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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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hatte, und himmelte den Konstrukteur an für seine zahlreichen Erfindungen. Sie drückte ihre Bewunderung auf eine sehr vilmsche Art aus: Tonja-J wickelte sich, wo es nur ging, um den alten Harenbergh, und wich ihm nicht von der Seite. Er hatte sich inzwischen an diese Vertraulichkeiten gewöhnt und wusste es zu schätzen, dass jemand seine notorisch kalten Knochen auf so effektive Weise zu wärmen wusste.
    »Greifarme«, sagte er und überlegte. »Was greifen sie? Wo? Und warum?«
    »Das sind gute Fragen«, sagte Tonja. »Angesichts der gewaltigen Ausmaße, die solche Bereiche annehmen können, vermuten wir Fortbewegung.«
    Harenbergh sah sie von der Seite an, zweifelnd.
    »Das Wolkengebirge kann laufen?«
    Sie musste lachen. Die Vorstellung, dass ein Wesen wie das Riesengestrolch über den Planeten stapfte, hatte etwas Irrwitziges an sich.
    »Nein. Es handelt sich um Vorgänge innerhalb der Struktur. Sie kann innerhalb ihres immensen Körpers die Anordnung der Bereiche verändern. Kürzlich hat sie einem übrig gebliebenen Weltenkreuzer-Fragment einen Startkanal vom Grund bis zur Stratosphäre geöffnet. Ich kann es immer noch nicht glauben, aber es stimmt. Der Zentralier hat seinen Mini-Weltenkreuzer direkt in den Orbit gesteuert, ohne anzuecken.«
    »Davon hatte ich schon gehört«, sagte Adrian Harenbergh, »aber ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, dass dafür irgendwelche Muskeln nötig wären.«
    »Tatsächlich glauben wir, dass sich das Gebirge selbst innerlich dauernd umschichtet, wieder und wieder. Vielleicht gibt es hier drin so etwas wie eine permanente dreidimensionale Kontinentalverschiebung, wer weiß.«
    Sie hatten das Areal träge pulsierender Muskeln eben verlassen, als Tonja eine feucht glitzernde Säule entdeckte und den Kugler kurz davor anhielt.
    »Das wollen wir uns mal genauer ansehen«, flüsterte sie.
    Sie löste mehrere Dutzend künstlicher Schmetterlinge aus, die zum Sammeln von Daten ausschwärmten. Aus unerfindlichen Gründen nannte man die kleinen elektronischen Kundschafter »Kevins«, und man konnte sie kaum so schnell produzieren, wie die vilmsche Biologie sie kaputtmachte. Zwar hielten sie deutlich länger als die früheren Modelle, die kaum ein paar Minuten überdauern konnten, aber sie waren immer noch recht kurzlebig. Und die beste Methode, in kurzer Zeit sehr viele Daten über die Außenwelt zu gewinnen.
    Tonja schaltete sich durch zahlreiche Ansichten; so schnell, dass Adrian kaum folgen konnte. Es waren ja auch viele Kevins.
    Irgendwann begann sie zu reden.
    »Eines der Rätsel hier drinnen ist das Wasser. Normalerweise wird die maximale Höhe von Pflanzen durch die Höhe der Wassersäule bestimmt, die aus rein physikalischen Gründen emporgestemmt werden kann. Das Supergestrolch spricht scheinbar der Physik Hohn, indem es viel, viel größer wird. Wir haben herausgefunden, dass es dennoch nicht außerhalb der Naturgesetze steht.«
    Sie warf Adrian einen kurzen Seitenblick zu.
    »Wir hatten eine gute Lehrerin, weißt du.«
    Adrian überhörte die Anspielung auf Eliza geflissentlich. Seitdem da zwischen Eliza und ihm etwas lief, schien der ganze Planet an etwas Anteil zu nehmen, das die beiden für ihre private Angelegenheit hielten. Die Vilmer sahen das offenbar anders.
    »Nicht außerhalb der Naturgesetze?«, wiederholte er, um Tonja wieder in die Spur des Gespräches zurückzubringen.
    Tonja lächelte und sprach weiter.
    »Es gibt eine Vielzahl von Tricks, um die unglaubliche Größe des Dickichts zu ermöglichen. Es gibt Wasserbecken in höheren Regionen, pumpende Leitungen, Schwammgewebe und Ballons, die prallgefüllt an langen Stielen aufwärts wachsen.«
    Tonja deutete auf die Bildwand.
    »Hier hat unser Kevin etwas Neues entdeckt.«
    Es war eine stark vergrößerte Aufnahme. Harenbergh schaute genauer hin, und was er sah, wirkte so technisch und konstruiert, dass er es kaum glauben konnte. Da hatte sich eine Eimerkette gebildet, kaum fingerhutgroße Töpfchen, die so asymmetrisch geformt waren, dass das untere ein paar Tropfen Wasser in das obere gießen konnte. Dieses kippte dann um, schwang das Wasser ein Stückchen in die Höhe und beförderte es in das nächste schiefe Eimerchen. Das Hin- und Herwackeln der Fingerhüte erinnerte vage an die Art, wie eine Raupe kroch, nur seltsam falsch herum. Jedes wellenartige Schöpfen brachte ein winziges Quantum Wasser nach oben ... und jede Welle folgte der vorhergehenden ... und es mochte Tausende dieser

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