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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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Kabelträger grinste mal wieder zum Davonlaufen und kam geradewegs auf sie zu.
    »Hi«, grüßte er und tippte kurz an sein schief sitzendes schwarzes Basecap. »Das ist aber ein witziger Zufall.«
    Hörst du mich lachen, Burschi? »Ja, äh … total.« Jule rang sich ein Lächeln ab.
    »Super.« Dieser Tom rückte ihr prompt ein Stückchen dichter auf die Pelle. »Erspart uns die Feinabstimmung per SMS. Das Konzert gleich wird mega. Der Gitarrist ist wie gesagt mein …«
    »Sorry, Fi-Ti-To-äh-Freundchen”, stoppte Jule ihn und warf Ewa einen entschuldigenden Blick zu. »Wir wollen zu McDonalds.«
    »Cool! Bin dabei. Bisschen Zeit haben wir ja noch, bevor wir Gas geben. Wir zwei.« Massives Rumgeblinzel, die nächste. » Death Grave gefällt dir sicher. Absoluter Geheimtipp. Wenn du willst, brenne ich dir die Songs. Kein Problem, mach ich gerne für dich, Jule. Mike, der Gitarrist, der …« Laberrhabarber, die Kabelklette schwadronierte ohne Gnade irgendwas zusammen.
    Artig streute Jule ab und an ein Aha ein, während sie aus dem Augenwinkel zu Ewa schielte. Die hatte die Arme vor der Brust verschränkt, schwieg und starrte abwesend zum Fenster hinaus, als wären die vorbeiziehenden Häuserfronten von Berlin ein ungemein inspirierender Kurzfilm. Verdammt, verdammt, verdammt, warum nur haben wir die Garderobe verlassen? Diese Küsse. So weich, so wow. Sehnsüchtig dachte Jule zurück, sah Ewa vor sich, dann in der Zukunft, mit Ketchup-Klecks im Mundwinkel, wie sie schnuffig an einem Milchshake saugte, während die Knopfaugen funkelten vor Freude. Und während dieser Torben dauersabbelnd einen halbzerkauten Big-Mac-Bissen in ihre Richtung prustete und dauerblinzelnd mit Fritten wedelte. Für dich, Jule, nimm, iss, ich fütter dich – würg und kotz. Nein, der Bursche ruinierte das Bild. Die nächste Haltestelle kündigte sich an und ein Ruck ging durch Frau B., die auf einmal hektisch in ihrer Jackentasche wühlte, einen Zettel hervorkramt und ihn ruppig in Tims Finger drückte.
    »Was ist das?«, fragte Finn irritiert.
    »Viel Spaß mit meinem Cheeseburger. Und obendrein gibt’s einen Gratis-Tipp: Steig von der Leitung, Karsten. Bei einer Granate wie Jule landest du im Leben nicht.« Howgh, die Bogacz hatte gesprochen. Schon öffnet sich quietschend die Wagontür. Ewa nahm Jule an der Hand und zog sie mit sich ins Freie. Quietsch, Tür zu, und weg war er, der baggernde Bubi samt Bahn. Jule rieb sich die Schläfe.
    »Alles okay?«, fragte Ewa sofort.
    »Granate? Ich?«
    »Wieso nicht? Du hast Feuer und Format, der nicht.«
    »Seit wann heißt der Karsten?«
    »Schon immer? Was dachtest du denn?«
    »Unwichtig«, nuschelte Jule, atmete tief durch und blickte sich um. »Schön. Und was machen wir jetzt in dieser angesifften Ecke irgendwo im Nirgendwo?«
    »Ich wohne drei Straßen weiter.«
    »Oh.« Jule schluckte.
    »Oder stört es dich, wenn wir zu mir gehen? Da hätten wir keinen balzenden Honk an den Hacken, der pausenlos …«
    »Klingt toll, Ewa«, sagte Jule schnell und verbot sich jeglichen weiterführenden Gedanken. Eine Aussprache war der Deal, mehr nicht. Punkt. Wo diese nun stattfand, spielte doch keine Rolle. Hoffentlich. Ein flaues Gefühl nistete sich trotzdem in Jules Magengegend ein und ihre Handflächen wurden feucht, als sie neben Ewa herschlenderte, über holprige Gehwege mit Grafitti, vorbei an zersplitterten Schaufensterscheiben, Dönerbuden, Second-Hand-Läden, Tattoostudios und hellerleuchteten Telefonierklitschen, in denen Achmets und Abdullas was auch immer trieben. Frau B. bog in einen Hinterhof. Aus einem geöffneten Fenster schallte die Tagesschau, aus einem anderen jaulige Bollywood-Mukke, auf einem Balkon telefonierte jemand lautstark Richtung Mekka, während zwei Katzen schwerverliebt schreiend ihr eigenes Ding auf einem Blechdach durchzogen. Nur allzu gerne huschte Jule hinter Ewa in den Hausflur und weiter in den zweiten Stock. Dort steckte Ewa den Schlüssel ins Schloss, öffnete die Tür und hielt abrupt inne.
    »Was ist?«, fragte Jule.
    »Total vergessen. Ich hab gar nicht aufgeräumt.«
    »Heißt? Wie schlimm ist es?« Jule stellte sich auf die Zehenspitzen und linste durch den Türspalt.
    »Keine Ahnung? Ist eben … eine WG.«
    »Dann stell dich nicht so an.« Sie gab Ewa einen Schubs, die stolperte überrumpelt nach vorne und, na bitte, schon waren sie in der Wohnung. Besser gesagt im formvollendeten Chaos. Scheiße, Bogacz, habt ihr keinen Keller? Und wie viele Mitbewohner

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