Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat
schicke ich die Mädels nach Battenberg, damit sie mit den Leuten dort reden. Sozusagen als Vertrauensbeweis. Da draußen wohnen so wenige Leute, dass alle alles von allen wissen, vermutlich auch, mit wem Crocker geschlafen hat.«
»Okay. Ich möchte mit den Eltern von Kelly Baker sprechen. Irgendwas läuft da.«
»Bis morgen«, verabschiedete sie sich.
Virgil wählte die Nummer von Bea Sawyer.
»Wir haben die Hose«, teilte sie ihm mit. »Sie hat einen Riss, vermutlich mit Blut dran. Es müsste für eine DNS-Analyse reichen.«
»Wunderbar. Bis wann schaffen Sie die?«, fragte Virgil.
»Wir haben die Leiche schon zu Ike in Mankato geschickt«, antwortete Bea Sawyer. »Im Moment sind wir mit dem Haus beschäftigt. Für heute ist fast Schluss. Wir kommen morgen noch mal her.«
»Sind Sie im Holiday?«
»Nein, in einer kleinen Pension in Battenberg. Liegt günstig.«
»Gut. Dann treffen wir uns morgen da draußen. Versuchen Sie, keine Beweise zu vernichten.«
Anschließend rief er Lee Coakley an. »Die Leute von der Spurensicherung haben eine Uniformhose in Crockers Haus gefunden, mit einem Riss und Blutspuren. Wahrscheinlich von Tripp.«
»Gut. Dann können meine anderen Leute aufatmen«, sagte sie.
»Ja, denke ich auch«, pflichtete Virgil ihr bei.
In der Nacht fielen fünf Zentimeter Schnee. Als Virgil sich ins Bett legte, hörte er draußen das Heulen des Windes und die durch den Schnee gedämpften Geräusche.
Er dachte eine Weile über Gott und über enttäuschte Erwartungen nach: Aus Bobby Tripp »hätte was werden können«, hatte sein Vater bemerkt.
Virgil war dankbar für sein warmes Bett, in dem er schon bald einschlief.
Am Morgen kam er gerade aus der Dusche, als sein Handy klingelte.
»Treffen wir uns im Yellow Dog«, sagte Lee Coakley. »Auf ein Pfannkuchenfrühstück.«
»In einer halben Stunde.«
Er zog sich an, überprüfte seine E-Mails, packte seinen Laptop ein und zog seinen Parka an. Der Schneesturm war vorbei, und es würde ein sonniger, kalter Tag werden. Virgil wischte den leichten, flockigen Schnee von seinem Truck und spürte dabei die beißende Kälte an seinen Wangen.
Er erreichte das Café zur gleichen Zeit wie Lee Coakley.
Als sie aus ihrem Wagen stieg, fragte sie: »Irgendwelche neuen Ideen?«
»Wir sollten nach Battenberg rausfahren, ein bisschen rumschnüffeln, sehen, was sich tut – wie Sie gesagt haben.«
Sie gingen hinein, suchten sich eine Nische, schälten sich aus ihren Parkas. Lee Coakley trug ein kariertes Wollhemd über einem schwarzen Rollkragenpullover, dazu einen Hauch Lippenstift. Sie entdeckten eine gemeinsame Vorliebe für Blaubeerpfannkuchen und Würstchen, und nachdem sie bestellt hatten, sagte Lee: »Die Sache mit Kelly Baker muss ihren Ursprung hier in der Gegend haben, nicht in Estherville oder Iowa.«
»Ja. Die Mörder waren keine Fremden.«
Die Pfannkuchen wurden von Bill Jacoby, dem Inhaber des Cafés, serviert, der sich erkundigte, ob sie der Lösung des Falls nähergekommen waren.
»Möglicherweise«, antwortete Virgil. »Wir vermuten, dass Deputy Crocker von einer Frau ermordet wurde, und suchen nach einer, die eine dauerhafte sexuelle Beziehung mit ihm hatte.«
»Er wurde von einer Frau umgebracht, mit der er Sex hatte?«
»Ja, das glauben wir«, bestätigte Virgil. Im Café hielt sich ungefähr ein halbes Dutzend Leute auf; an den Tischen wurde es sehr still. »Wir bräuchten jemanden, der weiß, wer sie sein könnte.«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Jacoby. »Aber mich würd’s auch interessieren.«
»Noch etwas«, sagte Virgil. »Sie kannten doch Kelly Baker, die vor einem Jahr in der Nähe von Estherville ermordet wurde, oder? Wir nehmen an, dass der Mord an ihr mit denen hier in Verbindung steht.«
»Ach.« Jacoby staunte. »Mann, das ist gruselig. Ganz schön viele Leichen …«
»Ja. Wir suchen mögliche Verbindungen«, erklärte Virgil.
Ein grauhaariger Ranchertyp in der Nische hinter Lee Coakley meldete sich zu Wort: »Sie sollten mit Son Wood reden. Der hat sich öfter mit Crocker getroffen, und sie kannten sich schon ewig. Der könnte wissen, mit wem Crocker zusammen war.«
»Son Wood. S-O-N?«, fragte Virgil. »Wo finden wir den?«
»Dem gehört das Versiegelungsgeschäft draußen am 15 South, Son Wood’s Surface Sealers«, antwortete der Ranchertyp.
»Virgil, essen Sie Ihre Pfannkuchen«, zischte Lee Coakley Virgil an. »Die werden sonst kalt.«
»Hey, ich plaudere doch nur«, erwiderte Virgil
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