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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Werk des ersten Slipstream-Mannes, der das Schiff betreten hatte.
    Eine Schreckreaktion, über die sich die Männer sicher noch wochenlang amüsieren würden.
    Chaison war ungerührt durch den funkelnden Sternennebel geschwebt und auf der Brücke verschwunden. Venera folgte ihm, nicht ohne sich im Vorbeiflug ein paar erlesene Stücke aus der Spirale zu pflücken.
    Chaisons Laterne hing in der Luft und drehte sich langsam im freien Fall. Ihr Licht wanderte über die altmodischen Gerätschaften der engen Brücke. Venera war ständig darauf gefasst, sich einem Skelett gegenüber zu sehen, doch es gab hier keine Spuren von Gewalt; Anetene war offenbar zwanghaft ordentlich gewesen. Im Zentrum stand ein Podest mit einem Elfenbeinkästchen, dessen Seitenwände in Einlegearbeit fantastische Szenen aus der Mythologie zeigten: Männer und Frauen ritten unter Schwerkraft auf Tieren, die man, wenn sie sich recht erinnerte, Pferde nannte. Chaisons Hand schwebte zögernd über dem Deckel des Kästchens.
    »Nun mach schon auf!« Er konnte sie natürlich nicht hören; sie selbst hörte sich im Anzug nur gedämpft. Sie sprang hinüber und wollte nach dem Kästchen greifen, doch im gleichen Moment klappte Chaison den Deckel auf, und sie sahen im bläulichen Schein ihrer beiden Laternen, was darin lag.

    Es war ein schlichter weißer Zylinder, etwas länger als ihre Hand, in der Mitte mit einem schwarzen Band umwickelt, das an einem Ende eine Schlaufe hatte. Der Zylinder bestand aus durchsichtigem Kristallquarz, das im Licht trüb wirkte. Wieder zögerte Chaison, dann fasste er die Schlaufe und zog den Zylinder heraus.
    Er berührte ihren Helm mit dem seinen. »Der Schlüssel zu Candesce«, drang es verzerrt, kaum verständlich durch das Metall. »Wie in den alten Büchern beschrieben.«
    »Hoffentlich funktioniert er auch«, sagte sie.
    »Wieso denn nicht? Candesce leuchtet noch.« Er legte den Kristall in das Kästchen zurück und schloss den Deckel. Dann schwebte er eine Weile mit gesenktem Kopf reglos in der Luft. Es sah aus, als würde er beten.
    Verwirrt stieß Venera mit ihrem Helm gegen den seinen. »Was hast du?«
    War das wirklich ein Seufzer, oder bildete sie es sich nur ein? »Ich versuche mir darüber klar zu werden, was wir als Nächstes tun sollen«, sagte er. »Die Gehellesen werden Leaf’s Choir umkreisen und warten, bis wir wieder herauskommen. Wie sollen wir Candesce erreichen?«
    »Nur für den Augenblick zu leben, ist wohl nicht deine Stärke?«, fragte sie. Sie selbst hatte noch nicht so weit gedacht. Vielleicht war das ein Fehler, er hatte nämlich Recht. Sie hatten ein Problem.
    Candesces Prinzipalitäten waren durch einen breiten Graben aus Luft von der Ersten Sonne getrennt. Venera wusste, dass sie vier- bis fünfhundert Kilometer
leeren Raums durchqueren mussten, um die uralte Sonne zu erreichen. Candesce war so heiß, dass sich in ihrem Umkreis keine Wolken halten konnten, und es gab in einem Gürtel von zweihundert Kilometern kein Lebewesen und keine Siedlung. Wenn die angeschlagenen Schiffe des Expeditionstrupps diese Zone durchquerten, wären sie leichte Ziele für die gehellesische Flotte.
    »Wenn wir die anderen noch einmal als Köder vorschickten und nur mit der Krähe …«
    Er schüttelte den Kopf, sein Helm schrammte gegen den ihren. »Sie werden uns sehen. Im Moment käme nicht einmal ein Bike zu Candesce durch.«
    »Dann müssen wir uns verstecken und warten, bis sie abziehen.«
    »Dabei gibt es aber eine Schwierigkeit«, sagte er. »Unsere Frist ist fast abgelaufen.«
    »Was?«
    »Dieses Schlachtschiff … Wenn man die Fortschritte zugrunde legt, die auf deinen Fotos zu erkennen waren, müsste es inzwischen startklar sein. Und in wenigen Tagen werden die Kämpfe zwischen Slipstream und Mavery so weit fortgeschritten sein, dass unsere Flotte nicht mehr zurückgerufen werden kann. Wenn die Falkenformation vorhat, Slipstream zu überfallen, wird sie in diesem Moment ihre Truppen zusammenziehen.«
    Venera musterte stirnrunzelnd das Kästchen. Ursprünglich hatten sie vorgehabt, Candesce während des Nachtzyklus aufzusuchen, um Aubri Mahallan ihr angeblich so spektakuläres Kunststück an der Ersten Sonne vollführen zu lassen. Danach wollten sie
auf dem kürzestmöglichen Wege und mit Höchstgeschwindigkeit zur Falkenformation und der geheimen Schiffswerft fliegen. Mahallan behauptete, die Mechanik von Candesce mit einem Zeitzünder versehen zu können, der nach einer vorher festgelegten Anzahl von

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