ins letzte Detail zu diskutieren, könnte von Flottenleuten und anderen irdischen Denkweisen verhafteten Menschen falsch verstanden werden. Hier spürte er, dass zu den Lehrern dieser Kinder jemand wie Francesco Calandra gehört hatte. Das blutrünstige Gerede war theoretisch, Gedankenspiel. Zumindest hoffte Will das. Er wusste, dass keines der anwesenden Geschöpfe sich mit Rotschotensaft oder einer der anderen leckeren Drogen der Regenwelt zugedröhnt hatte. So etwas taten die Vilmkinder nicht. Die Einzigen, die völlig unberechenbar sein würden, waren Toron und Lukas. Beide sagten selten etwas, und wenn sie es taten, gaben sie einem Rätsel auf. Will bemühte sich, nicht

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