Violett ist erst der Anfang
Heruntergelassene Hose vor dem gesamten Team, und nicht Fred hatte getratscht, sondern sie selbst. Schweitzer, du hirnloses Stück. Ging es noch schlimmer?
»Sieh an, nun haben wir also offiziell zwei Lesben bei Liebes Leben .« Fiepend gesellte sich Leonie zu ihnen.
Fresse, oder ich rupf dir die Federn, du dürres Hühnchen. Angriffslustig machte Jule einen Schritt nach vorne, da legte ihr Ewa eine Hand auf die Schulter.
»Jule, komm runter«, sagte sie. »Ist alles peinlich genug.«
Leonies überhebliches Gegrinse wurde noch breiter. »Überrascht mich nicht. Ich wusste immer, dass ihr was am Laufen habt.« Fiep.
»Ach ja?« Jule schob sich die Ärmel hoch, natürlich nur so, so prophylaktisch. »Schon seit Wochen, oder wie?«
»Genau. Keine normale Frau würde freiwillig eine Lesbe spielen.« Fiep. »Aber damit das klar ist: Von mir lasst ihr die Finger. Ich steh nicht auf sowas.«
»Ey, dir hat doch einer ins Gehirn geschissen, Puppe!«, brüllte Jule, provoziert von so viel blonder Blödheit. Instinktiv ballte sie die Fäuste und …
»Jule!« Die Bogacz mutierte zum Prellbock und ließ sie auflaufen. »Krieg dich ein. Bitte. Wir haben akut ein anderes Problem.«
Tja. Recht hatte Ewa, leider. Siggi war unterwegs in ihre Richtung. Schluck. Verhör vom Chef. Was läuft da bei euch? Müsst ihr eure violette Phase ausgerechnet am Set ausleben? Wohl ein bisschen zu viel Ruhm getankt in letzter Zeit. Anschiss in 5-4-3-2 … Zack. Zwei Arme schlangen sich überschwänglich um Jules Hals. Huch. Hippie-Maus Susan aus der Maske. Wo kam die denn auf einmal her? Und, äh, was sollte dieser äußerst unübliche Kuschelkurs?
»Geil gemacht, Jule. Wette gewonnen«, rief sie, so übertrieben laut, dass sich alle Köpfe zu ihnen drehten.
Super. Wirf doch gleich ein Spotlight auf uns.
Auch Siggi stutzte. Erst recht, als Susan einen Fünfziger aus der Tasche ihrer Jeanshose kramte und ihn Jule feierlich in die Hand drückte.
»Hier, wie abgemacht. Respekt. Du hast es drauf.« Susans Lautstärke blieb unverändert.
In diesem Moment hörte das gesamte Team mit, hundert Pro, und garantiert stellten sich alle die gleiche Frage: Was wurde hier gespielt? Tja. Das hätte Jule auch zu gerne gewusst. War Susan Lockvogel für die Versteckte Kamera? Comedy Falle und, haha, gleich eierte ein johlender Kai Pflaume mit einem Schenkelklopfer um die Ecke? Komm schon Kai, rette mein Leben. Doch nichts geschah, die Situation blieb wie sie war.
»Äh, was …«, fing Jule an, kassierte allerdings einen dezenten Hieb in die Rippen von Susan, die ihr für eine Millisekunde verschwörerisch zublinzelte. Gecheckt. Keine Fragen, ab jetzt Improtheater. Welches auch immer.
»Was soll das?« Siggi kratzte sich den Bart.
»Entspann dich. War nichts Wildes«, meinte Susan. »Wir hatten lediglich ein Deal, Jule und ich.«
»Und der wäre?« Ewa zog misstrauisch eine Augenbraue hoch. Blitzte da Eifersucht auf im Bogacz-Blick?
Oh Gott, bitte keine Szene jetzt, Süße. Ich bin unschuldig.
»Total kindische Geschichte eigentlich«, fuhr Susan fort. »Vorhin habe ich Jule aufgezogen, dass sie es als Vollblut-Hete nicht bringt als Babett. Siggi, erinnerst du dich noch an die Kussszene? Die beiden beim Flaschendrehen?«
»Selbstverständlich!«, kam irritiert von Siggi.
»Mal ehrlich, das war nichts. Nett zum Angucken, die beiden sind süß zusammen, aber das Geknutsche war viel zu steif. Bei mir als Lesbe hat da nichts gezündet und …«
»Sekunde. Bist du-du bist …« Ewa klappte die Kinnlade runter. »Du stehst auf Frauen?«
»Und wie.« Susan grinste. »Wusstest du das nicht?«
»Nein«, gab Ewa kleinlaut zu.
»Ist mir ebenfalls neu«, sagte Siggi.
»Na dann. Wie auch immer. Wo war ich? Ach so, bei der Wette. Fünfzig Euro für Jule, wenn sie hier endlich mal Gefühl zeigt und ohne Drehbuch irgendwas Lesbisches vom Stapel lässt, das ich ihr abnehme«, faselte Susan weiter, extrem glaubhaft. »Ganz großes Kino, Jule. Ich hab dir jedes Wort abgekauft, und dein strahlender Blick dabei, Wahnsinn. Toll gespielt, ich hatte Gänsehaut. Das Geld gehört dir.«
»Da-danke.« Mehr als Impro-Stammeln war spontan als Antwort nicht drin.
Ein gelöstes Raunen ging durch die Mannschaft. Ach so, eine Wette, toller Scherz, wie witzig. Na dann.
Siggi schnaufte. »Okay, Mädels. Komisch finde ich das zwar nicht, aber dann wäre die Sache hiermit vom Tisch. In fünf Minuten drehen wir weiter. Und in Zukunft will ich keine derartige Aktion mehr,
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