Viola - Das Tagebuch der Sklavin
ausgeschnittene Blusen kaufte und auf einmal sogar String-Tangas als Unterwäsche trug, verursachten seine Irritation und rüttelten ihn wach. Er kam seiner Meinung nach folgerichtig zu dem Schluss, dass es einen Liebhaber geben musste, der sie auf solche Ideen brachte. Nur deswegen, ausschließlich deswegen, um sich Gewissheit zu verschaffen, hatte er seiner nagenden Eifersucht nachgegeben und die Briefe gelesen. Briefe an Viola, diese imaginäre Freundin, der Daphne ihrer Meinung nach gefahrlos alles anvertrauen konnte. Wem sonst als ihr hätte sie dann wohl auch von einem Geliebten erzählt. Von einer Affäre.
Stattdessen musste Jesper jedoch feststellen, dass sie ständig nur an ihn dachte – an ihren Mann, an seine Hände, seinen Mund, seine Augen, wie sie seinen Rücken, seine Schenkel, seinen Po tätschelte und dass sie nichts anderes wollte, als von ihm umarmt, geküsst, gehalten, beschützt, von ihm begehrt und nach allen Regeln der Liebe, Zärtlichkeit und Leidenschaft begattet zu werden. Sie sprach auf ihre Weise von lustvollen Ehepflichten, denen sie viel zu selten nachkämen.
Voller Verwunderung hatte er festgestellt, dass sich seine jahrelang zurückgehaltenen, als nicht realisierbar abgehakten sadistischen Begierden mit ihren stillen, masochistischen und devoten Wünschen deckten und in den Briefen an Viola widerspiegelten. Er hatte sich davor gefürchtet, ihr erotische Spiele mit Fesseln und Züchtigungen vorzuschlagen. Nun lag die Chance dazu zum Greifen nahe. Diese Erkenntnis verschaffte ihm einige unruhige Nächte. Stundenlang wälzte er sich hin und her, sogar während der Arbeit, und die ganze Weihnachtszeit über hatte er überlegt, ob er ihr diesen Vorschlag zu einem Spiel der Liebe und des Gehorsams machen sollte oder nicht. Manchmal war es ihm so vorgekommen, als ob er gleich platzen und es hinausbrüllen müsste. Jetzt war es so weit. Die Entscheidung lag nun alleine bei ihr.
«Und?», fragte sie noch mal und fühlte ihren Puls im Hals klopfen. «Wirklich das ganze Wochenende über? Ist das nicht ein bisschen lang?»
«Komm schon, Daphne, ein paar Stunden – das ist etwas für Leute, die sich erst noch beschnuppern müssen! Aber wir beide, wir kennen uns nun schon ein halbes Leben lang! Vertraust du mir etwa nicht?», antwortete er provokant, mit einem sarkastischen Zug um die Mundwinkel.
«Doch», erwiderte sie zögernd, fast sprachlos über seinen Vorschlag. «Ich würde dir mein Leben anvertrauen, das weißt du!»
«Es bleiben dir ein paar Tage Zeit zum Nachdenken», erklärte Jesper, ganz sachlich im typischen Anwaltstonfall. «Ich werde dir morgen früh eine Art Vertrag mit meinen Bedingungen auf den Wohnzimmertisch legen. Wenn du einverstanden bist, unterschreibst du ihn bis Freitagabend und richtest dich nach den Anweisungen für unser erstes Wochenende, die ich dir dazulegen werde. Ich werde Freitag gegen neunzehn Uhr nach Hause kommen. Entweder du zerreißt den Vertrag, dann vergessen wir einfach meinen Vorschlag, oder du lässt den Vertrag unterschrieben auf dem Tisch liegen und führst meine Anweisungen aus.»
«Und wenn ich ihn unterschreibe, aber nach, sagen wir mal, drei Monaten feststelle, dass ich dieses Spiel nicht mehr will? Oder wenn ich das nicht aushalte oder gut finde, was auch immer du vorhast, in unser Spiel einzubringen? Wenn mir das einfach zu üppig oder zu streng – oder was auch immer – ist?»
Jesper nickte verständnisvoll. «Ich werde mir ein Codewort ausdenken und in den Vertrag schreiben. Das Spiel würde dann damit beendet.»
Ihre starre Haltung lockerte sich. Sie war ein bisschen erleichtert, dass sie keine übereilte Entscheidung treffen musste, sondern in Ruhe und alleine über seinen Vorschlag nachdenken durfte. Aber ein Vertrag? Irgendwie war das nicht nach ihrem Geschmack. Regeln. So was konnte sich nur ein Anwalt ausdenken. Sie seufzte leise.
Er stupste ihr mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze und sagte lächelnd: «Und jetzt leg dich hin und schlaf!»
Als wäre nichts geschehen, als hätten sie zu jener frühen Stunde nicht eine Verrücktheit besprochen, vergingen die nächsten Tage, an denen sie beide arbeiten mussten. Nur der Vertrag, wie er ihn genannt hatte, erinnerte Daphne daran, dass sie nicht geträumt hatte. Wie angekündigt lag er in einem verschlossenen, offiziell an «Daphne, meine Sklavin» adressierten Umschlag auf dem Wohnzimmertisch. Wenn sie alleine war, las sie ihn immer
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