Violas bewegtes Leben
Perfektionistin in mir durch. Aber weil Jared sich nicht umdreht, tue ich es auch nicht.
Marisol wartet am DJ-Pult auf mich. Sie schaut erleichtert, als sie mich sieht. »Trish hat nach dir gefragt«, sagt sie nervös.
»Ich habe mit Jared einen Spaziergang gemacht«, erkläre ich.
Marisols Augen werden groß, als sie das hört. »Jetzt bist du ja wieder da.« Marisol folgt Jared und mir in den Saal zum Buffet. Es ist ziemlich leer gefuttert: Die letzten Quesadillas sind völlig aufgeweicht, die Hamburger von ihren Brötchen gerutscht und in der Popcorn-Schüssel liegen nur noch ein paar Krümel herum, hauptsächlich Maiskörner, die nicht aufgegangen sind.
»Tut mir leid«, sagt Jared. »Das Essen ist schon weg.«
»Macht nichts.« Ich lächle. »Lass uns ein paar Aufnahmen machen.«
Jared und ich nehmen unsere Kameras und arbeiten uns durch die Menge. Ich drehe mich, filme die Gesichter der Schüler und erhöhe gleichzeitig die Belichtungszeit. Dann gehe ich hinaus in das Foyer und filme auf die gleiche Weise die Porträts. Im Festsaal interviewt Jared einige Mädchen von der PA, darunter meine Mitbewohnerinnen.
»Wusstet ihr, dass die Jungs hier die Mädchen von der Prefect Academy die Perfect Girls nennen?«, fragt er.
»Wusstet ihr, dass man die Grabeel Sharpe Academy bei uns auch … Schnarchnasen-Academy nennt?«, verkündet Romy dramatisch in die Kamera.
»Ganz schön fies.« Jared lacht. »Und, findet ihr, das stimmt? Jetzt, wo ihr die erste Party überlebt habt?«
»Ich finde nicht, dass es hier schnarchig ist, und du kommst mir auch nicht schnarchig vor«, sagt Romy neckend, während sie mir zublinzelt. Sie dreht sich im Kreis, sodass ihr Rock hochfliegt.
»Leider sind die Zuckerkuchen frühzeitig ausgegangen«, sagt Marisol.
Jared richtet die Kamera auf sie. »Wir werden uns bemühen, dass das nicht wieder vorkommt.«
»Das will ich auch hoffen«, sagt Marisol.
Der DJ dreht die Musik wieder lauter, und Jared stellt mich seinen Mitbewohnern vor. Sie sehen nett aus, aber ich schenke ihnen nicht viel Beachtung, weil ich mich hauptsächlich für Jared interessiere. Ich kann nicht fassen, dass er so alt ist wie ich und schon einen Film gedreht hat. Ganz schön beeindruckend.
Suzanne zieht mich beiseite. »Und …?«
»Was und?«
»Wie läuft’s?« Suzanne spricht das »läuft’s« so aus, als hätte es acht Silben.
»Großartig.«
»Prima«, sagt sie zufrieden. »Siehst du, wir haben den Abend überstanden und sind alle noch am Leben.«
»Leute, es ist Zeit, zurück zu den Bussen zu gehen«, ruft Trish.
Suzanne geht, um Marisol und Romy zu holen. Ich schaue mich nach Jared um und muss nicht lange suchen. Er winkt mir von der Tür aus zu. »Darf ich dich zum Bus begleiten?«, fragt er.
»Gerne.«
Jared führt mich durch den Korridor zum Haupteingang. Draußen ist es mindestens fünfzig Grad kälter als vorhin am See. Ein Schauer läuft mir über den Rücken.
»Ist dir kalt?«, fragt er.
»Es kommt mir so vor, als sei während unserer Polonaise plötzlich der Winter ausgebrochen.«
»Ich weiß«, sagt er lachend. Ich mag sein Profil.
»Und ich habe nur diese dünne Jacke mit.« Ich ziehe meine Jeansjacke enger um mich.
»Mir gefällt, was du anhast«, sagt er.
»Ehrlich?«
»Ja. Es ist sehr originell. Das gefällt mir. Und du bist hübsch, ohne dabei so, ich weiß nicht, aufgetakelt auszusehen.«
Wenn Jared Spencer wüsste, wie lange es gedauert hat, diesen natürlichen Look auf mein Gesicht zu zaubern. Erst habe ich ein Ananaspeeling verwendet, gefolgt von einer proaktiven Feuchtigkeitscreme, dann einen Concealer auf die Lider aufgetragen und etwas Lipgloss aufgelegt. Für ihn mag dasnatürlich wirken, aber in Wirklichkeit ist es nur so natürlich wie das Make-up, das mir meine Mutter erlaubt.
Ich folge ihm den Gehweg entlang. Sein Kompliment weckt in mir ein seltsames neues Selbstvertrauen, das ich in Brooklyn so noch nie gespürt habe. Tag Nachmanoff hat zwar meine Fähigkeiten im Umgang mit der Kamera und dem Computer bewundert, aber er hat mir nie das Gefühl gegeben, ich sei schön. In Jared Spencers Gesellschaft fühle ich mich wie eine Schönheit, und das ist einfach ein gigantisches Gefühl. Es ist, als stünde ich am Anfang eines langen Marathons – wohin er führt, weiß ich nicht, aber ich freue mich, dass ich einen Schnellstart hingelegt habe, anstatt zu stolpern und wie ein Tollpatsch am Boden zu liegen. Caitlin und ich haben immer darüber gesprochen, wie es wohl
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